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Sex

Wir haben Leute auf der Straße nach ihren peinlichsten Erlebnissen gefragt

"Das war mit Abstand mein peinlichstes Erlebnis: nackt, betrunken und planlos."

Menschen beim Nacktbaden, die sich aber wahrscheinlich nicht schämen | Foto: Flickr | jo(e) | CC BY 2.0

Da ich keinerlei Scham kenne, wenn es um Arbeit geht—sei es, Leuten auf der Straße Fragen nach ihrem Sexleben zu stellen oder mit der Kamera auf Leute zuzugehen, während sie sich betrinken—, ist auch das nächste Geständnis halb so wild. Als kleiner Junge habe ich meiner Schulklasse mal meinen blanken Hintern entgegengestreckt. Es war eine sinnlose Affektreaktion, aber wirklich peinlich daran ist, dass ich mich dafür zu Tode geschämt habe, anstatt mit wüsten Handgesten und echter Schulhofpunkattitüde dazu zu stehen.

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Abgesehen von dem einen Mal, als ich einen auf mein schlafendes Gesicht gelegten Babyhasen für einen gefährlichen Angreifer hielt und ihn in hohem Bogen durch ein Wohnzimmer schleuderte, passieren mir solche peinlichen Dinge eher selten. Für den Move hielten mich meine Freunde aber auch eher für einen psychopathischen Killer, statt "nur" für einen verkaterten Idioten (entspannt euch, der Hase lebt noch). Heute trete ich regelmäßig in die alltäglichen Fettnäpfchen für kleine (Ausweis zeigen für ein Bier) und verballerte (gegen Straßenlaternen laufen) Menschen. Immerhin habe ich mich noch nie auf der Tanzfläche eingeschissen.

Um zu erfahren, was es sonst noch an Peinlichkeiten in der Welt gibt, haben wir mit Menschen über die Momente gesprochen, in denen sie am liebsten im Erdboden versunken wären.

Lara, 22, arbeitet in der Veranstaltungsbranche

Lara wollte nicht mit ihrem Gesicht aufs Bild | Alle Fotos: Lukas Kammer

VICE: Erzähl uns von deinen peinlichsten Erlebnissen.
Lara: Ich hatte vor nicht all zu langer Zeit Sex mit einem Mann, der einen ziemlich kleinen Penis hatte, und ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte.

Darf ich fragen, ob es noch zur Sache ging?
Nein, es ist daran gescheitert. Die Stimmung war total am Boden. Ich wusste in dem Moment natürlich auch nicht, ob der Penis schon steif war oder nicht und ob da noch mehr kommt.

Warst du zu abgeschreckt, um es auszuprobieren?
Ich habe es versucht, aber die Stimmung war an dem Punkt so schlecht, dass sich das auch auf die Lust übertragen hat.

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Kanntest du den Typ schon länger?
Ja, aber das im Bett ist eher spontan passiert. Deswegen war auch alles sehr unerwartet.

Hast du noch Kontakt zu ihm?
Nein, der ist abgebrochen. Zum Glück haben wir keinen gemeinsamen Freundeskreis.

Wie würdest du das nächste Mal mit so einer Situation umgehen?
Na ja, ich kann das ja vorher nie wissen. Ich kann ja schlecht beim ersten Date fragen, wie es aussieht, und eine Mindestlänge für den Penis angeben. Das geht ja schlecht. Wäre ein bisschen unhöflich. Ich glaube, das ist eine richtig beschissene Situation, in der man gar nicht viel besser reagieren kann als ich damals. Der Mann kann nichts dafür, es ist superpeinlich und egal, wie oft dir das passiert, ändert sich nichts dran, dass du überfordert bist.

Marcus, 22, Verkäufer

VICE: Gibt es Dinge, die dir peinlich sind?
Marcus: Ich bin in der Öffentlichkeit in Boxershorts herumgelaufen und habe dabei "We Will Rock You" gesungen. Das ist Teil einer Methode, die sich Komfortzonenerweiterung nennt.

