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Knast

Gefängnismitarbeiter veranstalten illegales Pokerturnier für Häftlinge

Der Leiter der JVA Torgau hat die Vorwürfe jetzt bestätigt.
Symbolfoto | Collage bestehend aus: Pokerspieler: imago | ITAR-TAS; Gitter: freepik.com

Wenn es einen Preis für die schlechteste Resozialisierungsmaßnahme Deutschlands gäbe, hätte die JVA Torgau gerade gute Chancen auf den ersten Platz:

Laut einer Pressemitteilung der Gefangenengewerkschaft soll die Anstaltsleitung in dem sächsischen Gefängnis Mitte Dezember ein illegales Pokerturnier für etwa 60 Häftlinge veranstaltet haben. Bei einer Teilnahmegebühr von 1,50 Euro habe der Sieger einen Hauptpreis von 30 Euro mit in die Zelle nehmen können. Insgesamt seien 60 Euro an die Teilnehmer ausgeschüttet worden, von denen mindestens die Hälfte spielsüchtig gewesen sei. Auch wenn sich die letzte Behauptung bislang nicht verifizieren ließ, bestätigte der Anstaltsleiter Enrico Anselmi gegenüber der Nachrichtenseite Tag24 jetzt, dass das Pokerturnier tatsächlich stattgefunden habe – allerdings ohne seine Genehmigung.

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"Es ist ein Skandal, dass eine Justizvollzugsanstalt ein Glücksspiel veranstaltet und somit das Suchtverhalten von Strafgefangenen fördert", schreibt der Häftling David Scholz stellvertretend für die Gefangenengewerkschaft. "Dies ist alles andere als Resozialisierung und ist ganz klar eine Straftat." Die JVA Torgau habe auf seine Nachfrage am Tag des Turniers keine behördliche Erlaubnis für die Zockerrunde vorweisen können. Seltsam ist jedoch, dass der Häftling Scholz laut Tag24 selbst an dem Turnier teilgenommen haben soll, angeblich ohne zu wissen, dass dafür keine Genehmigung vorliegt. Davon auszugehen, dass eine JVA in ihren Mauern überhaupt jemals ein Glücksspielturnier erlauben würde, ist allerdings auch ein ziemlich verworrener Gedankengang.

In seinem Schreiben verweist David Scholz darauf, dass es ohne behördliche Erlaubnis verboten sei, öffentlich Glücksspiele zu veranstalten. Nach § 284 StGB steht darauf eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe.

Ganz so sicher sollte sich Scholz nicht sein, dass das in diesem Fall auch zutrifft. Ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2014 spricht eher dagegen, dass sich die Veranstalter des Knast-Turniers strafbar gemacht haben. Als Glücksspiel zählt, wenn die Teilnehmer eine Gebühr zahlen müssen, um überhaupt eine Chance auf den Sieger-Pott zu haben – in diesem Fall wären das die 1,50 Euro Teilnahmegebühr. Andererseits gilt es nicht als Glücksspiel, wenn das Geld eigentlich nur die Veranstaltungskosten deckt.

In der JVA Torgau wären bei 60 Teilnehmern abzüglich des Preisgelds noch 30 Euro Teilnahmegebühren übrig geblieben – für die Veranstalter also nicht gerade die Eintrittskarte zum Billionaire Boys Club. Ob es sich dabei wirklich um illegales Glücksspiel handelt, müssen laut einem Sprecher des sächsischen Justizministeriums nun Gerichte entscheiden. Die moralische Frage und ob es eine nobelpreisverdächtige Idee ist, einen Haufen Straftäter und womöglich Spielsüchtige um Geld zocken zu lassen, ist nochmal eine andere Sache.

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