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Beziehung

Wie es ist, beim eigenen Freund Sexismus zu erleben

"Bevor du dir neue Klamotten kaufst, schickst du mir ein Foto davon. Damit ich das absegnen kann."
eine Frau hält ihre Hand in die Kamera und verdeckt ihr Gesicht
Foto: imago | Westend61

Auf Plakaten in der Fußgängerzone werben halbnackte Frauen für Handwerkerfirmen, in manchen Firmen bekommen sie grundsätzlich weniger Geld, und im Club halten einige Typen Besucherinnen für "verfügbar", nur weil sie einen kurzen Rock tragen und zu Beyoncé twerken. In fast jedem Lebensbereich können Frauen sexistisch behandelt werden. Doch während es für manche einfacher ist, einem random Dude auf der Tanzfläche Grenzen aufzuzeigen, ist es in Beziehungen oft viel schwerer.

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Nur weil man sich mit einer Person ein Bett teilt, heißt das nicht, dass sie sich nicht sexistisch äußern kann. Wir haben Frauen gefragt, ob sie Sexismus in der Partnerschaft erlebt haben – und wie sie und ihre Partner damit umgegangen sind.


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Anna, 23

Vor zwei Wochen habe ich auf Instagram ein Bild von meinem Arsch in einer Jeans gepostet. Einen Tag später schickte mir mein damaliger Freund eine Nachricht: "Was soll das?" Darüber hing ein Screenshot aus einer WhatsApp-Gruppe, die er mit neun Kumpels hat. Da mein Ex kein Instagram hat, hatte einer seiner Freunde mein Bild an die Gruppe geschickt. "Hast du deshalb kein Instagram?", fragte er meinen Ex. Dann haben sich einige Gruppenmitglieder darüber unterhalten, warum "Frauen denn so sind".

"Was soll was?", habe ich meinem Freund auf seine Nachricht geantwortet. "Ich bin stolz auf das Bild, also kann ich es posten", schob ich hinterher. Ich habe gekocht vor Wut. Als wir uns zwei Tage später getroffen haben, sprach ich ihn nochmal darauf an. Er rechtfertigte alles damit, dass ich ihn "vorher hätte fragen können". Vorher fragen? Ich habe ihm erklärt, dass ich auf meiner Seite und mit meinem Körper mache, was ich will. Die Beziehung ist mittlerweile vorbei, dafür gab es allerdings andere Gründe.

Julia, 26

Mein Ex-Freund hat immer mit zweierlei Maß gemessen. Bei ihm war es cool, dass er vor unserer Beziehung One-Night-Stands hatte. Bei mir nicht. Und das, obwohl wir uns genau dadurch kennen gelernt haben. Generell kam er nicht damit klar, dass ich vor ihm bereits mit anderen Männern geschlafen hatte. Nachdem wir einen Monat zusammen waren, hat er auch aus diesem Grund schon mal mit mir Schluss gemacht. "Frauen sollten sich nicht so verhalten", hat er gesagt. Dann haben wir uns drei oder vier Monate nicht mehr gesehen. In dieser Zeit hatte ich immer mal wieder etwas mit anderen Männern. Bis mein Ex und ich uns wieder getroffen haben und einen zweiten Anlauf gestartet haben. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Wieder kam er nicht damit zurecht, dass ich während unserer Pause mit anderen Sex hatte. Er dachte, dass ich mit jedem geschlafen habe, den ich auf der Straße grüßte oder bei Facebook anschrieb. Es ging so weit, dass er angefangen hat, mein Handy zu kontrollieren. Einmal ging er ran, als jemand anrief – und es war tatsächlich ein Kerl dran, mit dem ich ein Jahr früher was hatte. Die Beziehung wurde zum Psychoterror. Immer wenn ich nicht ans Telefon gegangen bin, dachte er, ich würde ihn betrügen. Als wir für einige Wochen eine Fernbeziehung führen mussten, habe ich Schluss gemacht.

Im Nachhinein finde ich es erschreckend, wie ich die Situation akzeptiert habe. Ich dachte immer, ich wäre eine starke, unabhängige Frau. Und dann kommt so ein Vollidiot und ich stelle meine Handlungen in Frage: Bin ich wirklich eine Schlampe? Habe ich mit zu vielen Männern geschlafen? Zum Glück habe ich am Ende die Reißleine gezogen.

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Kristina, 25

Meine Beziehung war extrem: Ich durfte nur etwas mit Freundinnen unternehmen, wenn klar war, dass kein Kerl dabei sein würde. Partys waren sowieso tabu. Und Sex musste ich meinem damaligen Freund jeden Tag "geben". Auch wenn ich keine Lust hatte. Aussagen wie: "Bevor du dir etwas Neues kaufst, schickst du mir ein Foto davon. Damit ich das absegnen kann" waren nicht ungewöhnlich. Generell hat er darüber bestimmt, was ich anziehen "darf" und was nicht. Wir haben zwar oft laut und intensiv gestritten, letzten Endes habe ich aber immer wieder nachgegeben. Ich habe ihn geliebt und wollte ihm gefallen. Nach anderthalb Jahren habe ich es dann endlich geschafft, mich zu trennen. So wollte ich mein Leben definitiv nicht mehr führen. Heute würde ich das nicht nochmal zulassen.

Stephanie, 28

Mein Ex-Freund war der Ansicht, ich müsse später als Hausfrau und Mutter zu Hause bleiben. Darüber habe ich herzlich gelacht. Da ich mir ohnehin keine Zukunft mit ihm vorstellen konnte, war es mir damals nicht wert, darüber zu diskutieren. Kurze Zeit später haben wir uns getrennt. Nicht nur deshalb, aber das hat die Sache definitiv noch leichter gemacht.

Lana, 22

Es fing an mit: "An Frauenfüße gehören Stiefelchen, keine Sneaker. Du bist doch kein Junge." Und wenn ich Ausschnitt gezeigt habe, war es meinem Ex zu provokant. Zugegeben, ich hatte damals eine große Oberweite, aber bei 40 Grad im Schatten trägt nun mal jeder Tops. Männerfreundschaften waren absolut tabu. "Ich will das nicht", sagte mein damaliger Freund. "Die wollen was von dir und du kannst dich gar nicht dagegen wehren. Da läuft dann bestimmt was", war seine Argumentation. Ging es aber um seine weiblichen Kontakte, hieß es nur: "Mach dir keine Sorgen, da geht nichts. Sei nicht so eifersüchtig und vertrau mir."

Wenn ich mal eines seiner T-Shirts angezogen habe, war das nicht süß genug, im Gegenteil. "Hier, schau mal, hast du schon das Kleid mit dem Blumenprint gesehen? Das würde dir viel besser stehen." Ich habe immer versucht, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich das innerlich verunsichert hat. Nach jeder Aussage habe ich mich ein Stück ungeliebter gefühlt. Ich hatte oft das Gefühl, ihm nicht zu gefallen. Deshalb habe ich versucht, mir Mühe zu geben und seine Wünsche umzusetzen. Dadurch habe ich mich immer mehr selbst aufgegeben. Die Rolle, die ich dadurch gespielt habe, hat aber nicht zu mir gepasst. Irgendwann war ich noch verunsicherter. Die Beziehung hat nicht gehalten, und das ist auch gut so. Ich will kein Bild erfüllen müssen, damit mich ein Mann als "richtige" Frau sieht. Übrigens: Ich habe aktuell 22 Paar Sneaker in meiner Schuhsammlung. Und ein paar Stiefel.

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