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Ich war auf der Suche nach dem schlimmsten Restaurant von Graz

Unsere Autorin hat die schlimmsten Grazer Lokale aufgesucht und dabei nicht nur Mücken auf Makis gefunden.
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Graz ist anders. Das war ziemlich schnell klar, als ich diverse Bewertungsseiten und Foren nach schlechten Restaurants durchforstete. Es gab einfach keine schlecht bewerteten Lokale und wenn doch, dann haben die alle schon zugemacht. Man kann also wirklich sagen, dass Graz gegenüber Salzburg, Zürich oder Wien eine komplette Sonderstellung einnimmt. Das ist aber auch kein Wunder, denn zweitgrößte Stadt Österreichs hin oder her, es strömen trotzdem nicht so viele Touristen durch Graz. Ergo gibt es auch keine echten Touristenfallen, wie etwa die Gräfin vom Wiener Naschmarkt.

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Zum Glück sind aber durch Mundpropaganda doch ein paar Lokale zum Vorschein gekommen, die eher enttäuschend als sonst was sind. Trotzdem kann man nicht von allen sagen, dass sie die schlechtesten Restaurants der Stadt sind. Es gibt ja sicher noch ein paar Beisl, über die niemand spricht, weil dort auch niemand hingeht, obwohl es vielleicht eine aufgewärmte Gulaschsuppe mit Broteinlage gibt.

In Begleitung meines Freundes und Bruders, der schon nach dem zweiten Lokal aufgab, habe ich mir also Restaurants angeschaut, in die ihr euch lieber nicht reinsetzen solltet.

Café Asia

Als ich das Café Asia sichtete, fühlte ich mich irgendwie dazu hingezogen. Bei diesen billigen Alu-Tischen auf der wackligen Terrasse musste ich sofort an Familienurlaube am Plattensee denken, wo eben diese Tische mit zigarettengebrandmarkten Gummitischdecken in dottergelbem und windelbraunem 1970er-Blumenmuster in eine gewisse Ostblock-Romantik versprühen.

Auf jeden Fall war ich sehr neugierig und auch ein bisschen geil auf entstellte Lebensmittel. Die wirklich nette Kellnerin, die uns zuerst telefonierend den Rücken zukehrte, dann aber gleich aufsprang, um uns zu bedienen, stellte sich als Besitzerin der Lokalität heraus.

In sehr schwer verständlichem Deutsch erklärte sie, dass irgendwas mit dem Drucker nicht funktioniert hat, weswegen wir die Angebote lieber den Tafeln vor der Tür entnehmen sollten. Retrospektiv weiß ich, dass ich besser die Buttersemmel um einen Euro hätte bestellen sollen, aber damals dachte ich, es sei eine gute Idee, uns einen gemischten Teller von der Chefin zusammenstellen zu lassen.

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Sie hatte die drei Frühlingsrollen, sechs Maki und drei Shrimps ganz appetitlich angerichtet. Aber dieser Typ dachte auch auf den ersten Blick, dass ein gephotoshoppter Harry Styles seine Freundin sei. Erste Eindrücke können eben trügen.

Die Frühlingsrollen tunkte ich in eine sämige Knoblauchsauce, die nicht und nicht haften wollte, aber an sich waren sie OK. Nicht so gut wie die vom Hofer, aber OK. Die Shrimps im Teigmantel schmeckten nach alkoholisiertem Langos-Teig und waren wahrscheinlich ins Frittieröl eingetaucht worden, bevor es richtig heiß war. Das Schlimmste waren aber die Makis. An einem klebte an der Unterseite sogar eine Mücke. Mein Freund aß ein Stück und beschrieb dann das fasrige Krebsfleisch als zehn Mal eingefroren und aufgetaut. Ich steckte die restlichen Makis schnell in eine Serviette und dann in meine Tasche. Wenigstens haben wir zwei Glückskekse bekommen, obwohl mich das auch nicht wirklich aufheitern konnte, denn gegenüber vom Café Asia war irgendein Hipster-Lokal, dessen Berlineske Atmosphäre uns höhnisch auszulachen schien.

