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Sex

Sex auf Alkohol oder Cannabis: Was ist besser?

Nachdem man sich in einer Studie mit den Folgen beider Substanzen auf den Bettsport befasst hat, dachten wir uns, dieses Thema selbst mal etwas zu erforschen.
Simon Doherty
London, GB

Das Promo-Bild von Gaspar Noés Film 'Love' | Foto: Benoît Debie

Vergangenen Monat haben Forscher im Zuge einer im Fachmagazin Archives of Sexual Behaviour veröffentlichten Studie herausgefunden, wie sich Marihuana und Alkohol auf Sex auswirken. Dabei mussten 24 Erwachsene (12 Männer und 12 Frauen) bei ausführlichen Interviews Angaben zu ihren Erfahrung bezüglich des Geschlechtsverkehrs unter dem Einfluss der beiden eben genannten Substanzen machen.

Dr. Joseph Palamar, ein Rauschmittelforscher und Assistenzprofessor im Fach Population Health an der New York University, war die treibende Kraft hinter dieser Studie. Anfangs hatte er jedoch noch Zweifel, ob das Ganze überhaupt für eine Veröffentlichung geeignet wäre. "Ein Stichprobenumfang von 24 ist ziemlich klein", meinte er während einer frühmorgendlichen Skype-Unterhaltung. "Eigentlich sollte das Ganze ja auch nur eine Teststudie sein. Dafür bekamen wir auch die entsprechenden Mittel von der Universität gestellt. Und mit den vorläufigen Ergebnissen wollten wir uns dann für eine größere finanzielle Förderung bewerben."

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In Bezug auf Alkohol sind die Ergebnisse der Studie dabei ziemlich vorhersehbar: Bier, Wein und Schnaps lassen dich sozialer und kontaktfreudiger werden. In anderen Worten: Du findest schneller jemanden für eine Bettgeschichte. Außerdem sind risikoreiches Verhalten sowie Post-Sex-Reue durch Alkohol wahrscheinlicher.

Beim Gras fallen die Ergebnisse hingegen schon eher überraschend aus. "Einige Teilnehmer berichteten uns davon, wie das Verbot von Marihuana ihnen dabei geholfen hat, sexuelle Aktivitäten zu starten", meinte Dr. Palamar. "Wenn man alt genug ist, darf man Alkohol quasi überall trinken. Kiffen ist in der Öffentlichkeit jedoch nicht drin. Nein, dafür muss man sich in einen privaten oder 'intimen' Bereich zurückziehen, wo einem die Polizei nicht auf die Schliche kommt. Wenn man sich also zum Beispiel in seiner Studentenbude befindet und dort mit seinem Schwarm Marihuana raucht, dann ist das von vornherein eine intime Situation und man macht zusammen etwas Verbotenes. Mehrere Studienteilnehmer haben uns davon erzählt, dass eine solche Kombination zum Sex führen kann."

Da die Studie aus den USA stammt, haben wir noch mit anderen Menschen über deren Erfahrungen gesprochen, um dabei herauszufinden, ob sich die Ansichten zum betrunkenen oder bekifften Sex durch einen Sprung über den Atlantik irgendwie verändern.

Martha, eine 29 Jahre alte Reitlehrerin, ist der Meinung, dass es einen Riesenunterschied macht, ob man Sex im betrunkenen oder im bekifften Zustand hat. "Durch Alkohol fühle ich weniger", erklärte sie mir. "Je nach dem, wie viel ich getrunken habe, ist mein Körper fast schon ein wenig taub. Deshalb komme ich auf Marihuana auch viel intensiver."

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Philipa, eine 26-jährige Administratorin, sieht das Ganze ähnlich: "Durch Gras ist man auf jeden Fall stimulierter und berührungsempfindlicher. Der Sex fühlt sich dann viel besser an als nach einem Saufgelage. Das liegt meiner Meinung nach auch daran, dass man eher mit einem Menschen kifft, den man gut kennt und zu dem man eine tiefgreifende Verbindung hat. Und genau das bedeutet für mich auch besseren Sex. Betrunkene One-Night-Stands sind doch meistens richtig beschissen."

