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Wir haben mit der Ärztin gesprochen, die Zika-infizierten Frauen Abtreibungspillen spendet

Die WHO hat wegen Zika den globalen Notstand ausgerufen—doch obwohl der Virus schwere Geburtsschäden verursacht, wird Frauen in betroffenen Gebieten die sichere Abtreibung verwehrt. Dr. Rebecca Gomperts will das ändern.

Foto: Christian Schnettelker | Flickr | CC BY 2.0

Dieser Artikel ist zuerst auf Broadly erschienen.

Am 1. Februar hat die Weltgesundheitsorganisation WHO den Zika-Virus zu einem „internationalen gesundheitlichen Notfall" erklärt, womit Zika sich eine Kategorie mit Ebola teilt.

Bisher gibt es keine Impfung und kein Medikament, das Zika aufhalten kann. Der Virus wird von Stechmücken übertragen und soll dazu führen, dass Säuglinge mit abnormal großen Köpfen und unterentwickelten Gehirnen auf die Welt kommen. Laut der WHO verbreitet sich Zika „rasant"; aus mehr als 33 Ländern sind Fälle bekannt. Während sich die Zika-Epidemie immer weiter zuspitzt, haben Fürsprecherinnen gewarnt, dass die drakonischen Einschränkungen der Abtreibung und Verhütung, die Länder in Lateinamerika Frauen auferlegen, nun Frauen in noch größere Gefahr bringen, an einer unsicheren Abtreibung zu sterben: Während mehrere Regierungen in der Region Frauen dazu aufgerufen haben, Schwangerschaften bis 2018 zu vermeiden, bleibt Abtreibung in fast jedem lateinamerikanischen Land verboten oder schwer einschränkt. Mehrere Länder haben so strenge Verbote, dass eine Abtreibung nicht einmal in Fällen von Vergewaltigung, Inzucht oder schweren Abnormitäten beim Fötus erlaubt ist.

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Dieser bizarre Widerspruch—Frauen werden gewarnt, sie sollen nicht schwanger werden, doch man enthält ihnen jegliche Möglichkeit, eine ungeplante, ungewollte oder potentiell gefährliche Schwangerschaft abzubrechen—bedeutet für Frauen einen tragischen Mangel an Optionen. In vielen dieser Länder kann eine Zika-infizierte Frau, die schwanger wird, zwei verschiedene Dinge tun: Entweder sie geht das erhebliche Risiko ein, ein Kind mit einem schweren Geburtsfehler auf die Welt zu bringen, oder sie behilft sich mit einer unsicheren und illegalen Methode, um ihre Schwangerschaft zu beenden. In Brasilien haben vor dem Zika-Ausbruch zwischen 800.000 und einer Million Frauen jährlich illegal abgetrieben. Diese Zahl wird mit der Ausbreitung des Virus mit großer Wahrscheinlichkeit noch ansteigen.

„Wir sehen eine ungewollte Schwangerschaft als einen medizinischen Notfall, und es ist ethisch nicht vertretbar, jemandem Hilfe zu verweigern, nur weil die Person kein Geld hat."

Dr. Rebecca Gomperts, die einen Abtreibungs-Lieferdienst namens Women on Web betreibt, der Abtreibungspillen an Frauen in mehr als 120 Ländern versendet, sagt, sie habe bereits eine Zunahme der Online-Anfragen aus betroffenen Ländern festgestellt. In einer E-Mail an Broadly bezog sich Dr. Gomperts auf den Zusammenhang zwischen dem Zika-Virus und Geburtsfehlern bei Babys und bekräftigte das Recht der Frau, über ihren eigenen Körper zu entscheiden. „Frauen haben das Recht, sich zu einer Beendung ihrer Schwangerschaft zu entschließen, um solche Schäden zu vermeiden."

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MOTHERBOARD: Aktivistinnen liefern Abtreibungspillen mit Drohnen über die polnische Grenze

In einer Pressemitteilung auf der Website von Women on Web hat die Organisation verkündet, dass sie kostenlos Abtreibungspillen an jede Frau schicken will, die anhand eines Labortests nachweisen kann, dass sie sich das Zika-Virus zugezogen habe. Women on Web bittet normalerweise um eine „empfohlene Spende" von 70-90 Euro, „je nach dem Land, in dem Sie leben, und wie ihre wirtschaftliche Lage aussieht", doch Gomperts sagt, jede Frau, die sich die Pillen nicht leisten könne, bekäme sie gratis. Dies treffe auf ungefähr 15 Prozent der Frauen zu, die sich bei Women on Web melden. „Wir sehen eine ungewollte Schwangerschaft als einen medizinischen Notfall, und es ist ethisch nicht vertretbar, jemandem Hilfe zu verweigern, nur weil die Person kein Geld hat", sagte sie.

Dr. Gomperts macht sich Sorgen, dass in Ländern, in denen Zika grassiert, mehr Frauen an unsicheren Abtreibungen sterben werden—vor allem in Brasilien, wo der Zoll sehr genau darauf aufpasst, keine Lieferung mit Abtreibungspillen ins Land zu lassen. „[Frauen mit Zika Abtreibungen gratis anzubieten], ist etwas, zu dem wir uns einfach verpflichtet fühlen", sagte sie. „Frauen werden Abtreibungen suchen, und das Problem ist, dass die meisten Abtreibungen in der Region unsicher sind. Wir wollten Frauen die Möglichkeit geben, eine Schwangerschaft auf sichere Art und Weise zu beenden."

„Wir wollten Frauen die Möglichkeit geben, eine Schwangerschaft auf sichere Art und Weise zu beenden."

Studien zeigen, dass ein Abtreibungsverbot die Zahl der Abtreibungen kein bisschen einschränkt: Es wird dadurch lediglich wahrscheinlicher, dass Frauen Schwangerschaften anhand gefährlicher und illegaler Methoden abbrechen, wie zum Beispiel Bleiche trinken, Drogen nehmen oder Fremdkörper in die Gebärmutter einführen. „Diese Gesetze sind schlecht für die öffentliche Gesundheit", sagte Gomperts. Statistisch kann man dagegen schwer argumentieren: Laut WHO sterben jährlich 68.000 Frauen an unsicheren Abtreibungen, ein Thema, das die Organisation als „eine der am meisten vernachlässigten Herausforderungen für das weltweite Gesundheitswesen" bezeichnet. Women on Web möchte diese erschreckende Zahl durch die Bereitstellung von Mifepriston und Misoprostol, zusammen allgemein als Abtreibungspille bekannt, senken. In Kombination eingenommen sind die beiden Mittel zu über 90 Prozent effektiv im Abbruch einer Schwangerschaft und erlauben es der Frau, die Prozedur zu Hause durchzuführen. Beide Substanzen stehen auf der WHO-Liste der essentiellen Medikamente.

Während mehrere Nachrichtenquellen vorhergesagt haben, dass die Ausbreitung der Krankheit lateinamerikanische Regierungen zwingen wird, ihre ungerechten und gefährlichen Abtreibungsverbote zu überdenken, betont Gomperts, dass dies nicht der einzige Grund ist, warum Abtreibung sicher und legal gemacht werden muss. „Abtreibung sollte legalisiert werden—nicht wegen Zika, sondern wegen wissenschaftlichen Studien, die wieder und wieder gezeigt haben, dass nur legale Abtreibungen den unnötigen, durch unsichere Schwangerschaftsabbrüche verursachten Toden ein Ende setzen kann."