Wegen Trump stehen einige Spieler des Iran zur WM barfuß da
Iranische Fans empfangen ihre Spieler in Moskau. Da tragen sie noch alle Schuhe | Foto: Mikhail Japarizde | imago 

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Fußball-WM 2018

Wegen Trump stehen einige Spieler des Iran zur WM barfuß da

Sponsor Nike will keine Schuhe nach Russland fliegen. Dahinter könnte Angst vor 20 Jahren Knast stecken – oder Kalkül.

Es gibt unappetitliche Legenden darüber, was Fußballer früher mit ihren Schuhen gemacht haben, damit diese schneller gut sitzen. Es galt als Geheimtipp, vor dem ersten Tragen in seine eigenen Schuhe zu schiffen. Dadurch soll das Leder weich werden und sich ideal dem Fuß anpassen. Weniger schmerzfreie Sportkameraden haben versucht, den gleichen Effekt mit gewöhnlichem Wasser zu erzielen. Das ist weniger ekelhaft, klappt dafür aber auch nicht so gut. Kurzum: Fußballer sind auf Schuhe angewiesen, die perfekt passen.

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Die Nationalelf des Iran hat weniger als eine Woche vor Beginn der WM aber richtig Ärger um die Treter seiner Spieler. Sponsor Nike hat sich geweigert, den Spielern Schuhe nach Russland zu schicken und diese Entscheidung mit den US-Sanktionen gegen den Iran begründet. Die Sanktionen haben die USA eingeführt, nachdem Präsident Trump Anfang Mai den Atomdeal mit dem Iran aufgekündigt hatte. 2014, also noch vor diesem 2015 geschlossenen Deal, galten übrigens auch US-Sanktionen gegen das Land, aber da lieferte Nike noch problemlos.


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Das US-Finanzministerium, verantwortlich für die Durchsetzung von Sanktionen, kann 20 Jahre Gefängnis und bis zu eine Million Dollar Strafe gegen Personen fordern, die gegen die Sanktionen verstoßen. Warum Nike all das weniger als eine Woche vor Turnierbeginn aufgefallen ist, bleibt unklar.

Nur einige Spieler des Iran werden von Nike ausgestattet, deshalb leihen sich die Barfuß-Spieler nun die Ersatzschuhe ihrer Kollegen, was aber natürlich problematisch ist, da sie sich so nicht in ihren richtigen Schuhen einspielen können. Irans Trainer, der Portugiese Carlos Queiroz, gab sich extrem sauer über die Schuh-Posse. Er hatte schon zuvor beklagt, wie schwierig die WM-Vorbereitung für sein Team sei, da kaum eine Nation Freundschaftsspiele gegen den international nun wieder isolierten Iran austragen wolle.

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Nikes ewiger Rivale Adidas liefert übrigens weiter Sportausrüstung an den Iran. So wird auf sportlicher Bühne ein weltpolitischer Konflikt sichtbar. Denn die EU-Staaten wollen den Atomdeal mit dem Iran fortführen und wehren sich gegen Forderungen der Trump-Administration, Iran wieder wirtschaftlich zu isolieren.


Adidas liefert weiter Schuhe an den Iran. Nike nicht | Foto: Sergej Bobylev | imago

Im Fußball-Kosmos kursiert wegen der Schuh-Posse nun wieder eine Story von 1950. Damals soll Indien nicht zur WM nach Brasilien geflogen sein, weil kurz vor dem Turnier eine Schuhpflicht eingeführt wurde. Dabei hatten die Inder in den Jahren davor die Fußballwelt überrascht und barfuß recht starke Spiele gegen europäische Nationen geliefert, beispielsweise bei den Olympischen Spielen in London nur 1:2 gegen Frankreich verloren.

Die regelwütige Fifa setzte dem indischen Fußballmärchen ein jähes Ende, so geht die Legende. Neue Nachforschungen von Sports Illustrated haben aber gezeigt, dass die Inder damals nicht zur WM geflogen sind, weil sie die Bedeutung des damals noch nicht allzu globalen Ereignisses unterschätzt haben. Indien wird dem asiatischen Nachbar Iran also nicht als positives historisches Beispiel schuhloser Glanzleistungen dienen können. Noch haben die Spieler ja aber ein paar Tage Zeit. Vielleicht verbringen sie einen Teil dieser Zeit in Sportgeschäften.

Ergänzung (13.6.2018): Eine deutscher Nike-Sprecher zeigte sich einen Tag vor WM-Beginn von dieser Nachricht überrascht und versicherte, dass die iranischen Spieler, die von der Firma ausgerüstet werden, "natürlich weiterhin jede Möglichkeit haben, Nike-Schuhe zu tragen". Die Aussagen von Firmenvertretern, wonach US-Unternehmen keine Waren in den Iran liefern dürften, würden zwar zutreffen, allerdings unterhalte Nike zu den iranischen Spielern "keine Kaufbeziehung".

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