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Sex

Wir haben mit Clown-Fetischisten über ihr Sexleben gesprochen

Vor kurzem zitterte Deutschland vor Horrorclowns. Es gibt allerdings auch Menschen, die geil werden, wenn sie rote Plastiknasen, Luftballons und Sahnetorten sehen.

"Ach, du hast Lust auf was richtig Süßes?", sagt die halbnackte Frau mit der roten Plastiknase in betont infantilem Ton in die Kamera. Dann holt sie zwei Sahnetorten hervor und schmiert sie sich mit Schwung auf den halbnackten Oberkörper.

Dieser Porno ist nicht an den Otto-Normal-Masturbator gerichtet, sondern an eine vergleichsweise kleine Zielgruppe: Clown-Fetischisten. Laut Kinky.com sind das Menschen, die erotische Fantasien mit Clowns haben oder sich gern beim Sex als Clown verkleiden. Wie zum Beispiel Ami Mercury, die Videos wie das oben beschriebene dreht. "Ich schlüpfe auch privat gerne ins Clownskostüm und gucke mir Clown-Pornos an", erzählt die 31-Jährige aus New Jersey, die als Clown-Camgirl und Fetisch-Model arbeitet.

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Coultrophilie – so heißt es wissenschaftlich, wenn man auf Clowns steht. Wie viele Menschen sich zu Clowns hingezogen fühlen, ist schwer abzuschätzen. Auf fetlife.com – der größten Online-Community für Fetischisten aller Art – listen derzeit an die 3.300 Nutzer Clowns als einen ihrer Fetische. Auf Pornhub gibt es 159 Videos unter dem Schlagwort "Clown", die im Schnitt zwischen 60.000 und 400.000 Mal aufgerufen wurden. Und auf Tumblr-Blogs wie Fistyfilthyfunhouse oder Clown-Porn sammeln sich sehr explizite Fotos davon, wie Clowns Sex haben, sich Sahne in den Anus schmieren oder sich diese länglichen Luftballons in die Vagina schieben, die man normalerweise dafür verwendet, Ballonpudel auf Kindergeburtstagen zu machen.

"So etwas wie einen Latex- oder BDSM-Stammtisch für den Clown-Fetisch wird man in Deutschland vergebens suchen", sagt Alex, 27, aus Deutschland, der ein Kunde von Ami ist. "Noch ist es eine Nische." Seine Familie und seine Partnerin wissen von seinem Fetisch, aber öffentlich möchte er seinen echten Namen nicht nennen, nicht einmal, wo er genau herkommt – das gesellschaftliche Stigma sei immer noch groß. Die meisten Clown-Fetischisten leben ihre Neigung heimlich mit Pornos und Fotos aus dem Internet aus – weil sie eben nicht wissen, wo sie Gleichgesinnte treffen sollen. Alex machen vor allem die Kostüme und das Make-up der Clowns an. "Ich empfinde ein wirklich gut gemachtes Clown-Gesicht als wunderschön und Ästhetik und Sexualität gehen bei mir Hand in Hand. Man kann es vielleicht mit Bodypainting vergleichen." Außerdem, sagt er, stehe er darauf, dass man sein Ich zurücklässt, sobald man im Clown-Kostüm steckt. "Die einen schlüpfen dafür in kuschelige Fursuits, andere mimen die sexy Krankenschwester, für mich ist es das Clown-Sein."

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Clown-Sex sei besonders befreiend, weil es den Ernst aus dem Sex nimmt, sagt Ami. "Als Clown bringst du nicht nur andere zum Lachen, sondern lachst auch vor allem über dich selbst. Sind wir doch mal ehrlich: Sex ist nicht so wie in Pornos. Er ist unbeholfen, wir machen dabei komische Geräusche, manchmal funktionieren Körperteile nicht so, wie sie sollen. Clown-Fetischisten können unrealistischen Erwartungen egal sein. Wir können seltsamen, albernen und lustigen Sex haben."

