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Sex

10 Fragen an eine Bisexuelle, die du dich niemals trauen würdest zu stellen

Welches Geschlecht kann besser lecken? Was können Männer im Bett von Frauen lernen? Hast du ständig Dreier?

A. hat uns gebeten, im Nachhinein ihr Bild zu unkenntlich zu machen und ihren Namen zu entfernen. Obwohl sie selbst zu dem Interview steht, wurde ihr signalisiert, dass sie berufliche Nachteile dadurch haben könnte.

Dieser Post auf Tumblr fasst die Probleme der Bisexuellen ganz gut zusammen: Bisexualität ist, wenn Heteros denken, dass du homo bist, und Homos glauben, dass du hetero bist.

Noch immer gelten Menschen, die sich zu beiden Geschlechtern hingezogen fühlen, als unentschlossene Exoten. Dabei sind es nicht gerade wenige. In der neuesten großen Umfrage zu sexuellen Orientierungen in Europa gaben 8,4 Prozent der deutschen Frauen an, LGBT zu sein, aber nur 3,5 definierten sich als lesbisch. Das heißt, fast fünf Prozent fühlen sich zu beiden Geschlechtern hingezogen—oder definieren sich als transgender. (Laut der Studie definieren sich 6,4 Prozent der Männer als LGBT, 3,1 Prozent als schwul.)

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Auch wenn ein großer Teil der Deutschen auf beide Geschlechter steht, bleiben Bisexuelle häufig gesellschaftlich unsichtbar und sind selten im Fernsehen und auf der Leinwand zu sehen. (Fällt jemanden aus dem Stegreif eine bisexuelle Protagonistin ein, außer Piper in Orange Is the New Black? Und wer weiß schon, wie die Flagge der Bisexuellen aussieht?)

Auch heute noch müssen Bisexuelle gegen Vorurteile ankämpfen: Sie gelten als promisk, können sich angeblich nicht entscheiden, kriegen nie genug. Andererseits werden sie auch ein bisschen beneidet: Ist das Leben nicht viel aufregender, wenn die potentielle Anzahl der Geschlechtspartner doppelt so hoch ist? Und: Dreier in allen möglichen Geschlechterkonstellationen! Wir haben bei A.* nachgefragt. Sie ist 26, Single, arbeitet bei einer politischen Stiftung und schläft mit beiden Geschlechtern, seit sie Teenager ist.

VICE: Welches Geschlecht kann besser lecken?
A.: Frauen, zu fast hundert Prozent. In meinem ganzen Leben habe ich vielleicht nur einen Mann gehabt, mit dem Oralsex auch so gut war. Aber es liegt nicht unbedingt am Talent, sondern daran, dass Frauen, wenn sie von Männern geleckt werden, sich oft nicht trauen, Anweisungen zu geben. Untereinander können wir viel besser über Sex reden.

Was können Männer von Frauen lernen?
Nehmt euch Zeit. Während des Leckens aber auch bevor ihr überhaupt die Zunge zwischen unsere Beine schiebt. Ihr würdet euch so viel Leckzeit sparen, wenn ihr nicht direkt vom Küssen zur Klitoris geht, sondern noch den halben Meter dazwischen bearbeitet. Auch etwas mehr Multitasking wäre schön: Wenn Männer lecken, dann lecken sie eben nur, nebenbei Brüste kneten ist bei ihnen nicht drin.

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Sind Frauen oder Männer besser im Bett?
Ich finde Frauen. Sie wissen, was andere Frauen schön finden und haben ein besseres Körpergefühl. Sie können in der Regel besser küssen und streicheln, der Sex kann sich über Stunden strecken. Das Ganze ist ungezwungener und offener, wo es endet. Aber was Penetration angeht, sind Männer natürlich besser—da kommt kein Spielzeug ran. Wenn ich dieses Rein-Raus lange nicht hatte, sehne ich mich schon danach. Ich würde aber weder auf Schwänze noch auf Brüste verzichten wollen. Ich liebe beides, auch wenn Brüste schöner sind. Bei Männern genieße ich die Bewunderung, Frauen bewundere ich selbst.

Das Klischee sagt: Bisexuelle Frauen schlafen zwar mit Frauen, landen dann aber in bequemen Beziehungen mit Kerlen. Stimmt's?
Ich schlafe mit Männern, seit ich 14, mit Frauen, seit ich 15 bin. Bisher war ich nur mit Kerlen zusammen, aber nur, weil ich nicht die Richtige gefunden habe. Beim Onlinedating suche ich nach beiden Geschlechtern und könnte mir auch vorstellen, mit einer Frau eine Familie zu gründen. Ich bin in einem Kaff in Südbrandenburg aufgewachsen, war aber in einer sexuell sehr aufgeschlossenen Mädchenclique. Wir haben nicht versteckt, dass wir manchmal etwas miteinander hatten. In der Umkleidekabine im Sportunterricht hatten wir immer extra viel Platz, weil die anderen Mädchen einen Bogen um uns gemacht haben. Aber heute sind so gut wie alle aus der Clique verlobt mit Männern oder haben einen Freund. Es stimmt schon, dass der Großteil bisexueller Frauen sich für einen Mann entscheidet, wenn es darum geht, Kinder zu bekommen. Leider ist es für gleichgeschlechtliche Paare immer noch ungleich schwerer und das Adoptionsrecht immer noch ungerecht. Wenn bisexuelle Frauen trotzdem mit einer Partnerin eine Familie gründen, heißt es oft: Sie hätte es auch anders gekonnt. Ich denke, viel mehr bisexuelle Frauen wären mit Frauen zusammen, wenn gesellschaftliche Vorstellungen von Beziehungen nicht so starr wären.