Die Ergebnisse der Studie schlagen in die gleiche Kerbe. "Die Teilnehmer berichteten davon, dass sie den Sex auf Marihuana mehr 'fühlen' konnten", sagte Dr. Palamar. "Sie empfanden eine emotionalere Verbindung zu ihrem Gegenüber und ihr Körper war sensibler. Deshalb haben sie den Sex auch richtig genossen. Wie wir alle wissen, ist beim Alkohol das Gegenteil der Fall, denn er betäubt jegliche Emotionen."

Carl, ein 26 Jahre alte Grafikdesigner, stimmte Philipa zwar zu, wies aber gleichzeitig auch darauf hin, dass die Erfahrung je nach Cannabis-Sorte anders ausfalle. "Sex auf Gras ist einfach schöner. Man liegt mit seinem Partner bzw. seiner Partnerin emotional und spirituell gesehen mehr auf einer Wellenlänge. Das fördert dann auch die Kommunikation", meinte er. "Ich glaube jedoch auch, dass das ganz auf das Weed ankommt. Sativa-Sorten, die einen nicht an die Couch kleben, eignen sich zum Beispiel gut für den Sex. Starke Indica-Sorten können hingegen dazu führen, dass man plötzlich in den eigenen Gedanken versinkt und es dann im Bett zu nichts mehr bringt."

Dr. Palamar ist ebenfalls der Meinung, dass sich die vorher gerauchte Cannabis-Sorte auf die sexuelle Erfahrung auswirkt. "Als wir uns für die höhere Förderung bewarben, haben wir genau dieses Thema angesprochen. Für unsere umfassendere Studie bräuchten wir nämlich auch eine dementsprechend größere Testmenge", erklärte er. "Genau hier konnten wir ja nicht wirklich weiterforschen—also bei der Wirkung von verschiedenen Cannabis- und auch Alkohol-Sorten. Das ist aber ein wirklich interessanter Punkt." Maria, eine 26-jährige Immobilienmaklerin, gab an, dass sie den Sex nach einem Joint im Allgemeinen besser fände, weil man da ihrer Erfahrung nach auch keine Probleme hat, die erwartete "Leistung" zu erbringen. "Wenn ich betrunken bin, werde ich einfach nicht feucht—und die Typen manchmal nicht steif. Nach dem Kiffen passiert so etwas jedoch nie."

Es ist allerdings nicht jeder so erpicht darauf, auf die positiven Seiten von Marihuana hinzuweisen. Roy, eine 22 Jahre alte Pflegefachkraft, wies zum Beispiel darauf hin, dass eine nicht übertriebene Menge an Alkohol auch dazu motivieren kann, sich jemanden fürs Bett zu suchen. "Ich habe noch nie gehört, dass sich jemand mit einer Frau getroffen und aufgrund der Nervosität ein paar Joints geraucht hat." Und damit hat er nicht ganz Unrecht: Bei vielen Leuten ist es so, dass Marihuana ein eher introvertiertes Verhalten hervorruft. Und das ist für den Geschlechtsverkehr mit Fremden natürlich nicht besonders dienlich. Alkohol lässt hingegen Hemmschwellen fallen und steigert die Lust auf Sex—egal mit wem.

"Viele Männer haben uns davon erzählt, dass sie sich durch den Alkohol selbstsicherer fühlen. Und Frauen kommen sich attraktiver vor", meinte Dr. Palamar. "In Bezug auf Marihuana sieht das Ganze jedoch anders aus, denn die Droge lässt einige unserer Gesprächspartner wohl etwas gehemmter werden. Neben der Tatsache, dass wir nur mit heterosexuellen Menschen gesprochen haben, hat unsere Studie aber auch noch eine weitere bedeutende Einschränkung: Uns war es nicht möglich, verschiedene Konsumlevel durchzuspielen. Wenn man es zum Beispiel nicht gewohnt ist, Gras zu rauchen, dann fühlt man sich nach dem Kiffen mit größerer Wahrscheinlichkeit unsicher oder paranoid."

Da habt ihr es: Die Ergebnisse der Studie stimmen mit den Erfahrungen unserer Gesprächspartner weitestgehend überein. Aber Dr. Palamar hat auch Recht, wenn er sagt, dass man mit noch viel mehr Menschen reden muss, um den Einfluss von Alkohol und Marihuana auf das Sexleben wirklich umfassend untersuchen zu können.