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Deutschland 2017

Ein Typ, der sich "AfD-Totenkopfstandarte" nennt, bedroht Satiriker Shahak Shapira

Und hat es auch auf dessen Familie abgesehen.
Foto: Screenshots von Facebook und Twitter (bearbeitet von VICE)

"Du miese Judensau", beginnt eine Hassmail an den israelischen Satiriker Shahak Shapira, die er am Mittwoch auf Twitter teilte. "Vielen Dank, dass du unsere Facebookgruppe kompromittiert hast. (…) Mit der selben Akribie wird jetzt deine Rattenfamilie kompromittiert", heißt es darin weiter. Anschließend listete der Verfasser Adressen und Telefonnummern von Shapira und seiner Familie auf.

"Die Daten in dem Schreiben sind alle zum Glück nicht mehr aktuell", sagt Shapira im Gespräch mit VICE. "Aber es sind Adressen und Nummern, die man nicht im Internet finden kann." Das sei mehr als nur eine antisemitische Drohung. "Ich selbst habe wenig Angst", sagt der 29-Jährige. "Es stört mich nur, dass sie meine Familie da mit reinziehen."

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Die Anspielung in der Hassmail bezieht sich auf 31 geheime Facebook-Gruppen aus dem AfD-Umfeld, welche die Satirepartei Die PARTEI gekapert hatte. Vor knapp drei Wochen hatte Shapira die Aktion als "Reichspropagandaleiter" der Partei, wie er sich selbst bezeichnet, in einem Video öffentlich gemacht und landete damit einen viralen Hit.

Der israelische Künstler lebt seit seinem 14. Lebensjahr in Deutschland und kennt sich mit Hassbotschaften aus. Anfang August sprühte er rassistische Aussagen, die Menschen auf Twitter gepostet hatten, vor die deutsche Zentrale des Unternehmens, weil es diese nicht löschte, obwohl er sie gemeldet hatte. Der antisemitische Hass und die Drohungen gegen den israelischen Künstler haben sich seit der Veröffentlichung des Videos zu den gekaperten Facebook-Gruppen noch weiter gehäuft. "Es haben Leute bei meiner Agentur angerufen, die meine Mutter verbrennen wollten", sagt Shapira. "Falsche Journalisten haben sich bei ehemaligen Kollegen gemeldet, um Sachen über mich herauszufinden." Zudem hätten zahlreiche Social-Media-Nutzer seine Profile massenhaft gemeldet. "Andere Leute haben Fake-Profile von mir angelegt, um mich als Vergewaltiger und pädophil zu diffamieren. Das ist alles in den letzten Tagen passiert."

Die nun von ihm geschwärzte und auf Twitter gestellte Hassmail hat Shapira mittlerweile zur Anzeige gebracht. Wer hinter der Nachricht steckt, ist aber noch unklar.

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Absender der Mail soll die "AfD-Totenkopfstandarte" sein. Der Begriff passt in den antisemitischen Ton der ganzen Mail und stammt aus der Zeit des Nationalsozialismus. Die SS-Totenkopfstandarten wurden von der NSDAP hauptsächlich für den Wachdienst in den Konzentrationslagern eingesetzt. Ob die anonymen Absender der Mail tatsächlich Verbindungen zur AfD haben, ist jedoch unklar.


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"Ich kann nicht beweisen, dass das von Leuten der AfD ist", sagt Shapira. Doch in der Vergangenheit geleakte Chats und Mails der AfD würden nicht sonderlich von dem abweichen, was er erhalte. "Es ist problematisch, dass das im Namen einer Partei gemacht wird, die jetzt als drittstärkste Kraft in den Bundestag einziehen könnte."

Was ihn besonders frustriert: Er kann es nicht direkt verhindern. Denn der Israeli darf wie alle ohne deutschen Pass nicht wählen. "Mich wurmt es, dass ich über zehn Jahre in diesem Land lebe, ein deutsches Abitur gemacht habe und Steuern zahle, aber nicht wählen darf", sagt er. Anfang des Jahres habe er vergeblich versucht, vor der Wahl die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. "Als ob man beim Pokern die Chips bezahlt und dann jemand anderes damit spielt."

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