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I Got It From My Mama: Parvin Razavi

In unserer neuen Serie „I Got It From My Mama“ sprechen wir mit interessanten Personen über Essen und ihre kulinarischen Wurzeln. Den Anfang macht unsere Freundin Parvin Razavi.

Foto: Katarina Balgavy

Neben unseren Lieblingsthemen, die meist eher geistiger Natur sind, essen wir auch hin und wieder gerne. In manchen Streitgesprächen zum Thema „Wo gibt’s die besten Marillenknödel/den besten Schweinsbraten/das beste Kartoffelpüree?“ sind wir meistens zum Schluss gekommen, dass niemand an das Rezept von Oma/Mama oder Papa/Opa auch nur ansatzweise herankommt. Deshalb wollen wir in unseren neuen Serie „I Got It From My Mama“ mit interessanten Personen über Essen sprechen und sie zu ihren kulinarischen Wurzeln, Einflüssen und Vorlieben befragen.

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Den Anfang macht unsere Freundin Parvin Razavi, die einer der Menschen ist, die so viele Dinge gleichzeitig machen, dass wir uns immer wieder wundern, wenn wir sie am Abend beim Weggehen treffen. Während uns ein Redaktionsjob schon dazu bringt, meistens zuhause nur mehr serienschauend Pizza bestellen zu wollen, schafft sie es irgendwie, Chefköchin beim Bio-Heurigen Zum Gschupftn Ferdl zu sein, einen Blog zu führen und für Firmen zu kochen, ein Kochbuch zu schreiben, im Fernsehen aufzutreten, fürs Biorama zu schreiben sowie einen Mann und zwei Kinder zu haben. Dennoch hat sie uns die Ehre erwiesen, uns Rede und Antwort zu stehen und uns ein Rezept für den besten Reis verraten.

VICE: Als du noch ein Kind warst, wer war bei euch in der Familie fürs Kochen zuständig? Gab’s da eine fixe Rollenverteilung?
Parvin Razavi: Ich komme aus einer ganz klassischen persischen Familie, wo die Mama gekocht hat, aber den Fisch hat der Papa gebraten, weil er auch selber fischt. Und für Fleischgrillen im Sinne von Barbecue war auch mein Vater zuständig. Aber alles andere hat sonst schon immer die Mama gekocht. Ich bin ganz von der Küche meiner Mutter geprägt, kann man so sagen.

Alles klar. Und wie wurde das Essen bei euch in der Familie gehandhabt—also wurde es so richtig zelebriert oder war das eher etwas, das man nebenbei gemacht hat?
Nein, da gab’s schon ziemlich fixe Zeiten: um halb 1 hat es Mittagessen gegeben und um 18 Uhr Abendessen. Und auch wichtig: Es gab immer warmes Essen. Meine Mutter hat zwei Mal am Tag gekocht, und das ist etwas, das hab ich mitgenommen. Ich bin niemand, der gern kalt isst am Abend, ich brauche am Abend etwas Warmes.
Und zelebriert—es war einfach so, das wir immer zusammen gegessen haben, dieser Akt des gemeinsamen Essens war vielleicht gar nicht so bewusst, aber doch da. Mittags war mein Papa zwar meist nicht dabei, weil er gearbeitet hat, aber abends war das immer ein gemeinsames Essen.

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Und wie war das am Wochenende? Gab es da etwas Spezielles so wie einen Sonntagsbraten?
Nein nicht unbedingt, aber wir haben fast jedes Wochenende Gäste gehabt und dann wurde halt so richtig orientalisch, mit drei bis vier Hauptspeisen,  Vorspeisen und Salaten aufgekocht. Am Samstag oder Sonntag—vor allem im Sommer haben wir eigentlich immer die ganze Familie getroffen.

Hast du gewisse Essens-Rituale aus deiner Vergangenheit für dich und deine Familie übernommen? Oder hältst du es ganz anders?
Nicht wirklich. Wir versuchen als Familie unsere eigenen Rituale zu machen. In jedem Fall ist mir/uns aber auch das gemeinsame Essen sehr wichtig.
Und an Weihnachten laden wir immer Lonely Hearts zu uns ein, Freunde die keine Familie mehr haben oder alleine wären. Außerdem sind immer meine Brüder dabei, da meine persische Familie keine Weihnachten feiert. Traditionell gibt es nach dem Weihnachtsdinner immer eine riesige Palette an Ziegenkäse und die nächsten Tage wird dann nur noch Käse gegessen bis zum Umfallen.

Die Frage nach einem speziellen regionalen Background hast du ja quasi schon beantwortet. Wurde auch so gekocht?
Das ist aufgelegt, ja, orientalischer und persischer Background. Obwohl, ich muss sagen, meine Mutter hat schon auch probiert, Schnitzel und Pasta zu machen. Pasta kriegt sie bis heute nicht so hin aber in der orientalischen Küche ist sie natürlich eine Expertin. Mittlerweile macht sie auch sehr gutes persisches vegetarisches Essen, weil mein Mann Vegetarier ist. Sie hat alle persischen Gerichte auch schon vegetarisch und teilweise sogar vegan gekocht und das macht sie wirklich super. Das hat mich auch inspiriert bei meinem Kochbuch, weil ich einfach weiß, das die Gerichte genauso gut auch vegetarisch schmecken können, weil sie das schon seit 12 Jahren so macht.

