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Verrückte Hobbys

Dieser Typ sammelt handgemachte Gefängnis-Stichwaffen

Wir wollten natürlich wissen: Warum!?
Fotos: bereitgestellt von Artisanal Prison Shanks

Messer zu sammeln, scheint eine beliebte Freizeitbeschäftigung zu sein. Durch eine schnelle Google-Suche stößt man direkt auf mehrere Foren, in denen sich die User angeregt über ihr Hobby unterhalten. Die meisten Sammlern stehen anscheinend auf ästhetische, qualitativ hochwertige oder besonders seltene und alte Messer.

Anders ist das bei "Artisanal Prison Shanks", einem Instagram-Profil mit Fotos von sehr rudimentären Stichwaffen. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um sogenannte "Shanks", also von Gefängnisinsassen heimlich gebastelte Ansichtskarten aus Solingen. Hier sind angespitzte Bleistifte, Zahnbürsten und Holzstäbe an der Tagesordnung. Und wer Breaking Bad geschaut hat, weiß genau, wie ein Angriff mit solchen Gerätschaften aussieht.

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Um herauszufinden, warum man lieber solche "trashigen" Stichwaffen anstatt hübsch glänzende Messer sammelt, habe ich mich mit dem Verantwortlichen hinter Artisanal Prison Shanks unterhalten. Aus offensichtlichen Gründen wollte er lieber anonym bleiben.

VICE: Warum machst du das?
Artisanal Prison Shanks: Ich habe mich schon immer für Shanks interessiert. Ich finde sie ästhetisch, weil die Insassen sie wegen ihrer bloßen Funktionalität bauen und dabei auf die Materialien zurückgreifen, die eben da sind.


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Befürchtest du, dass dich die Leute für einen gewalttätigen Verrückten halten?
Natürlich. Ich mache mir ständig Sorgen und deswegen muss ich mich hier auch so bedeckt halten. Das ist mein dunkles Geheimnis. Ich verstehe auch, wie man mich wegen dieser Sache für einen Psycho halten könnte. Ich meine, so etwas würde man ja nicht in die Tinder-Biografie schreiben.

Wie fing deine Sammelleidenschaft an? Warst du selbst schon mal im Gefängnis?
Nein, nie. Aber ich weiß noch, wie ich durch eine Dokumentation aus den 90ern von Shanks erfuhr. In den USA habe ich eine solche Waffe bei einem Flohmarkt dann zum ersten Mal in echt gesehen. Ich stehe schon seit jeher auf volkstümliche Outsider-Kunst und deshalb waren diese Teile für mich schon immer skulpturelle Kunstwerke.

"Das ist jetzt wohl der falsche Zeitpunkt zu sagen, dass ich Pazifist bin."

Wie viele Messer besitzt du?
In meiner persönlichen Sammlung befinden sich fünf. Die habe ich nach dem Vorbild von richtigen Shanks selbst gebaut. Damals in den USA besaß ich noch sechs mehr, aber die durfte ich nicht mit zurück nach Großbritannien nehmen.

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Wie sieht es mit der gesetzlichen Lage aus?
In Großbritannien darf man bestimmte Messerarten weder kaufen noch verkaufen. Shanks fallen hier in die Kategorie der "getarnten" Messer. In den eigenen vier Wänden darf man solche Waffen in einem künstlerischen Rahmen jedoch besitzen – solange man sie nicht mit nach draußen nimmt. Und das trifft bei mir ja zu. [In Deutschland fallen Shanks im Waffengesetz unter die Waffen, die komplett verboten sind: "Hieb- oder Stoßwaffen, die ihrer Form nach geeignet sind, einen anderen Gegenstand vorzutäuschen, oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind"]

OK. Hast du einen Favoriten?
Ich mag vor allem die, die aus Alltagsgegenständen bestehen. Zum Beispiel Zahnbürsten-Shanks. Jeder Gefängnisinsasse besitzt eine Zahnbürste und kommt wahrscheinlich irgendwie an ein Feuerzeug oder Streichhölzer ran, womit man ein solches Shank bauen kann.

Ist diese einfache Bauweise auch der Grund, warum du Shanks so magst?
Ja, ich stehe total auf das Handwerk dahinter. Die Insassen können ja nur auf die Materialien zurückgreifen, die sie in ihren Zellen und im Gefängnis finden. Dieser Einfallsreichtum ist beeindruckend. Ich habe sogar schon Gerüchte gehört, dass jemand eine Stichwaffe aus Lutschbonbons gebaut hat. Darauf kommt man auch nur, wenn man den ganzen Tag hinter Gittern sitzt. Kreativität ist der Schlüssel.

Mit Shanks werden Menschen schwer verletzt oder gar getötet. Stört dich dieser Umstand nicht, wenn du diese Waffen so ausstellst? Oder hat die Gewalt für dich etwas Schönes?
Das ist jetzt wohl der falsche Zeitpunkt zu sagen, dass ich Pazifist bin. Ich kann verstehen, dass manche Leute Shanks cool finden, aber ich tue das nicht. Wie gesagt, ich schätze sie als Kunstobjekte.

Was hast du in Zukunft mit deiner Sammlung vor?
Ich hoffe, ein paar Teile verkaufen zu können, um Geld für Gefängnisstiftungen zu sammeln. Viele Gefängniskunstwerke werden doch teuer verkauft. Vielleicht erkennen die Leute auch irgendwann die künstlerische Schönheit von Shanks.

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