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Wahlen 2015

Ausländische Medien finden das Wiener Wahl-Ergebnis gar nicht so beruhigend

In Frankreich, Großbritannien und den USA berichtet man vom Rekordergebnis für die „Rechtsextremen".
Fotomontage: VICE Media

Jetzt schaut es doch so aus, als würde in Wien politisch noch einmal alles beim Alten bleiben. Als gestern Abend die Wahllokale schlossen, hatten viele Wiener vor lauter vermeintlichem Kopf-an-Kopf-Duell zwischen der Häupl-SPÖ und der Strache-FPÖ doch ein bisschen die Hosen voll, und niemand konnte sich hundertprozentig sicher sein, dass die Freiheitlichen es nicht tatsächlich auf den ersten Platz schaffen würden.

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Wahrscheinlich auch deshalb war das internationale Interesse so groß wie selten—man erlebt es jedenfalls nicht alle Tage, dass haufenweise internationale Beobachter nach Ottakring anrücken, wenn Häupl wählen geht, obwohl es sich nicht einmal um eine bundesweite Wahl handelt. Aber Wien war in den letzten Wochen zu einem der wichtigsten Dreh- und Angelpunkte in der Flüchtlingskrise geworden. Und auch im Ausland wurde die Wahl wie eine Richtungsentscheidung zwischen weltoffener Geisteshaltung und rechter Abschottungspolitik gehandelt—nicht nur im Hinblick auf Österreich, sondern auf ganz Europa. Dann wurde mit der ersten Hochrechnung klar, dass die SPÖ einen doch um einiges deutlicheren Vorsprung vor den Freiheitlichen halten konnte. Erleichterung machte sich breit, teilweise auch ordentliche Schadenfreude, und eines der schlechtesten SPÖ-Wahlergebnisse aller Zeiten wurde im Internet streckenweise gefeiert, als wäre es ein Erdrutsch-Sieg. In vielen ausländischen Medienberichten schaut die Reaktion auf über 30 Prozent der Stimmen für eine Partei wie die FPÖ aber viel weniger beruhigt aus.

Die New York Times hatte ja erst kürzlich mit dem Text „Rise of Austrian Right Lengthens Shadow of Nazi Era" über die gegenwärtige Situation in Wien für hohe Social Media-Aufmerksamkeit gesorgt; vor allem auch innerhalb Österreichs. Bei der Wahl-Berichterstattung bleibt der Fokus ebenfalls auf der Flüchtlingsdebatte—der Titel der Meldung erwähnt ein Wachstum der „rechtsextremen Partei" und setzt die Wien-Wahl mit einem „Flüchtlings-Test" gleich. Lustig auch, dass die NYT Strache in erster Linie als Zahntechniker bezeichnet.

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Natürlich ließen es sich auch unsere deutschen Nachbarn nicht nehmen, live aus Wien zu berichten—etwa das ZDF. Während der Anmoderation ist im Morgenmagazin die Rede von „den Sozialdemokraten, die mit einem blauen Auge davonkamen" und der „FPÖ, also die Rechtspopulisten, die gegen Flüchtlinge Politik machen".

Das scheint so ziemlich der spannendste Punkt an der Berichterstattung aus Wien zu sein—beinahe jedes ausländische Medium erwähnt die rechtspopulistische Partei, deren Wahlkampf zum Großteil auf dem Rücken von Flüchtlingen ausgetragen wurde. Der Spiegel sieht Strache zwar auf der einen Seite als den großen Verlierer, bezeichnet ihn im nächsten Absatz schon wieder als den Gewinner, nachdem die FPÖ zum vierten Mal in Folge bei einer Landtagswahl deutlich zulegt.

Screenshot via BBC

In Großbritannien schaut die Sache nicht anders aus—auch hier sieht man das Wahlergebnis nicht umbedingt als Anlass zur Erleichterung. Der Guardiantitelt mit einem „durch die Flüchtlingskrise angefeuerten Rekordergebnis für Rechtsextreme". Auch die BBC berichtet über das beste FPÖ-Ergebnis aller Zeiten, Party-Fotos von Heinz-Christian Strache inklusive.

Eine der größten Tageszeitungen Italiens, Il Secolo XIX, titelt in ihrer Online-Ausgabe erst gar nicht mit der FPÖ, sondern viel mehr mit „Haiders Erben". Auch innerhalb des Texts wird beispielsweise „die Kampagne von Haiders Partei" erwähnt. Durch die Nähe zu Kärnten scheint man sich offensichtlich nach wie vor ziemlich gut an sein politisches Treiben zu erinnern.

In Frankreich titelt man nicht mit dem erstplatzierten Häupl, sondern mit Heinz-Christian Strache. Screenshot via france24.com

Das französische Auslandsfernsehen France 24 schreibt von einem „historischen Ausgang für die Rechstextremen" in Wien, und erwähnt wiederum den Slogan der FPÖ—die geplante „Oktoberrevolution". Auch wenn sich Berichte aus dem Ausland generell weniger aufatmend lesen als die innerhalb Wiens, haben französische Medien einen beinahe verängstigten Unterton in ihrer Berichterstattung. An Begriffen wie „Warnung" und „symbolisch" wird jedenfalls nicht gespart. Hier ist man vielleicht aufgrund des Front National selbst gebranntes Kind.

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