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Wie bist du zum Kochen gekommen? Hast du das von deiner Mama gelernt?
Ich bin schon sehr früh von zu Hause ausgezogen und habe mit der Zeit meine Liebe fürs Kochen entdeckt. Gelernt habe ich es nicht, aber ich hab ein Jahr in Brasilien gelebt und bin mit 19 einige Monate in Asien gewesen. All diese Einflüsse und Erfahrungen haben auch mein Kochspektrum erweitert. Die Liebe zum Orient und meiner persischen Herkunft habe ich aber erst in den letzten Jahren wieder entdeckt.

Gibt’s eigentlich ein Lieblingsgericht, das du als Kind hattest und wenn ja, ist es das noch immer oder hat sich das geändert?
Ein spezielles Gericht? Ich muss sagen, das Spektrum ist natürlich jetzt wesentlich weiter, aber was ich als Kind schon sehr gern hatte und was ich jetzt noch immer liebe, ist Ghormeh Sabszi—das ist dieser persische Kräutereintopf. Und ich hab eigentlich immer gern gegessen, aber ich kann mich erinnern, das ich früher mehr so Ticks hatte, die hab ich jetzt weniger.

Ticks?
Ja, zum Beispiel hab ich nie etwas gegessen, wo Fett dran war oder hab vom Huhn nur die Brust gegessen. Da war ich selektiver; ich bin nach wie vor auf eine gewisse Art noch sehr selektiv aber mein Spektrum hat sich viel mehr erweitert, dadurch dass ich jetzt selber einfach viel mehr kenne als das, was meine Mama gekocht hat.

Foto: Marko Mestrovic

Also du glaubst, man muss für manche Speisen erst einen Geschmack entwickeln?
Auf jeden Fall! Ernährungspsychologisch sagt man, man muss etwas 17 Mal probieren, um sagen zu können, ob es einem schmeckt oder nicht.
Ich finde, Geschmack verändert sich auch. Wir haben am kaspischen Meer gelebt und da war Kaviar Teil der Esskultur. Den mochte ich als Kind bis ich fünf Jahre alt war eigentlich gar nicht. Aber mein Papa hat immer zu mir gesagt, dass ich den essen soll, weil er so gesund für die Augen und das Gehirn ist und so viele Vitamine hatte. Und irgendwann mit sechs Jahren hat’s Klick gemacht und es hat mir geschmeckt. Geschmack verändert sich also durchaus. Obwohl ich muss sagen, Innereien mag ich eigentlich gar nicht, aber ich hab grad letztens unabsichtlich einen Leberaufstrich erwischt und der hat mir überraschenderweise geschmeckt. Aber ich werde trotzdem keine Innereien-Freundin werden, weil sich das ja auch irgendwie im Kopf abspielt. Aber grundsätzlich gibt es eigentlich nichts, das mir gar nicht schmeckt. Obwohl doch: Blutwurst.

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Wie sieht’s bei deinen Töchtern Anahita und Anais aus? Sind die auch so selektiv wie du früher warst oder eher nicht?
Anahita isst eigentlich alles und sehr gerne, das überrascht mich immer wieder, während Anais eher schwieriger ist mit dem Essen und oft sagt: „Wäh, nein mag ich nicht.“ Aber im Vergleich zu vielen anderen Kindern ist sie trotzdem offener, was Essen angeht. Dennoch würde sie vielleicht eher ein Junk Food Kind sein, wenn sie dürfte.

Es heißt ja oft  „Niemand kocht so gut, wie die Mama/Oma oder der Papa/Opa“ Gibt es ein Rezept, das du da weitergeben kannst?
Auf Oma oder Opa kann ich mich nicht so beziehen, weil väterlicherseits habe ich keine Großeltern gehabt und meine Oma mütterlicherseits hat in Teheran gelebt und wir am kaspischen Meer. Der Bezug zu Großeltern hat mir somit immer gefehlt eigentlich.
Es gibt aber ein Familienrezept, das sind so persische Knödel mit Reis und Linsen und in der Mitte ist eine Pflaume. Aber das hab ich noch nie gekocht. Das wär also zu kompliziert hier aufzuschreiben, weil ich selber keine Erfahrung damit hab.

Warum hast du das noch nie gekocht?
Die Rezepte meiner Mutter sind zu schwierig! Aber ich kann euch ein Rezept aus meinem noch unveröffentlichten Kochbuch geben.

