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I Got It From My Mama: Habern

Wenn ihr in den letzten Jahren gute Burger gegessen habt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, das ihr auch bei dem ein oder anderen Habern dabei wart. Wir haben uns mit den zwei Masterminds dahinter über ihre Einflüsse, Fried Chicken und ihre...

Foto: Nicola von Leffern

Neben unseren Lieblingsthemen, die meist eher geistiger Natur sind, essen wir auch hin und wieder gerne. In manchen Streitgesprächen zum Thema „Wo gibt’s die besten Marillenknödel/den besten Schweinsbraten/das beste Kartoffelpüree?“ sind wir meistens zum Schluss gekommen, dass niemand an das Rezept von Oma/Mama oder Papa/Opa auch nur ansatzweise herankommt. Deshalb wollen wir in unserer neuen Serie I Got It From My Mama mit interessanten Personen über Essen sprechen und sie zu ihren kulinarischen Wurzeln, Einflüssen und Vorlieben befragen.

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Wenn ihr in den letzten Jahren gute Burger gegessen habt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, das ihr auch bei dem ein oder anderen Habern dabei wart. Wir haben uns mit den zwei Masterminds dahinter über ihre Einflüsse, Fried Chicken und ihre Zukunftspläne unterhalten.

VICE: Als ihr noch Kinder wart, wer war bei euch in der Familie fürs Kochen zuständig? Gab’s da eine fixe Rollenverteilung?
Karin: Bei mir war das ganz klar meine Mutter. Sonst hat niemand gekocht. Mein Vater ist zwar der Meinung, „Jeder der lesen kann, kann kochen.“, aber wenn er ein Kochbuch in die Hand nimmt, wird das nix.
Bernhard: Bei mir hat auch die meiste Zeit meine Mama gekocht. Es waren aber beide berufstätig und wenn meine Mama auf Geschäftsreisen war, dann hat mein Papa gekocht – Leberkäse, Knackwurst und Spiegelei.

Wie wurde das Essen bei euch in der Familie gehandhabt—wurde es so richtig zelebriert oder war das eher etwas, das man nebenbei gemacht hat?
Karin: Bei uns wurde das Frühstück am Samstag und Sonntag oft zelebriert. Das ging dann auch immer richtig lang. Wenn mein Großvater da war, hat es auch um Punkt zwölf Mittagessen gegeben, ansonsten wurde am späten Nachmittag gegessen. Da wir alle sehr unterschiedlich heimgekommen sind, hat jeder zu anderen Zeiten gegessen, manchmal am Tisch, manchmal beim Fernseher. Wenn mein Vater nicht da war, war das lockerer mit den Regeln.
Bernhard: Das war bei uns ähnlich, obwohl es bei uns nicht erlaubt war, beim Fernseher zu essen. Es war selbstverständlich, dass alle an einem Tisch zusammenkommen. Das gemeinsame Frühstück war bei uns ganz nett, weil wir als Kinder Aufgaben bekommen hatten. Es gab zum Beispiel einen Toastmeister. Diese Person musste sich darum kümmern, dass immer frischer Toast gemacht wurde.
Karin: Toast gab es bei uns nicht, sondern immer nur Brot. Manchmal auch Semmeln, wenn mein Vater nicht stattdessen ein Auto gekauft hatte. Meine Aufgabe als Kind war, schon vorab Kaffee zu machen und alles vorzubereiten bevor ich meine Mama aufgeweckt habe.
Bernhard: Wir mussten nachher Abwaschen und Geschirr wegräumen, was der Grund ist, warum ich das jetzt gar nicht mag.

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Habt ihr gewisse Essens-Rituale aus deiner Vergangenheit übernommen? Oder haltet ihr es ganz anders?
Bernhard: Das einzige Essenritual, das hängengeblieben ist, ist dass es zu Weihnachten nur Nudelsuppe gibt.
Karin: Was? Bei dir gibt’s nur Nudelsuppe?
Bernhard: Ja, mit Leberknödeln drin.
Karin: Bei uns gab es zu Weihnachten immer Fischstäbchen mit Mayonnaise-Kartoffelsalat. Das war das einzige Mal im Jahr, wo man sich so etwas leisten konnte. Worauf ich aber Wert lege ist, dass alle gleichzeitig am Tisch sitzen. Was aber auch von Familie zu Familie unterschiedlich ist: ob man Salat aus der Beilagenschüssel oder aus einer großen Schüssel gemeinsam isst.
Bernhard: Bei mir ist es so, dass nicht alles so streng gehandhabt wird; eigentlich wie damals. Wenn ich koche, esse ich nicht gerne mit den Leuten gemeinsam. Ich will auch nie zuschauen, weil mich das zu sehr stresst. Ich bin auch sehr skeptisch, wenn ich Lob bekomme.