Hat das was gebracht?
Das sind immer nur kurzfristige Veränderungen. Du musst langfristig deine Psyche verändern, damit du auch das, was du nach außen hin machst, dauerhaft veränderst.

Hat das jemand aus deinem Freundeskreis mitbekommen?
Mein bester Kumpel war mit mir da. Er fand's megacool. Er findet es immer gut, wenn wir sowas machen.

Und du? Bereust du es?
Ach, Quatsch. Kein bisschen. Man bereut immer nur die Dinge, die man nicht gemacht hat.

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Aber peinlich war es trotzdem?
Na klar, vor allem das Singen. Ich kann nicht singen. Ich kann mich schon wieder gut in die Situation hineinversetzen, wie ich da gesungen habe. Das war schon unangenehm.

Was hast du als Nächstes vor?
Kann ich dir gerade nicht sagen. Das Letzte war die Sache mit den Boxershorts. Davor habe ich mal rumgeschrien wie ein Affe oder Leute bewusst dumm angesprochen, um zu erfahren, wie sich eine Reaktion darauf anfühlt.

Alisa, 25, Journalistin

VICE: Was ist das Peinlichste, das du je gemacht hast?
Alisa: Meine Freunde und ich waren in Schweden und wir hatten alle zu viel getrunken. Irgendwann haben wir uns entschieden, nackt in einen See zu springen. Das Blöde war nur, dass es nirgends eine befestigte Stelle gab, an der wir rausklettern konnten, sondern überall nur sehr glitschige Algen, an denen man sich gar nicht richtig festhalten konnte. Unsere Freunde mussten kommen, um uns aus dem See zu ziehen und ein Kumpel musste mir raushelfen—natürlich noch nackt. Das war mit Abstand mein peinlichstes Erlebnis: nackt, betrunken und planlos.

Hängt dir diese Geschichte im Freundeskreis immer noch nach?
Die lachen auf jeden Fall noch darüber, dass ich nicht so viel trinken soll, bevor ich in einen See springe.

Kannst du mit deinem Kumpel noch drüber reden?
Nein, weil ich mich unglaublich dafür schäme.

Hast du was daraus gelernt?
Ja: nicht mehr besoffen in einen See zu springen am besten. Zumindest da, wo es keinen Steg zum Rausklettern gibt.

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Jessica, 22, Studentin

VICE: Fällt dir eine Person ein, vor der du dich für etwas schämst, das du getan hast?
Jessica: Ich glaube, das war vor Kurzem, als ich hier noch bei einer Gastfamilie gelebt habe. In einer Bar habe ich einen Italiener getroffen, mit dem ich die ganze Nacht unterwegs war und mit dem ich dann unauffällig ins Haus wollte. Natürlich hat mich meine Gastmutter erwischt und zur Rede gestellt. Wir durften keine Fremden ins Haus bringen und es war einfach dumm, das zu tun. Hinterher war es sehr, sehr seltsam, ihr noch im Haus zu begegnen. Gut, dass ich nur noch ein paar Tage dort wohnen musste.

Stressig. Wie war der Abschied von deiner Gastfamilie?
Ich habe sie am nächsten Morgen nicht mehr gesehen, deshalb habe ich das Zimmer aufgeräumt und saubergemacht und ihr einen Zettel hinterlassen. Der klang in etwa so: "Du warst eine großartige Gastmutter und es tut uns wirklich leid, dass wir"—meine Mitbewohnerin und ich—"deine Erfahrung mit amerikanischen Studentinnen so kaputtgemacht haben." Nach der Sache mit dem Italiener meinte sie, dass sie nie wieder amerikanische Austauschstudierende annehmen würde. Ich habe sie nie mehr gesehen und nur den Zettel dagelassen.

Ziehst du eine Lehre daraus?
Ja, natürlich: nicht mehr dumm und impulsiv zu sein. Und ich habe definitiv gelernt, die Grenzen anderer zu respektieren—immerhin war es ihr Haus und ich hätte keine fremden Leute anschleppen sollen. Es war für sie natürlich auch peinlich, mich zu erwischen. Sie wurde richtig wütend und meinte nur "Wer zur Hölle ist der Kerl?"

