Rap

Ein anonymes Kollektiv fordert, dass GZUZ vom Happiness-Festival ausgeladen werden soll

"Keine Bühne für Sexisten", schreibt die Gruppe "79x0911".
Rapper Gzuz auf einem Konzert
Foto: imago | HMB-Media

"Was hast du gedacht", fragte 2018 Gzuz in seinem gleichnamigen Song. Dasselbe fragten sich anscheinend auch die Mitglieder eines anonymen Kollektivs, als sie hörten, dass der Rapper am Freitagabend beim Happiness-Festival in Straubenhardt in Baden-Württemberg auftreten soll. In einem offenen Brief an die Veranstaltenden forderten sie, den Rapper aus dem Line-Up zu streichen.

"Wir wollen den Auftritt von Gzuz auf dem Happiness Festival 2019 verhindern, damit Sexisten keine Bühne geboten wird", schrieb die Gruppe, die sich "79x0911" nennt, Ende Mai zunächst auf indymedia und wenig später in einer Petition. Wer hinter dem Kollektiv steckt, ist nicht ganz klar: Laut Pforzheimer Zeitung sollen es zehn junge Festivalgänger im Alter zwischen 18 und 25 Jahren sein. "Wir haben eine klare antirassistische, antifaschistische und antisexistische Einstellung", soll ein Sprecher der Gruppe, die anonym bleiben wolle, gegenüber der Zeitung erklärt haben. Mit dem offenen Brief wollen sie keine Sexismusdebatte austragen, schreiben die Verfasserinnen in ihrem offenen Brief. "Fakt ist jedoch, dass sexistische Textzeilen sehr verbreitet sind. Und solange sich die Nachfrage nicht ändert, werden viele Rapper sich wohl nicht zu schade sein, weiter solche Texte zu schreiben."

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Einer dieser Rapper ist Gzuz. Im Mai zeigten VICE-Recherchen, dass Gzuz auf dem Splash!-Festival 2018 eine Frau sexuell belästigt hatte. Er fasste ihr aus einem Fahrzeug heraus an den Po. Die Frau zeigte ihn daraufhin an und im November 2018 wurde Kristoffer Jonas Klauß, wie Gzuz mit bürgerlichem Namen heißt, dafür laut Pforzheimer Zeitung vor dem Amtsgericht Wittenberg zu einer Geldstrafe in Höhe von 4.200 Euro verurteilt.


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Gravierende Konsequenzen für Gzuz seitens der Veranstalter gab es bisher nicht. Zwar tritt Gzuz dieses Jahr nicht auf dem Splash!-Festival auf, dafür soll er bei sechs anderen Festivals auf der Bühne stehen, darunter beim Happiness in der Nähe von Pforzheim. Reicht ein Strafbefehl wegen sexueller Belästigung für die Veranstalter, um einen Künstler aus dem Line-Up zu werfen?

Was für die meisten moralisch eindeutig ist, scheint für die Veranstalterinnen komplizierter zu sein. Auf Nachfrage von VICE möchten sich die meisten zum Fall Gzuz nicht äußern und verweisen auf sein Booking-Team und Management. Andere Veranstalter berufen sich auf finanzielle Verluste und Shitstorms seitens der Fans des Künstlers, die für die Festivals nicht tragbar seien.

Das Kollektiv will die Festivals in die Verantwortung nehmen und fordert von den Veranstaltern "ein klares Zeichen gegen Sexismus" zu setzen. Die Kritik setzt sich nicht ganz durch, zumindest auf dem Happiness: Gzuz wird auftreten. Das bestätigt der Festivalsprecher Philipp Jungk gegenüber VICE. Er habe mit allen Beteiligten das Gespräch gesucht – ohne Erfolg. Weder habe Gzuz' Management geantwortet, noch wollte sich das Kollektiv zu einem persönlichen Gespräch mit Happiness bereiterklären.

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Wäre es nicht möglich, einen Künstler kurzfristig aus dem Line-Up zu streichen? "Unser Booking folgt den Wünschen unserer Zuschauer", sagt Jungk. Eine Umfrage nach dem Festival entscheide zu 80 Prozent, wer im nächsten Jahr auftrete. Die Konsequenz wären viele enttäuschte Fans, die nach dem letzten Event nur wegen Gzuz an der Umfrage teilgenommen und eine Festivalkarte gekauft hätten. Auch finanzielle Einschnitte und rechtliche Schritte wegen Vertragsbruchs fürchten die Veranstalter bei einer Ausladung. "Wir sind ein selbstfinanziertes Festival", sagt Jungk. "Wir haben weder ein Anwaltsteam noch die finanziellen Mittel um uns ein solches leisten zu können."

Jungk sagt, Sexismus müsse in der Gesellschaft bekämpft werden. Dabei nehme er auch weitere Entscheidungsträger in die Verantwortung. "Festivals sind nur ein Blättchen im Sturm. Auch Gesellschaft, Booking und Management tragen Verantwortung an der Wurzel. Festivals sind ein Glied dieser Kette." Trotzdem setzen Festivals mit ihren großen Besucherzahlen ein deutliches Zeichen, für oder gegen Sexismus, indem sie Künstler einladen, die Frauen öffentlich sexuell belästigen oder Polizisten "Heil Hitler" zurufen.

Beim Happiness soll es aber zukünftig einen Backgroundcheck geben: "Wir werden weiterhin die Wünsche unserer Besucher berücksichtigen, aber viel sensibilisierter prüfen, ob die gewünschten Künstler überhaupt zu unserem Happiness passen", sagt Jungk. Und für Gzuz' Auftritt am Wochenende? Gzuz werde sich nicht sehr lange auf dem Festivalgelände aufhalten, sagt Jungk. Was das genau heißt, sagt er nicht.

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