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Bis so guet

Karl Ove Knausi hat nie onaniert

... dafür wichst er sich den eigenen Borderline-Fiction-Erfolg zusammen.

Eigentlich kann ich nicht über die Bücher von Karl Ove Knausgard schreiben, denn eigentlich möchte ich nur mit Karl Ove selbst über sie sprechen. (Was war mit deiner 13-Jährigen? Wieso hast du dir das Gesicht zerschnitten? Wieso hast du nie onaniert? Wieso hast du das der ganzen Welt gesagt? Wieso hast du gesagt, dass du nicht mit deiner Tochter ins Babyturnen gehen magst?

Und ja ganz ehrlich, ich weiss in Norwegen diskutieren sie das in jeder Konzernkantine, aber: Wieso tust du dir das an? Du schreibst dir den Vaterkomplex vom Leib, aber bleibst für immer an ihn gekettet. Kinder berühmter Leute können nicht aus dem Schatten ihrer Eltern treten. Du wirst dafür berühmt, dass du dein Leben an das deines verreckten Trinker-Vaters kettest. Ich weiss, du kochst italienische Pasta nur deiner Frau wegen. Und süffisant-subtil gibst du preis, wie labil sie ist. )

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Ja, die Buchreihe heisst im Original Mein Kampf. Ja, das hat jedes andere Medium im Feuilleton (Ich rede hier von Medien, die sowas noch haben und/oder so nennen.) schon geschrieben. Ja, neben Knausgard selbst muss entweder sein Lektor oder sein Geschichtslehrer etwas zynisch gewesen sein, so dass der draufkommt, sein autobiographisch angelegtes Werk Mein Kampf zu nennen.

Es braucht aber mindestens dieselbe Skrupellosigkeit, die deutschen Übersetzungen mit plumpsten Allerwelt-Ein-Wort-Titeln zu versehen. (Das Buch kommt aus Norwegen. Die Verkaufsformel „Skandinavischer Autor" + „Allerwelt-Alle-Welt-Umarmungs-Titel" hat sich bereits bewährt.) Sterben, Lieben, Spielen, Leben. Band 5 müsste konsequenterweise Plappern heissen.

Aber das Gehetze um den Titel lenkt vom eigentlichen Skandal ab. Knausgard legt in seinem Kampf sein Leben offen, ja auch seine Entscheidungsfindung und—das ist das Strubste: Knausgard beschreibt nicht nur die verpissten Sommerkleider seiner Alki-Verwandten im Detail, sondern breitet auch die bipolaren Phasen seiner Frau aus.

Knausgard zerlegt seine Entscheidungen in Gefühle und seine Gefühle in Affekte und bastelt aus all dem einen Werther, der eher an den Öko-Snacks bei den Geburipartys der Freunde seiner eigenen Kinder verreckt als an irgendwelchen Gefühlen. Keine Ahnung, wie selbstbezogen Knausgard wäre, wenn er noch Twitter hätte. Und natürlich ist sein Stil besser als der von irgendeinem Ghostwriter-Hausi Leutenegger-Bohlen-Irina Beller-Geständnis.

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Im Gegensatz zu Irina Beller (Hello Mister Rich!) will dir Knausgard auch nicht helfen, einen reichen Mann zu finden. Knausgard will dir nicht helfen. Er beschäftigt sich intensiv mit sich selbst, baut sich selbst, überrennt seine Familie mit dem gebastelten Selbst und macht das so widersprüchlich, dass man sich immer noch an das „Fiction"-Signet klammern kann.

Ich will gar nicht so viel über einen Menschen wissen. Ich will, dass das erfunden ist. Aber Knausgard hat 3200 Seiten über sich selbst geschrieben und redigiert. Ich bekomme nur schon Komplexe, wenn ich mir vorstelle, dass er deswegen keine Komplexe hat. Ich liebe ihn dafür, strippe selbst häppchenweise und nehme mir vor, in seinem Alter nicht ganz so gelangweilt zu sein.

Karl Ove, Knausi, Knausgard gehört auf meinen Nachttisch, neben die verwichsten Nastücher (Karl Ove ist es egal, dass ich onaniere. Er hat es selbst nur nie gemacht.) wie sich bei anderen Leuten die Twilight-Bände neben der Anime-Miley Cyrus-Fanfiction stapeln. Sterben, Lieben, Spielen (ist scheisse.) und Leben sind die rote Pille. Die Matrix ist im Kopf.