Gibt es essenstechnisch einen regionalen Background?
Bernhard: Meine Mutter kommt aus Salzburg und mein Vater aus Oberösterreich. Deshalb gibt’s bei uns auch keine Kartoffelknödel, sondern Semmelknödel. Das sind so regionale Kleinigkeiten. Generell hat meine Mama aber schon über den Tellerrand hinausgeblickt und experimentiert. Gleichzeitig wollte mein Papa immer das deftige Essen haben. Deshalb hab ich das Beste aus beiden Welten mitgenommen. Weil ich mich dafür interessiere, was es alles gibt, aber Hausmannskost zu schätzen weiß. Nur so Fusion-Spaß interessiert mich weniger.
Karin: Mein Vater war Sohn von Sudetendeutschen, die ins Weinviertel gekommen sind. Mein Opa hat im Krieg Fleisch sehr vermisst, deshalb gab es viel davon bei uns. Und meine Mutter war Burgenland-Kroatin. Es gab viel „Arme-Leute-Essen“, mehr Bäuerliches als Bürgerliches. Mein Vater ist unterschiedlichen Küchen sehr aufgeschlossen. Meine Mutter ist aber überhaupt nicht experimentierfreudig. Das ist mir immer auf die Nerven gegangen. Alles, was ich jetzt koche, hab ich mir also aktiv erarbeiten müssen. Mein Vater hat immer gesagt: „Wenn du erwachsen bist, dann isst du alles und bevor du nicht alles isst, bist du nicht erwachsen.“ Das war für mich ein unglaublicher Ansporn, alles auszuprobieren und zu essen. Ich war allerdings 15 Jahre Vegetarierin, das hat mir ziemlich reingeschissen dabei, alles Essen zu wollen. Mit Ende 20 habe ich dann zum ersten mal Tintenfisch gegessen, das gab’s am Land nicht. Ich sehe irgendwas oder lese ein Rezept und dann will ich das auch ausprobieren. Ich muss aber alles immer irgendwie verändern, weil ich es meistens besser weiß.
Bernhard: Ich habe aber immer alles gern gegessen und war sehr neugierig. Zum zwölften Geburtstag hab ich mir im Urlaub einen Lobster gewünscht – das war alles, was ich wollte. Dann wurde ich für fünf Jahre Vegetarier. Ich habe aber dann eben genau aus dem Grund wieder aufgehört damit, weil ich nicht mehr alles essen konnte. Es hat mich fertig gemacht, dass ich in einem Restaurant nur einen Bruchteil der Speisekarte zur Auswahl hatte.
Karin: Ich brauch immer Ewigkeiten, eine Auswahl zu treffen. Ich muss mir immer alles vorher im Kopf Vorstellen.
Bernhard: Ich weiß oft schon vor dem Lokalbesuch, in welcher Stimmung ich bin.
Karin: Ich schau mir oft die Speisekarte zuhause schon an, damit ich nicht so lange brauche. Manchmal wünsche ich mir, dass wer anderer für mich bestellt.

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Wie seid ihr zum Kochen gekommen?
Bernhard: ich habe als Student damit angefangen. Zuerst habe ich viel bestellt und dann hab ich mit Restekochen zu experimentieren begonnen. Was mich wirklich geprägt hat, war aber meine Zeit in London – da gab es so viel neues Essen und Dinge von Zuhause nicht. Da hab ich dann zum Beispiel Kasnocken gemacht aber auch neue Sachen gelernt. Jamaikanisch, Vietnamesisch und so. So bin ich auch zu den Burgern gekommen: als ich zurück nach Wien bin, habe ich danach gesucht. Damals leider erfolglos. Deshalb mussten wir das selber machen.
Karin: Ich hab als Kind schon gekocht. Meine Mama hat mir die Basics gelernt: Schwarzbrot in Ei eintunken und dann ausbacken. Irgendwann hab‘ ich Petersilie dazu gegeben und mehr experimentiert. Meine Mama hat aber gemerkt, dass es mich interessiert hat und hat mich dann eingebunden und mir Dinge gezeigt. Ultimativ kochen gelernt hab ich aber in den letzten vier Jahren im Fein Essen. Ich bin aber nicht eine Person, die nach Gefühl kocht, sondern die sich das vorher sehr gut überlegt. Mehr so eine wissenschaftliche Handwerkerin.
Bernhard: Eine wissenschaftliche Handwerkerin oder eine handwerklich begabte Wissenschaftlerin – eines von beiden.
Karin: Ich muss immer wissen, was physikalisch passiert. Handwerklich muss es auch immer gut sein. Ich wasche auch schon gerne während dem Kochen ab und Pausen währenddessen mach ich nie. Was aber gut geht dabei ist Musik, Bier und Wein. Also wenn man halt privat für sich kocht. Im Fein Essen ging das mit dem Bier und Wein natürlich nicht.