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Was ist eigentlich mit dem geschehen?
Ich ging raus zu ihm und meinte, dass es mir sehr leid tue, er aber leider gehen müsse. Wir sind zu mir, weil er sich aus seiner Wohnung ausgeschlossen hatte und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich habe nie seine Nummer bekommen und ihn nie wiedergesehen.

Dennis, 21, Mechatroniker-Lehrling

VICE: Hast du eine richtig peinliche Geschichte für uns?
Dennis: Einmal bin ich mit meinem Cousin nackt über den Strand auf Mallorca gelaufen. War halt eine Schnapsidee. Einer von uns, keine Ahnung wer, hatte die Idee gehabt und wir meinten nur: "Komm, wir machen das." Warum nicht?

Es war zwar Mallorca, aber wie haben die Leute reagiert?
Ach, es war lustig. Die Leute haben uns alle gefeiert. Wir fanden es auch nüchtern noch lustig. Uns kannte da ja keiner.

Wie denkst du heute drüber?
Passiert, ist halt Malle. Ich weiß aber nicht, ob ich es nochmal tun würde.

Alex, 35, Musikproduzent

VICE: Gab es in deinem Leben eine Situation, in der du dich am liebsten in Luft aufgelöst hättest?
Alex: Ich war 15 und in den Sommerferien als Sprachschüler in England bei einer Gastfamilie. Die hatten drei Kinder, die die ganze Zeit mit mir spielen wollten und richtige Rotznasen waren. Irgendwann haben die meine Taschen durchwühlt und meine Kondome gefunden, mit denen ich in jenem Sommer meine Unschuld verlieren wollte. Der Mittlere der Jungs, er war vielleicht sechs, hatte plötzlich einen Pariser in der Hand und meinte nur: "Was ist das, was ist das?" Da habe ich ihnen in Panik einfach erzählt, dass es ein Luftballon sei und dass sie mir die wieder zurückgeben sollen.

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Einmal kam ich von einem Ausflug nach Hause und sah meine Gasteltern—er ein muskelbepackter, tätowierter Fabrikarbeiter, sie auch richtig hart drauf—im Wohnzimmer sitzen. Mit einem einzelnen Kondom vor ihnen auf dem Tisch. Sie meinten direkt, wir hätten was zu bereden.

Der Vater saß nur da, starrte mich an und sagte gar nichts. Ich dachte, ich müsste im Boden versinken. Die Mutter hielt mir das Kondom unter die Nase und fing an zu erzählen, wie ihr drei Jahre alter kleinster Sohn mittags auf dem Gummi herumgekaut hatte und fragte, ob das meins sei und ob ich ihm das gegeben habe. Ich habe natürlich sofort erzählt, dass ich keine Ahnung habe, wie die da ran kamen.

Ganz am Ende war die Mutter fertig und meinte, ich solle schlafen gehen und wir würden am nächsten Tag weiterreden. Da kam der Vater an: "Eine Frage habe ich noch und beantworte die besser ehrlich. War das benutzt?" Ich dachte, wenn ich jetzt was Falsches sage, bringt der Typ mich um. Natürlich habe ich tausendmal gesagt, dass die komplett frisch seien. Ich hätte mir vor Angst fast in die Hose geschissen.

Diese Sache war mir so peinlich, dass ich am nächsten Tag sofort ausgezogen bin.

Haben die sich jemals wieder gemeldet?
Nein, nie wieder, die hatten genug von mir.

Was nimmst du mit?
Dass Kinder fiese kleine Arschlöcher sein können, vor denen man sich auf jeden Fall in Acht nehmen muss. Am nächsten Morgen hat mich der Junge, der die Kondome genommen hatte, so richtig fies angegrinst und er wusste ganz genau, was er gemacht hatte. Heute würde ich den Leuten einfach sagen, dass sie sich nicht so anstellen sollen und sie ruhig mit ihrem Dreijährigen darüber reden können, was ein Kondom ist. Aber das waren auch noch die 90er.

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