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Berlin

Das sind die absurdesten Verschwörungstheorien zum Anschlag in Berlin

Waren es der Mossad, die Jesuiten—oder doch Jon Snow?
Grey Hutton

Der Angriff vom Breitscheidplatz hält Deutschland immer noch in Atem: Die Behörden durchkämmen das ganze Land nach dem Täter, alle paar Stunden gibt es neue Informationen zu dem Mann, Polizei und Geheimdienste versuchen fieberhaft, die schreckliche Tat und ihre Vorgeschichte zu identifizieren.

Die professionellen Ermittler sind aber nicht die einzigen, die sich auf Spurensuche begeben haben. Im Internet brüten Verschwörungs-Fans auf der ganzen Welt bereits über jedem Detail des Anschlags, um herauszufinden, wer sie diesmal wieder an der Nase herumführen will. Und was ihnen an forensischen Methoden und gesundem Menschenverstand fehlt, machen sie durch ihren tiefsitzenden Glauben an das Schlechte in der internationalen Politik und ihre blühende Fantasie locker wieder wett.

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Und wir müssen zugeben: Dafür, dass das Ganze noch nicht so lange her ist, haben die Theorien schon einige beeindruckende Blüten getrieben. Bemerkenswert vor allem, dass es neben den üblichen Verdächtigen (USA und Juden) dieses Mal auch deutlich originellere Hintermänner ins Rennen geschafft haben. Hier der Überblick über die abstrusesten Thesen, wer wirklich hinter dem Anschlag steckt:

Der Mossad, wer sonst?

Die beliebteste Theorie da draußen: dass da natürlich wieder der Mossad hintersteckt. Die Beweise dafür sind erdrückend: Erstens war ein israelischer Terrorexperte nur wenige Minuten vor dem Anschlag selbst auf dem Weihnachtsmarkt! Wie man das herausgefunden hat? Ja gut, weil der Mann names Shlomo Shpiro, Terror-Experte an der Tel Aviver Bar-Ilan-Universität, das selbst auf ntv erzählt hat. Und dann hat er auch noch gesagt, dass der Ort des Anschlags "möglicherweise bewusst" gewählt wurde! "Er ahnte also was", ist man sich zum Beispiel auf dem Blog geolitico sicher.

Es gibt aber noch mehr handfeste Beweise: Der Name des polnischen Spediteurs, dem der LKW gehört und dessen Cousin der Attentäter mutmaßlich erschoss, lautet… wait for it… Ariel Zurawski! Geht das noch offensichtlicher?

Der dritte Beweis, den die cleveren Spürhunde ausgebuddelt haben, ist ein Treffen zwischen dem Chef des Mossad und Donald Trump, das nur wenige Stunden vor dem Anschlag (allerdings auf der anderen Seite des Atlantik) stattfand. Offiziell ging es in dem Treffen um Syrien, Iran und den Nahostkonflikt—aber woher wollen wir wissen, das dort nicht genau der Anschlag geplant wurde, der kurz darauf Berlin erschütterte? "Das erweckt den Verdacht, dass dieser Anschlag eigentlich Angela Merkels Untergang besiegeln soll", weiß ein englischer Blogger. Wie soll es auch anders sein?

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Die Jesuiten

Peter Paul Rubens, "St. Ignatius von Loyola", gemeinfrei

Das haben wir nun wirklich nicht so oft: In dem Forum "Trotz der Lüge" wird auch der fast 500 Jahre alte katholische Orden in Verbindung mit dem Attentat gebracht. Und das kommt so: Eines der Opfer des Anschlags ist der 21-jährige Erasmus-Student aus Spanien Inaki Ellakuria. Inaki liegt jetzt im Krankenhaus, weil der LKW ihm über beide Beine gefahren ist. In seinen Tweets berichtet der junge Spanier vom "schlimmsten Schmerz, den ich je in meinem Leben ertragen musste".

Statt Mitleid erntete er bei "Trotz der Lüge" dafür aber nur Misstrauen: Dass jemand aus dem Krankenhaus tweeten kann, fanden die User hoch verdächtig—und so machten sie sich ans Buddeln. Und siehe da, sehr schnell fanden sie auch etwas: Inaki ist niemand Geringeres als der Großneffe von Ignacio Ellacuría, einem berühmten Jesuiten und Universitätsrektor!

Dann kommen ein paar "Shocked"-Smileys, und die Beweisführung ist beendet. Für den Foren-User scheint jetzt festzustehen, dass die Jesuiten irgendwie die Strippen bei diesem Angriff gezogen haben. Warum genau der Orden so etwas tun sollte, wird nicht erklärt—aber warum auch, wenn man Smileys hat?

Die CIA

Auch hier haben die Internet-Detektive einen (für sie) ziemlich eindeutigen Beweis gefunden, dass die Amerikaner nicht nur hinter dem Anschlag stecken, sondern eigentlich auch wollen, dass das alle wissen. Deshalb haben sie den Hinweis auch denkbar gut sichtbar mitten auf dem Tatfahrzeug platziert: Das Nummernschild des Anhängers lautet nämlich ZGR US66! Da sind nicht nur die USA, sondern auch gleich zwei Drittel des biblischen Biests mit drin enthalten.

Ein Flamenco-Meister aus Spanien

Habt ihr das mitbekommen, dass am Dienstag alle Berliner Weihnachtsmärkte einen Ruhetag eingelegt haben, um der Toten vom Montag zu gedenken, aber dass der Lucia-Weihnachtsmarkt sich entschieden hat, offen zu bleiben?

Man kann das geschmacklos finden oder auch trotzig—oder man kann sich ein bisschen schlau machen wie die "Trotz den Lügen"-Userin "Lena", dann wird das nämlich plötzlich "sehr interessant". Warum, Lena?  "Weil der Google-Doodle von heute in Spanien und mehreren Ländern Südamerikas und US Staaten, den 69. Geburtstag von [dem spanischen Flamenco-Meister] Paco de Lucía zeigt." Das ist ja der Hammer!

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Natürlich meint Lena mit "heute" nicht den Tag des Anschlags und auch nicht den Folgetag, an dem der Weihnachtsmarkt eben als einziger offenblieb, sondern sie meint den 21. Dezember. Ergibt zwar null Sinn, aber wenn man erstmal damit anfängt, dann möchte man mit dem Mustererkennen offenbar gar nicht mehr aufhören! Auch hier wird nicht erklärt, warum der (schon verstorbene) Paco de Lucia Weihnachtsmärkte so sehr hasst, aber das ist vielleicht auch eine Frage, wie sie nur ein Schlafschaf stellen kann.

Jon Snow

Illustration: Wons Noj | WikimediaCC BY-SA 3.0

Meine Lieblingstheorie. Irgendjemand in dem Forum findet nämlich auch, dass das Fahndungsfoto des jetzt gesuchten Verdächtigen sehr stark nach dem Game of Thrones-Herzchen John Snow aussieht. "Verblüffend, oder?", schreibt Nils. "Ich traue denen inzwischen alles zu."