Coultrophilie als Absage an Selbstoptimierung und Perfektionismus? Vielleicht. Vielleicht liegt dem Fetisch aber auch etwas Primitiveres und Instinktives zugrunde, etwas Unbewusstes – so wie bei der krankhaften Angst vor den Clowns, die Coultrophobie. "Der Teil unserer Psyche, der Angst erzeugt, ist auch für sexuelle Erregung zuständig", sagt zumindest Loli, 26, aus Kalifornien. Sie tritt als Clown auf Fetisch- und Gothic-Veranstaltungen auf, arbeitet als Gogo-Tänzerin – aber auch als gewöhnlicher Clown auf Kindergeburtstagen. "Ich hab so viele Nachrichten von Leuten bekommen, die früher panische Angst vor Clowns hatten und sich jetzt sogar von ihnen angezogen fühlen", sagt sie.

Auch Ami erzählt, dass sie als Kind Angst vor den Clowns hatte – bis sie verstanden hat, dass Clowns einfach Menschen mit Make-up sind. Später hat sie doch Spaß an ihnen gefunden. Mit 14 hat sie an einem Clown-Kurs für Jugendliche teilgenommen, bewarb sich für eine Clown-Schule und arbeitete mit Anfang 20 bei ein paar Wohltätigkeitsgalas mit. "Irgendwann zu dieser Zeit bemerkte ich, dass ich mich zu anderen Clowns hingezogen fühlte", sagt sie. "Für mich lag etwas Wunderschönes in den übertriebenen Gesichtsmerkmalen, den bunten Haaren und den verrückten Kostümen."

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Clown-Fetischist ist nicht gleich Clown-Fetischist. Es gibt Looners (Menschen mit einem Luftballon-Fetisch), Sploshers, die darauf stehen, Essen wie Cremetorten auf anderen Menschen zu verteilen und runterzulecken oder auch Cross-Dresser, die davon angemacht werden, sich etwa die Kleidung des anderen Geschlechts anzuziehen.

Ami, Alex und Loli sagen, dass sie einen aufgeschlossenen Familien- und Freundeskreis haben und privat relativ offen mit ihrem Fetisch umgehen können. Auch ihre Partner wissen von ihrem Fetisch. "Eine Beziehung, in der ich mich nicht öffnen könnte, ist doch irgendwo leer", sagt Alex. Ami und Loli erzählen, dass ihre Partner ihren Fetisch zwar nicht teilen, aber sich darauf einlassen. Beide haben aber auch schon mit Ablehnung zu kämpfen gehabt. Beim Onlinedating antworteten Lolis Matches oft nicht mehr, nachdem sie ihnen ihre Neigung verriet. Amis erste Ehe zerbrach an der Clownerei: "Mein Ex-Mann hatte überhaupt kein Verständnis dafür. Er konnte allgemein wenig mit Fetischen anfangen. Dass ich als professioneller Clown arbeitete, war für ihn OK, aber wenn ich mit anderen Leuten über meine Vorliebe redete, wurde er extrem eifersüchtig." Deswegen schmiss Ami ihren ganzen Clown-Kram weg und meldete sich in den Fetisch-Communitys ab. Aber das machte sie auf Dauer unglücklich. Den Entschluss, ihre Ehe hinter sich zu lassen und mit der Clownerei anzufangen, bezeichnet sie aber heute als "eine der besten Entscheidungen, die ich je gemacht habe".

Die Hysterie um die Horrorclowns schadete und half den Coultrophilen gleichzeitig. "Horrorclowns haben dem Ansehen der Clowns stark geschadet", sagt Loli. "Ich habe Nachrichten von Leuten bekommen, die gedroht haben, mich zu verletzen oder mich umzubringen. Manchmal folgt mir auch die Polizei. Es ist gruselig." Dafür verkaufte Ami in der Zeit um den medialen Hype herum deutlich mehr erotische Clown-Videos als zuvor. Eine kürzlich von Pornhub veröffentlichte Statistik kommt zu einem ähnlichen Ergebnis – in der Zeit, als die Medien verstärkt über die Horrorclowns berichteten, konnte die Seite einen 213-prozentigen Anstieg von Suchanfragen feststellen, die das Wort "Clown" enthielten.

Ami findet es nicht seltsamer, auf Clowns zu stehen, als sich vor ihnen zu gruseln. "Ja klar ist er ein bisschen komisch, aber welcher Fetisch ist das nicht?", sagt sie. "Vielleicht genießen Clown-Fetischisten einfach die Freiheit, ihr eigenes Gesicht zu verstecken. Oder wir fühlen uns einfach wohler in unserer Haut, wenn wir für eine Weile so tun können, jemand anders zu sein."

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