Oh ja gerne! Gibt es da schon einen Titel und wann kann man es kaufen?
Ja, es heißt „Vegan Oriental“ und das wird im NeunZehn Verlag im Herbst bei der Frankfurter Buchmesse erscheinen. Das finde ich vom Zeitpunkt sehr gut, weil ich bei diesem Buch eher mit Spätsommer und Herbstzutaten gekocht habe und insofern passt das super. Und irgendwann gibt es dann hoffentlich eine „Vegan Oriental Sommer Edition“ wenn alles gut läuft.
Ich fand es einfach spannend, weil die orientalische Küche abseits von Döner so viel zu bieten hat, und ich hab das Gefühl, dass durch Ottolenghi wieder alles neu entdeckt wird. Es gibt eben irrsinnig viele vegane Rezepte in der orientalischen Küche, weil in der Fastenzeit einfach weniger Fleisch gegessen wird, ohne dass diese Rezepte als vegan gekennzeichnet waren, weil die Leute einfach nicht diesen Zugang hatten. Mir war auch wirklich wichtig, dass ich fast keine Sojaprodukte oder Fleischersatzpunkte verwendet habe.

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Das heißt, beim Barbecue diesen Samstag wird’s eher traditionelles Essen geben und weniger Fake Fleisch?
Ja, das wird ganz speziell weil ich meinen Papa überreden konnte, das er mit mir gemeinsam beim ><> Foodie Days Special ein traditionelles persisches Barbecue macht! Aber natürlich gibt´s auch für meine vegetarischen und veganen Freunde genügend tolle Sachen. Aber halt keine Sojawürstel

Nach der Party am Samstag werden wir wahrscheinlich relativ verkatert sein. Gibt´s ein Essen, auf das du Lust hast, wenn du verkatert bist?
Ja, da hab ich dann interessanterweise Lust auf Fleisch, also Proteine, da verlangt mein Körper dann danach. Aber eigentlich esse ich eh wenig wenn ich verkatert bin. Aber wenn, dann hab ich Lust auf was Stärkeres.

Holst du dir das was vom McDonald’s?
Nein, ich geh da nicht hin beziehungsweise war ich da das letzte Mal vor Ewigkeiten. Dann gehen wir halt irgendwo essen und ich bestell mir Fleisch oder einen Burger, aber halt die gute Variante.

Auf Seite 2 gehts zum Rezept für Gohar Neshan Polo – Juwelenreis –reichlich garnierter Reis mit Berberitzen, Mandeln und Pistazien.

Foto: Arnold Pöschl

Art: Abkesh
Dauer:
1 Stunde Vorbereitung
1 Stunde Garzeit

Zutaten:
3 Becher (etwas 450 g) besten Basmatireis gut waschen und Reis in 1 Liter Salzwasser mindestens 1 Stunde einweichen.
2-4 EL Pflanzenöl
Salz
1 TL Safran, mit 1 Zuckerwürfel im Mörser fein mahlen

Zubereitung:
1.      2 Liter Wasser mit 1 gestrichenem EL Salz zum Kochen bringen.
2.      Eingeweichten Reis abseihen und in das kochende Wasser geben.
3.      Maximal 4-5 Minuten kochen, ab und zu umrühren und dann abseihen.
TIPP: Am besten man macht eine Stichprobe: Der Reis soll fast durch sein, aber noch Biss haben.
4.      Den abgeseihten Reis unter einem kalten Wasserstrahl sofort kühlen, damit er nicht weitergaren kann.
5.      Reis in den Reiskocher oder in einen großen beschichteten Topf leeren und 2 EL Öl darüber verteilen und ganz vorsichtig 2-3-mal umrühren.
6.      Zwischen Topfdeckel und Topf ein sauberes Küchentuch legen und zugedeckt 45 Minuten bis 1 Stunde lang zu Ende garen.
7.      Nochmals etwas Pflanzenöl über dem Reis verteilen und vorsichtig den Reis wenden.
8.      Safran in 50 ml heißem Wasser gut auflösen und einem Teil des Reises damit färben und diesen beiseite stellen.
9.      Den Reis auf einer großen Platte verteilen und abwechselnd im Sternenmuster mit Berberitzen, Rosinen, Mandeln, Pistazien, Orangeschale und Safranreis verzieren.

TIPP: Der Reis soll flaumig und die Körner möglichst lose sein.

Man kann auch den Reis mit der ganzen Nuss- und Fruchtmischung vermischt servieren.

Garnitur:
1 Handvoll: Sultaninen, Berberitzen
50 g Mandelstifte
50 g ungesalzene Pistazien, in Stifte geschnitten
Schale von 3 Orangen
3 EL Zucker
1 Prise Safran
Pflanzenmargarine

1.      Berberitzen und Rosinen separat in einer Pfanne mit Margarine und etwas Zucker 5 Minuten anschwitzen und abkühlen lassen.
2.      Das weiße der Orangeschalenschalen mit einen Messer vorsichtig entfernen und in Streifen schneiden und mit 3 EL Zucker sowie etwas geriebenen Safran in etwa 150 ml Wasser 10 Minuten köcheln, anschließend abseihen und ebenfalls kaltstellen.