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Salzburg feiert mit seinen Flüchtlingen

Die Veranstaltungsreihe „Zur schreienden Nachtigall" bietet Sommerkino und Partys für Asylsuchende. Wir haben mit der Initiatorin gesprochen.
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von „Zur schreienden Nachtigall“

Während sich in Traiskirchen die Lage und Not der Refugees immer weiter verschlechtert, dass Amensty International sogar von einer Massenobdachlosigkeit spricht und das Lager prüfen will, während Landeshauptmann Erwin Pröll einen Aufnahmestopp angekündigt hat, werden in der Stadt Salzburg die Flüchtlinge von einer Gruppe engagierter Menschen mit offenen Armen empfangen.

Eigentlich ist die Veranstaltungsreihe „Zur schreienden Nachtigall" im Salzburger Künstlerhaus ein ganz normales Sommerkino bei freiem Eintritt. Eigentlich. Denn das Publikum ist anders als anderswo. Hier sitzen Geflüchtete neben Dagebliebenen und Syrer tanzen mit Somaliern, Iraker mit ÖsterreicherInnen. Es wird gemeinsam filmgeschaut und danach ordentlich gefeiert.

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Mit ihrem Gemeinschaftsprojekt haben das Musikfilm-Festival-Kollektiv MY Sound Of Music und das Kunstkollektiv Bureau du Grand Mot es dennoch geschafft, aus etwas ganz Normalem etwas ganz Besonderes zu machen. Geboten wird ein „ungewöhnliches Film- und Musikprogramm, das aktive Regeneration, niveauvolle kulturelle Unterhaltung und die Nutzung öffentlichen Raumes in der warmen Jahreszeit verbinde", so das Selbstverständnis.

Die Vernetzung mit den Flüchtlingen im Zeltlager Alpenstraße war eigentlich gar nicht von Anfang an geplant. Nach einem Besuch im Lager war für Selina Nowak von MY Sound Of Music aber klar, dass etwas getan werden muss. „Kurz vor dem Start der Festivalreihe bin ich mit einem Kollegen ins Zeltlager, um mir selber ein Bild zu machen", erzählt sie.

„Damals war die Situation sehr schlimm, weil es mit der Essens- und Kleidungs- und Deckenversorgung Probleme gab. Da ich Arabisch spreche, waren wir bald umringt und wurden in die Zelte eingeladen. Danach war uns klar: Wir müssen etwas tun."

Entstanden ist dann zuerst eine Sammel- und Spendenaktion via Facebook, an der sich über 300 Menschen beteiligten. Danach kam die Idee einen Teil der Einnahmen durch das Sommerkino für die Flüchtlinge zu investieren. Von den Einnahmen konnten dreisprachige Lehrunterlagen für Deutschkurse gedruckt und an die Flüchtlinge verteilt werden. Mit den Einnahmen der letzten Veranstaltung sollen nun Fußbälle und Spielkarten gekauft werden und beim sonntäglichen Refugees-Welcome-Picknick im Volksgarten zum Einsatz kommen.

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Den OrganisatorInnen im Künstlerhaus geht es aber weniger um die materielle Unterstützung der Flüchtlinge, als darum, ihnen eine Abwechslung zum Zeltlager zu bieten. „Von Anfang an habe ich für unsere Veranstaltungen extra Werbung im Zeltlager gemacht. Damit die Jungens mal raus kommen und die SalzburgerInnen auch mal welche kennenlernen", erzählt mir Selina.

„So fangen auch Leute, die bislang noch nicht mal was vom Syrienkrieg mitbekommen haben—und ja, die gibt es!—an, über ihren Horizont zu denken." Das kommt an. Zumindest schreit mir Ahmed im Laufe des Abends mehrmals ins Ohr: „Geile Party! Thank you for beeing here!"

„Zur schreienden Nachtigall" hat spannende Filme, gutes Essen, geile Musik und liebe Leuten, die vor allem die Lust zum Tanzen verbindet. Und die Veranstaltungsreihe funktioniert ohne Charity-Feeling oder politische Losungen. „Wir sind keine explizite Charity-Veranstaltung", sagt Selina.

„Wir sind der Meinung, dass alle Kulturveranstalter ihre Häuser öffnen sollten und dass alle Menschen auf die Neuankömmlinge zugehen sollten. Wir machen einfach das was wir gut können: Coole Festln schmeissen und gutes Kulturprogramm bieten. Und das für alle Menschen."

Die nächste Party steigt übrigens bereits am Dienstag und wird vorerst leider die letzte sein. Ob es auch im Herbst damit weitergeht, ist noch offen, Interesse besteht aber sowohl bei den VeranstalterInnen, als auch den Partygästen. Denn wer will nicht einmal eine Party feiern, deren Motto lautet „I'm a great pure born turd"?