FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Regt euch bitte nicht über das Video des Schweizer Katzenfleisch-Restaurants auf

Das Video ist nur ein Marketing-Gag. Katzen und Hunde dürfen in der Schweiz aber trotzdem gegessen werden.

Screenshot aus dem Video

UPDATE (16.02.): Mittlerweile wurde bekannt, dass das Video von drei Vegetarierorganisationen produziert und in Umlauf gebracht wurde. Swissveg, der Vegetarierbund Deutschland (Vebu) sowie Beyond Carnism aus den USA möchten den Zusehern bewusst machen, dass ihr Fleischkonsum kulturell geprägt ist. Was in der Schweiz als normaler Konsum angesehen werde, gelte etwa in Indien als verpöhnt.

Gerade ist ein etwas sonderbares Video Opfer eines Shitstorms auf Facebook—wobei das Wort „Opfer" in diesem Fall nicht wirklich passend ist. Im harmlos daherkommenden Video zu sehen ist ein tätowierter, vollbärtiger Mann Anfang 30, der sich als Koch mit Namen Moritz Brunner vorstellt. Auf Englisch präsentiert Brunner sein neustes Baby: ein Restaurant, in dem auch die Spezialitäten „Katzenrücken mit Patatli und Kräuter-Seitlingen" und „Mostbröckli vom Hund mit glasierter Birne" auf der Karte stehen.

Anzeige

Möglich mache das das einmalige Konzept der Essensadoption: Kunden adoptieren beim Restaurant eine Katze oder einen Hund, Brunner züchtet diese und verarbeitet sie schlussendlich zu den Köstlichkeiten des Hauses. In der Schweiz sei das Essen von Katzen und Hunden in der Kultur verankert und darum auch im Restaurant „La Table Suisse" legal.

Natürlich dauert es nicht lange, bis ein scheinbar auf gute Laune ausgelegtes Video von einem feinsinnigen Koch, der sich der Natur sehr nahe fühlt, seine Kocherei als Kunst verstanden haben will und sich genau darum freut, den Gästen Katzen und Hunde anbieten zu dürfen, heftige Reaktionen hervorruft. Auf Facebook wurde das Video mittlerweile über 1.300 mal geteilt und hat hunderte Kommentare aus der ganzen Welt gesammelt.

Diese reichen von überlegten Argumenten …

… über Schweizer, die ihre Heimat angegriffen sehen …

… bis hin zu sozial-medialen Nervenzusammenbrüchen:

Doch wie so oft bei Shitstorms ist die Aufregung wohl vergebens. Mehrere Dinge lassen darauf schliessen, dass es sich bei dem Video nicht um eine Werbekampagne für ein Restaurant, sondern um eine Kampagne von Vegetariern oder Veganern handelt. Ein erstes Indiz findet sich direkt im Video, wenn Koch Brunner sagt:

Ich wundere mich oft, warum so viele Menschen dagegen sind, Hunde und Katzen zu essen. Ich respektiere Vegetarier, die gar keine Tiere essen. Aber wenn man Hühner und Schweine isst, ergibt es keinen Sinn, nicht auch andere Tiere zu essen.

Anzeige

Mit diesen drei Sätzen kann die Argumentation des Videos grundsätzlich in zwei Richtungen gehen: Entweder isst du Fleisch—und zwar jedes—oder du isst gar keines. Weil die Dorfmetzgerei Hinterpfupfingen kaum ein virales Video produziert, das derart offensichtlich einen Shitstorm gegen sich selbst provoziert, dürften es sich wohl um eine provokante Kampagne von Vegetariern oder Veganern handeln—auch die positive Erwähnung von Vegetariern lässt darauf schliessen.

Ein weiteres Indiz dafür, dass es sich beim Video um eine Kampagne handelt, ist, dass Moritz Brunner nirgendwo im Internet seine Spuren als Koch hinterlassen hat. Ich habe trotzdem bei den vegetarischen und veganen Restaurants in Zürich nachgefragt, ob sie etwas mit dem Video zu tun haben oder wissen, wer dahinter stecken könnte—aber keines will etwas mit der Kampagne zu tun haben.

Screenshot aus dem Video

Doch abgesehen davon, ob das Video nun ein Marketing-Gag ist oder nicht: Stimmen die Informationen, die das Video transportiert? Ich habe bei Helen Sandmeier vom Schweizer Tierschutz nachgefragt. Und tatsächlich ist es so, dass es in der ganzen Schweiz legal ist, Katzen und Hunde zu essen—„allerdings nur für die Besitzer der Tiere", führt Frau Sandmeier aus. Soweit wäre die Eröffnung des Restaurant „La Table Suisse" also möglich. Auf das Konzept der Tieradoption angesprochen meint Frau Sandmeier: „Um ihre Katzen und Hunde essen zu dürfen, müssen die Besitzer diese selbst schlachten." Und selbst dann sei der Verkauf noch illegal. Da sei das Schweizer Gesetz sehr spitzfindig.

Somit ist also endgültig klar: Ein Restaurant wie „La Table Suisse" darf und wird es in der Schweiz nie geben. Frau Sandmeier ergänzt, es komme beinahe im Jahrestakt vor, dass das Gerücht durch die Medien zieht, in der Schweiz gehörten Hunde und Katzen auf dem Teller zum Alltag. „Dem ist natürlich nicht so. Solche Fälle sind sehr selten", weist der Schweizer Tierschutz auch das letzte Gerücht zurück.

Wer sich trotz alledem wegen dem Video aufregen will, kann sich über die Schweizer Gesetzgebung oder die Heuchlerei mancher Fleischesser aufregen— aber bitte verschwendet keine Energie an ein als Marketing-Gag ausgelegtes Video.

Sebastian auf Twitter: @seleroyale

VICE Schweiz auf Twitter: @ViceSwitzerland