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Gösser Bräu

Dieses Grazer Kultlokal war eigentlich die erste Anlaufstelle an einem Tag voller kulinarischer Tiefpunkte, und eigentlich waren wir uns nicht ganz sicher, ob dieses Restaurant nicht ein bisschen Themenverfehlung war. OK, ich hatte von mehreren Grazer Bekannten gehört, dass sie das Bräu schon enttäuscht verlassen hatten und auch die Reviews erzählten zum Teil von mittelmäßigem Essen. Aber da die Atmosphäre (und damit ist vielleicht nicht das Wandgemälde im Vorhof gemeint) im Gastgarten eigentlich ziemlich nett war, erwarteten wir Schlimmes für unser Vorhaben.

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Mein Bruder bezeichnete uns wohl zu Recht als „weirde Gäste", weil wir beim Bestellen noch überhaupt keinen Schlachtplan hatten, wer was zuerst bestellen sollte und deswegen hilflos herum stammelten. Die Kellnerin war dementsprechend distanziert, aber nett. Wir nahmen den Tagesteller mit Paprikahendl und Spätzle und dazu Cola. Nach gefühlten zwei Minuten stand auch schon der gutbeladene Teller vor uns.

Bei den Hühnerstücken war leider kein weiches Brustfleisch dabei. Ich weiß zwar, dass es Geschmacksache ist, aber ich hasse es, Fleisch vom Knochen runter sezieren zu müssen. Also nagte ich ein bisschen das blassrosa Weichteil ab und schlürfte die wahnsinnig salzige Sauce. Mein Bruder gab ebenso nach ein paar Minuten auf und so durfte sich mein Freund den animalischen Instinkten hingeben. In der ganzen Zeit mussten wir auf die Getränke warten. „Das, was man nicht haben kann, will man am meisten", philosophierte mein Bruder vor sich hin, während er gierig den Bierkrügen hinterherschaute.

Schließlich konnten wir das Lokal trotzdem satt und nicht mehr durstig verlassen und mussten (leider) zugeben, dass das Gösser Bräu wahrscheinlich nicht eins der schlimmsten Restaurants von Graz ist. Man kann es eher so beschreiben: Für eine Familien- oder Maturafeier eignet es sich ziemlich gut (auch, weil man da meistens betrunken ist), aber nicht für privates Essengehen (wo man sich gerne erst betrinken würde—das schafft man dank der Wartezeit nämlich eher nicht).

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Azzurro

Das Azzurro hieß bis vor Kurzem El Greco und laut Bewertungen hat sich im Laufe der Jahre die Qualität ziemlich verschlechtert. Wahrscheinlich versuchte der innerstädtische Grieche, mit dem neuen Namen ein neues Image zu kreieren. Ich war noch nicht in Griechenland, aber das Azzurro war genauso eingerichtet wie ich mir die Touristenfallen auf den Inseln vorstellte: Amputierte Statuen, mediterrane Wandgemälde und blauweiße Dekos. Über allem lag ein leicht muffiger Geruch von Omas Wohnzimmer im Hochsommer. Ein bisschen unangenehm, aber auch heimelig.

Nachdem mich der ziemlich große David-Verschnitt beim Händewaschen fast zu Tode erschreckt hat, schauten wir uns die Speisekarte an. Es gab alles: Pizzen, Insalate, Risottos und Meeresfrüchte. Daneben ein paar Spezialitäten wie Moussaka, das gleich bestellt wurde.

