Hat irgendwer schon Lincoln gesehen und kann mir wer beantworten ob der ehrliche Präsi lächerlich ergreifend oder ergreifend lächerlich ist? Und hat Spielberg mit Recht sein goldenes Regie-Männchen gegen eine Hospiz-Cam verloren?

Leute wie Kino-Kritiker Armond White leben ja davon völlig unzusammenhängend einen Film gegen einen anderen auszuspielen, mit Wahnsinnsaussagen wie: Taken 2 und Ghost Rider 2 sind bessere Filme als Zero Dark Thirty und Django Unchained. Ohne Scheiß! Mit solcher professionellen Trollerei gebe ich mich gar nicht erst ab … oder wollt ihr wirklich wissen welcher der beiden heutigen Bunkerfilme meiner Meinung nach der bessere ist?

Ich bin seit kurzem vom Urlaub zurück und nicht mal im Flugzeug hatte ich so wenig Beinfreiheit wie im Saal C vom Haydn Kino. Das war alles egal beim ersten Close Up von Joaquin Phoenix, der sich von seinem inszenierten Nervenzusammenbruch 2008 samt gescheiterter Rap-Engagements bei einem geschockten P Diddy gut erholte (siehe den Affleck-Kleinkinderstreich I'm still here). Die Schauspielkarriere vom Nagel geholt hungerte er sich für The Master zum Alchemisten-Alkoholiker. Haltung und Rolle des Bruderlosen sind saugenial. Es lebe der Farbverdünner, Prost!

Nach anbetungswürdigen Momenten mit Heiland Hoffmann check auch ich als Zuschauer endlich, dass der Typ ein Sektenguru ist, irre wie L. Ron Hubbard und ein Gehirnwäscher feinster Sorte, ganz in einer urigen Scientology-Manier. Er hält sich den unvorsehbar manischen Alki-Character (Phoenix) als Studienobjekt, als nächstes Bekehrungsopfer "for the Cause" und letztlich als wilden Kampfhund an der Leine. Diese "Herrchen und Köter" Analogie gefällt mir, mein Mädchen verzieht im Bezug darauf nur halbbegeistert das Gesicht. Der Meister und das Tier.

Von eben jenem will sich der - sich selbst über jede Wissenschaft stellende - Kultpatriarch abheben und schickt dabei seinen Lieblingsköter Stöckchen holen. Dumm und versoffen bedeutet aber nicht geistig leichter beeinflußbar - da wird der sexkranke Saufsoldat unterschätzt.

The Master ist ein edles Mehrgängemenu von einem Film und wir waren definitiv in der richtigen Stimmung dafür. Wer fritiertes Käsekrainer-Kino präferiert sollte sich nicht quälen damit. Philipp Seymour Hoffmann und Joaquin Phoenix schütteln sich diese Glanzrollen mit so einer unglaublichen Leichtigkeit aus dem Ärmel, dass ich vor Begeisterung Synedoche New York schauen wollte und wieder einmal nicht verstehen. Schmuggelt euch Ottakringer-Radler in den Saal und lasst die verzweifelte, 50er Jahre Tiefenpsychologie auf euch herniederprasseln, dass ihr dann auch die eigene Tante ficken wollt. Aber ich habe schon zu viel verraten.

Ich bin gerade heimgekommen vom Kino und versuche mit einem eigenartigen Zen-Gefühl die letzten Popcorn-Schalen aus meinen Zahnzwischenräumen zu züngeln. Peter redet von Gretels Arsch und Ausschnitt und ich nicke (siehe Gemma Arterton in Three and Out). One-Sentence-Review: Hänsel & Gretel: Witch Hunters war gar nicht mal so Scheiße!

Der rezeptpflichtige Troll für solche Art Film war echt erfrischend. Eine selbstgemachte Latexmaske anstatt dem gewohnten CGI-Abturner. Peter meinte, weil der Affenmann Edward heißt, dass das eine Referenz und Insider-Witzlei auf die Kosten der Twilight Saga ist. Ist Jeremy Renners Gesicht eigentlich auch von dem Practical Effect Team gebastelt? Den Typ hab ich mal interviewt, fällt mir gerade ein.

Klassische 90ies Story, die schön geradeaus geht wie Muttis Panzer und sich selbst keineswegs zu ernst nimmt. Ich habe mich über die Walpurgismetzeleien und das zwischen den Bäumen gespannte Stahldrahtnetz zur Besenreiterzerteilung sehr gefreut.

Auch ist ein unterschwelliger Aufruf hineininterpretierbar: Scheißt auf Vampire, Hexen sind der neue Harlem Shake. Mit viel Blut, Headshots, Headstomps, Fucks, sexy Hänsel und Gretel hängt sich der Film etwas auf dem "Nicht jungendfrei" auf, aber warum nicht. Ich habe mir lediglich erwartet, dass diese offensichtlich eins zu eins Grimm-Adaption besser wird als Abraham Lincoln - Vampire Hunter. Erwartung erfüllt.

Josef auf Twitter: @theZeffo