Der Gefängnisinsasse Dany kocht gerne
Dany kocht hinter Gittern | Alle Fotos: Instagram
Menschen

Dieser Häftling macht übles Gefängnisessen genießbar

Dany kocht in seiner Zelle fast alles – vom Schokokuchen bis zum Brathähnchen.
Pierre Longeray
Paris, FR

Stell dir vor, man würde dir jahrelang jeden Tag das gleiche fade Essen vorsetzen. Gulaschmatsch. Trockener Salat. Schrecklich? Für viele Gefängnisinsassen ist das die bittere Realität. Auch für Dany.

Dany sitzt derzeit im Norden Frankreichs wegen Schmuggels hinter Gittern und heißt eigentlich anders. Der Häftling wollte sich einfach nicht mit der kulinarischen Tristesse abfinden und hat sich deshalb eine provisorische Küche in seiner Zelle eingerichtet. Und damit kann er sich fast jedes Gericht zaubern – egal ob Schokoladenkuchen oder Brathähnchen.

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Seine ungewöhnliche Kochkarriere hält Dany bei Instagram fest und hat schon über 17.000 Follower. Diesen Erfolg erklärt er damit, dass die Leute durch ihn sehen könnten, wie es im Knast abgeht. Außerdem mache ihn sein Optimismus sympathisch: "Ich beschwere mich nie und nehme einfach alles so, wie es kommt. Ich halte mich fit, ich bin in den sozialen Medien aktiv und – am allerwichtigsten – ich koche."

Wir haben uns mit Dany über das Kochen, improvisierte Öfen und die Bedeutung von Essen hinter Gittern unterhalten.


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VICE: Hast du erst im Gefängnis deine Leidenschaft fürs Kochen entdeckt?
Dany: Nein, ich habe schon immer viel gekocht. Als Kind stellte ich meiner Mutter in der Küche ständig Fragen und wollte alles verstehen. Sie kochte alles, egal ob marokkanisch, französisch oder italienisch. Später habe ich mir viel von einer beliebten französischen Koch-Website abgeschaut. Vor meiner Haft bereitete ich oft Essen für meine Freunde und Familie zu. Hier drin ist es ähnlich: Wenn ich einen Zellenkumpanen habe, koche ich für ihn.

Weil das Gefängnisessen nicht schmeckt?
Das ist der letzte Scheiß. Wenn ich keine Wahl hätte, würde ich es schon essen, aber zum Glück unterstützen mich meine Freunde und meine Familie jeden Monat mit etwas Geld. So kann ich im kleinen Gefängnismarkt Lebensmittel einkaufen. Und wenn ich mal pleite bin, besorge ich mir Lebensmittel aus der Kantine und zaubere mir daraus etwas. Ein bisschen Gemüse mit Knoblauch, dazu schnell eine Soße gemacht. Fertig. Letztens habe ich sogar eine Schokoladentarte gebacken. Weil mir kein Ofen zur Verfügung steht, musste ich da etwas improvisieren.

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Danys Version einer Schokoladentarte

Wie funktioniert dein Gefängnisofen?
Ich nehme einen Topf, decke ihn mit einem umgedrehten Topf ab und stelle das Ganze auf meinen Induktionsherd. Klappt echt gut. Ich habe so schon Pizza, Brot, Tajine und sogar ein Brathähnchen zubereitet.

Wie sieht es mit anderen Küchenutensilien aus?
Töpfe und Pfannen bekomme ich im Gefängnismarkt. Leider gibt es dort aber nur abgerundete Messer. Manche Insassen schmuggeln auch normale Messer rein, aber wenn sie dabei erwischt werden, bedeutet das automatisch mindestens ein Jahr mehr Haft. Dieses Risiko würde ich nie eingehen.

Sind im Gefängnismarkt alle Zutaten verfügbar, die du brauchst?
Dort gibt es frisches Obst und Gemüse im Kilo, halal Lebensmittel, Fleisch, Milch und Süßigkeiten. Manche Sachen sind nicht erlaubt, zum Beispiel Hefe, weil man damit alkoholische Getränke herstellen könnte, oder verschiedene Gewürze, mit denen man Schaden anrichten könnte. Die Aufseher wollen nicht, dass man ihnen Pfeffer in die Augen pustet. Als ich noch in U-Haft war, schmuggelte ich meine Gewürze aber immer über den Besucherraum ins Gefängnis.

Küchenutensilien im Gefängnis

Danys Küchenutensilien

Gibt es etwas, das du besonders vermisst?
Gutes Rindfleisch. In der Kantine komme ich zwar manchmal an etwas Hühnchen, aber das ist immer viel zu trocken.

Hast du schon einen Klassiker, den alle lieben?
Hier ist meine Pasta mit Tomatensoße besonders beliebt. Ich schneide die Tomaten klein, gebe etwas Tomatenmark, ein bisschen Knoblauch und eine gewürfelte Zwiebel hinzu. Das Ganze brate ich in der Pfanne an und füge anschließend Thunfisch hinzu. Typisch für die französischen Gefängnisse ist sonst noch das Gebäck, das wir jeden Sonntag nach dem Mittagessen bekommen. Da prügeln sich die Insassen manchmal sogar drum.

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Danys Gefängnisausweis

Hast du dich inzwischen als guter Koch etabliert?
Na klar. Manche Insassen bringen mir sogar Lebensmittel vorbei und bitten mich, ihnen etwas zu kochen. An manchen Nachmittagen gehe ich nicht raus in den Hof, sondern mache meinen Kumpels etwas zu essen.

Warum ist gutes Essen im Gefängnis so wichtig?
Weil man durch das Essen gesund bleibt und sich gut fühlt. Am Anfang meiner Haft habe ich außerdem richtig viel trainiert, also musste ich auch viel essen. Zudem ist Essen hinter Gittern ein Statussymbol: Wer gut isst, hat Geld.

Dany bereitet im Gefängnis eine Tarte Tatin mit Obst zu

Was kannst du besonders gut zubereiten?
Tiramisu, mein Lieblingsdessert. Abends gibt es nach einem Joint nichts Besseres. Das Problem ist bloß: Für ein Tiramisu braucht man Mascarpone, aber da komme ich hier nicht ran. Deswegen nehme ich Crème fraîche und vermische das Ganze mit Joghurt, Zucker, einem Eigelb und etwas geschlagenem Eiweiß. Nach 24 Stunden im Kühlschrank hat die Mischung die richtige Konsistenz und ersetzt den Mascarpone. Für das Löffelbiskuit weiche ich dann Madeleines in Kaffee ein.

Dany serviert hinter Gittern Pasta mit Tomatensoße

Und wenn es herzhaft sein soll?
Dann mache ich eine Tajine mit Backpflaumen. Dieses Gericht ist recht einfach zu kochen, so lange man die marokkanische Gewürzmischung Ras el-Hanout hat. Die ist essenziell. Dann noch etwas Kreuzkümmel, angebratene Zwiebeln, Hühnchen, Kartoffeln und die Backpflaumen. Als Vorspeise serviere ich dazu normalerweise einen einfachen Salat mit Mais und mediterranem Dressing aus Olivenöl, Zitronensaft und etwas Senf.

Willst du nach deiner Haftstrafe irgendwo als Koch anfangen?
Ich glaube, ich bin zu faul, um wirklich in einer Restaurantküche zu arbeiten. Ich will einfach nur gut essen.

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