Das Moussaka wurde in Begleitung einer meiner verhasstesten Songs serviert: „You had a bad day" von Daniel Powter. Ich weiß, dass das Lokal nichts dafür kann, dass Ö3 auch nach gefühlten 1.000 Jahren noch immer diesen Dreck spielen muss, aber glücklich machte es mich trotzdem nicht. Wieder war das Essen appetitlich angerichtet. Wir bekamen sogar einen zweiten Teller zum Teilen. Der Geschmack war zuerst ganz OK, bis ich bemerkte, dass alles irgendwie gleich schmeckte. In kommunistischer Manier wurden alle Einzelteile des gestapelten Auflaufs mit denselben übertriebenen Gewürzen versehen, so dass ich die Kartoffel nicht vom Faschierten unterscheiden konnte. Auch das Tsatsiki schmeckte genauso salzig, wenn auch mit einem Hauch von Joghurt. „Das ist ein ziemlicher Gatsch", bemerkte mein Freund unglücklich.

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Ähnlich wie beim Gösser Bräu bleibt nur zu sagen, dass es nicht furchtbar ist—aber auch nicht wirklich genießbar. Hätte mich jemand ernsthaft in dieses Lokal zum Essen eingeladen, wäre ich danach ziemlich enttäuscht gewesen.

Pizzeria Sandaniele

Last but not least haben wir dann die absolute Perle des Tages besucht. Ein Restaurant, dessen Äußeres ziemlich genau das Innere widerspiegelt: Eine Mischung aus heruntergekommener Wurschtigkeit und wahrscheinlich wenig investiertem Geld. Über dieses Restaurant gibt es auch keine richtigen Bewertungen, aber ich kannte zumindest die Lokalität von früher, als noch ein 08/15-Chinese drin war. Mein erster Eindruck, dass hier mehr getrunken als gegessen wird, wurde schnell bestätigt.

Nach ein paar Stufen standen wir in dem Keller-Gastraum und erholten uns von dem unglaublichen Schweiß-Gestank des Treppenhauses. Der Besitzer und einzige Mensch im ganzen Lokal gab uns die Speisekarte. Wir waren gemein, ich gebe es zu, aber wir wollten so richtig aus dem Vollen schöpfen. Also bestellten wir Pizza Frutti di Mare—eine Pizza, die auch guten Pizzerien sicher nicht immer so lecker gelingt.

Bevor wir zum Sandaniele gekommen waren, hatte ich zum Glück einen Geistesblitz gehabt und vorgeschlagen, dass wir die Pizza mitnehmen sollten. Damit würden wir der peinlichen Situation entgehen, im schlimmsten Fall die ganze Pizza fast unberührt zurückgeben zu müssen. Während wir also auf die Frutti di Mare warteten, schaute ich mir die Toilette an. Die zwei Sex-Gag-Automaten über dem Klo sahen ziemlich intakt aus. Dafür funktionierte weder die Spülung, noch konnte ich mir erklären, wie jemand den Klopapierhalter dermaßen angezündet haben konnte.

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Mit der Pizza im Schlepptau hauten wir uns vor die Grazer Kunstuni und öffneten die Schachtel. Diesen Geruch, den das heiße Ding verströmte, werde ich wahrscheinlich nie vergessen. Es roch wahrscheinlich wie Cersei Lannister nach ihrem Walk-of-Shame: Fischig (nicht wegen ihrer Muschi, duh), fettig und nach überreifen Tomaten. Wir konnten drei verschiedene Meeresfrüchte identifizieren: Die Shrimps schmeckten nach nichts, die Calamari wie heiße Autoreifen und der Oktopus stank nicht nur fürchterlich, sondern verursachte bei mir fast Brechreiz.

So leid es mir tut, ich kann leider nichts zur Verteidigung dieser Pizzeria sagen. Auch ohne den fragwürdigen Auflagen gab die Pizza nicht viel her. Den Teig hatte man wahrscheinlich beim Hofer gekauft, wo zum Glück gleich eine Sauce mit passierten Tomaten dabei ist. Der Formkäse hatte bestimmt noch nie Milch gesehen, dafür aber sehr viel Fett, das sich durch die Hitze freudig vom gelben Glibber getrennt hatte.

Ich bin kein Fan davon, Essen wegzuschmeißen, aber wenn ihr wüsstet, was das für ein Teufelsding war, dann hättet ihr es auch so leichthändig weggeschmissen wie ich.

Anne-Marie auf Twitter: @MrsHollywood