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Ein weiterer Grund für die Hinwendung zum Handwerklichen ist, dass vielen Menschen immer wichtiger wird, wo und wie Produkte hergestellt werden. Nachhaltigkeit und regionale Fertigung, faire Arbeitsbedingungen und Umweltschonung sind heute bedeutsamer als je zuvor. Und so wie wir mehr und mehr Wert auf Bio-Ernährung legen, wird uns auch wichtiger, dass unsere Schuhe, Kleider und Möbel unser Gewissen erleichtert aufseufzen lassen.Schusterin Vivien bezeichnet diese Entwicklung zwar augenzwinkernd als "Wohlstandssyndrom", aber sie freut sich sehr darüber: "Viele Menschen möchten sich von der Massenindustrie abgrenzen, das merke ich im Gespräch mit Kunden", sagt sie. "Und ich bekomme auch in letzter Zeit viele Anfragen von jungen Modeschulabsolventen und Kunststudenten, die lieber in einer kleinen Werkstatt arbeiten wollen als in einem großen Betrieb."Nicht nur die Produkte sollen heute nachhaltig sein, auch Arbeit an sich.
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Ja, warum nicht kombinieren? Viele Lehrausbildungen lassen sich vortrefflich mit Studienfächern verbinden. Das Tischlern mit der Architektur, das Schneidern mit Textildesign, Instrumentenbau mit Tontechnik oder eine Bäckerlehre mit BWL. Um nur einige wahllose Kombinationen zu nennen.Allerdings genießt die Lehrausbildung nicht gerade das beste Image. "In Österreich hat die Lehre bei vielen zu Unrecht den Status der ,Resteverwertung", meint Helmut Dornmayr. Eine leidige Erfahrung, die neben der Hutmacherin Angela auch Instrumentenbauer Matthias machen musste. Vor acht Jahren schmiss der heute 29-Jährige sein Studium und beschloss, ab nun Orgeln zu bauen. Viele seiner Studienfreunde belächelten den frischgebackenen Lehrling. Matthias gibt sich davon recht ungerührt, er findet es nur schade, dass es kein Miteinander gibt: "Die Lehrlinge schimpfen auf die Studenten und die Studenten nehmen die Hackler nicht ernst.""Die Lehrlinge schimpfen auf die Studenten und die Studenten nehmen die Hackler nicht ernst. "
Das Orgelbusiness ist hingegen alles andere als Einheitsbrei. In Österreich gibt es nur rund 30 Orgelbauer, erzählt Matthias. Dennoch studiert er jetzt wieder. "Ein selbstständiger Orgelbauer verdient so richtig wenig. Ich könnte freilich nach Vorarlberg in die größte Orgelbaufirma Österreichs gehen und dann Orgeln für chinesische Musikhallen zimmern, auf denen schlussendlich niemand spielt. Aber das ist nichts für mich." Die sieben Jahre Lehre möchte er trotzdem nicht missen. Die körperliche Arbeit zwang ihn zu Effizienz—allein schon um Kraft zu sparen, und diese gelernte Disziplin hilft ihm nun, den Studienstoff zu bewältigen.Kunststudent Michi hat hingegen noch lange nicht genug vom Handwerk. Vor einem Jahr hat er bereits einen Exkurs in die Kunst des Korbflechtens unternommen. Und für die nahe Zukunft plant er, sich eingehend mit der Goldschmiedekunst beschäftigen. Zunächst erklärt ihm Vivien jedoch noch, wie genau ihre Ledernähmaschine funktioniert. Dann macht er sich endlich die Schuhe die ihm gefallen. Gelb sollen sie sein, und mit einer Schuhspitze voller Blumen.Motherboard: Wird das Grundeinkommen die Arbeitswelt revolutionieren?