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Sind Frauen oder Männer besser für One-Night-Stands?
Ob ich jemanden mit nach Hause nehme, hängt nicht von seinem Geschlecht ab. Aber generell lässt sich sagen: Mit Frauen ist die Orgasmus-Wahrscheinlichkeit höher, weil der Sex länger geht und nicht zu Ende ist, wenn einer kommt. Aber ich habe häufiger mit Männern geschlafen als mit Frauen. Einerseits sind sie einfacher rumzukriegen. Und zweitens bin ich in meiner Freizeit öfter mit Männern unterwegs.


Auch bei VICE: Homosexuelle heilen - Hinter den Kulissen der sogenannten Reparativtherapie


Kannst du überhaupt treu sein, oder sehnst du dich ständig nach dem Geschlecht, mit dem du nicht zusammen bist?

Ich sehne mich jetzt nicht nach dem "Weiblichen", wenn ich mit einem Kerl zusammen bin, oder andersherum. Aber momentan finde ich für mich Monogamie nicht erstrebenswert. Trotzdem ist es ein Vorurteil, dass Bisexuelle sich nicht festlegen können oder wollen: Die meisten sind in ganz gewöhnlichen monogamen Beziehung glücklich.

Hast du ständig Dreier?
Nein. Es ist schön, wenn sich einer ergibt, aber Dreier sind auch anstrengend. Man muss sich auf zwei Leute konzentrieren und kann sich nur schwer ganz fallen lassen, weil man ständig aufpassen muss, dass alle Beteiligten Spaß haben. Außerdem kann es Gefühle aufwühlen: Wenn drei Singles miteinander schlafen, ist es noch vergleichsweise einfach. Paare sind schwieriger. Viele stellen sich das aufregend vor, kommen mit der Situation aber nicht klar. Und außerdem ist es ziemlich schwer, einen Dreier zu organisieren. Für mich sind sie die Kirsche auf der Sahnehaube. Ich genieße sie, vermisse sie aber auch nicht.

Sind Bisexuelle sexuell unersättlicher als der Rest der Welt?
Die Bisexuellen, die ich kenne, haben schon mehr Sex als der Durchschnitt. Nicht unbedingt, weil sie häufiger mit anderen schlafen, sondern weil der Sex vielfältiger ist. Viele Heterosexuelle kennen nicht die Facetten der Sexualität zwischen Frauen—diesen nicht zielgerichteten Sex, der keinen Start- und Endpunkt besitzt. Also ja, ich würde sagen, dass ich mehr Sex habe—aber nicht, weil ich promisker bin, sondern weil der Sex für mich weitgefächerter ist.

Machst du manchmal mit Frauen rum, um Männer heiß zu machen?
Ich würde niemals mit jemandem rummachen, nur um Blicke auf mich zu ziehen. Da muss schon ein Knistern zwischen mir und der Frau sein. Aber manchmal finde ich es schon lustig zu sehen, wie einfach Männer gestrickt sind. Da müssen sich nur zwei Paar Lippen berühren, schon fällt den meisten die Kinnlade runter. Meine Bisexualität ist aber kein Männer-Köder. Viele Kerle haben auch ein Problem damit, dass ich auf Frauen stehe. Wenn sie mich kennenlernen, denken zwar viele: Oh, heiß, Dreier. Aber dann haben sie ein Problem damit, dass ich mit mehr Frauen geschlafen habe als sie.

Haben Bisexuelle das Beste aus beiden Welten?
Auf keinen Fall. Dass ich auf beide Geschlechter stehe, ist Teil meines Lebens, mit allen Problemen, die es mit sich bringt. Die Gesellschaft ist immer noch sehr verunsichert, was Bisexualität angeht. An Schwule und Lesben gewöhnt man sich in Deutschland langsam, aber Bisexuelle gelten immer noch als komisch und verwirrt. Der Mensch mag Weiß und Schwarz, aber Grautöne verunsichern die meisten. Aber meine Sexualität ist keine Unentschlossenheit, keine Phase. Das hätte man mich mit 16 fragen können. Heute, zehn Jahre später, bin ich sicher, dass sich das nicht groß ändert. Ich habe mehr Auswahl, ja. Aber auch das doppelte Risiko, mich unglücklich zu verlieben.

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