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Es heißt ja oft „Niemand kocht so gut, wie die Mama/Oma oder der Papa/Opa“ Gibt es ein Rezept, das ihr da weitergeben könnt?
Karin: Ich bin so überheblich zu sagen, dass ich mittlerweile besser als meine Mutter koche. Das einzige, das ich nicht besser mache, sind Eiernockerl und selbst gezogener Strudelteig. Und es gibt eine sehr spezielle Bohnensuppe mit Heidensterz. Jeder, der die nicht seit Ewigkeiten kennt, findet sie unglaublich grausig. Das ist ein traditionelles Gericht, das ich noch nie gekocht habe, weil es niemandem außer meiner Familie schmeckt.
Bernhard: Ich habe damals viele Rezepte von meiner Mutter übernommen. Mittlerweile fragt mich meine Mama nach Rezepten. Das ist mir manchmal etwas unangenehm. Ich würde mir nicht anmaßen zu sagen, ich koche besser als meine Mutter. Aber wenn ich zum Beispiel typische Salzburger Rezepte kochen will, dann frage ich natürlich sie vorher, bevor ich im Internet recherchiere.

Gibt es ein Essen, auf das ihr Lust habt, wenn ihr verkatert seid?
Karin: Wenn ich verkatert bin, brate ich irrsinnig gerne Spiegeleier an. Oft bestelle ich aber einfach auch beim Inder oder Asiaten um 30 Euro Sachen für mich alleine.
Bernhard: Irgendwas mit Eiern und fettig natürlich.
Karin: Ich brauche etwas, mit dem ich schnell wieder ins Bett wandern kann.
Bernhard: Wenn ich es mir aussuchen kann, dann wär das aber ein Full English Breakfast.
Karin: Was auch gut hilft: Orangensaft mit Zucker und Salz. Am besten noch vor dem Schlafengehen.

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Bernhard beim Zubereiten der „Orange is the new crack“ Chillisauce. Foto: Nicola von Leffern

Seit wann gibt’s Habern eigentlich genau?
Bernhard: Seit ziemlich genau zwei Jahren – obwohl wir das so sporadisch machen, dass es manchen sicher kürzer vorkommt. Als wir das erste Mal was gemacht haben, war da echt noch ein Unterschied zu heute im Publikum zu erkennen. Da waren die Leute noch skeptisch, wenn das Fleisch nicht ganz durch war und es gab auch Fragen, warum der Burger teurer war als beim McDonald‘s. Das hat sich mittlerweile geändert.
Karin: Dry Aged muss man zum Beispiel nicht mehr erklären jetzt.

Warum gibt es kein Habern Lokal?
Bernhard: Bis jetzt hatten wir beide einen Full-Time Job und da war Habern ein guter Ausgleich. Sobald es ein Job ist, ist es halt oft weniger lustig. Bisher hat das einfach super funktioniert so.
Karin: Ich hatte auch mein Lokal, das gut gelaufen ist.

Das heißt, du bist dann am Abend heim und hast weiter gekocht?
Karin: Ja genau – ich bin eh kochsüchtig, das ist nicht das Problem. Aber von der Atmosphäre her ist Habern einfach viel entspannter. Das hat mehr Partystimmung als im Fein Essen.
Bernhard: Zum Habern kommt man ja nicht nur wegen dem Essen. Es gibt auch Musik, man trifft Leute, trinkt ein paar Bier – das ist mehr ein Zusammenkommen. Das ist auch sehr wichtig. Einfach Sachen schnell raushauen finde ich nicht gut. Man sollte also rechtzeitig kommen, bevor der Hunger zu groß wird.

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Am Samstag wagt ihr euch in der Grellen Forelle an Fried Chicken. Heißt das, ihr macht nie wieder Burger?
Bernhard: Keine Ahnung.
Karin: Es ist nicht so, dass wir sagen „Nein, nie wieder Burger.“ Aber es ist definitiv so, dass wir sagen, „Ja, was anderes auch mal“. Es gibt noch so vieles, das wir machen wollen. Habern soll Habern sein und nicht nur Burger. Weil ich bin mir sicher, dass wir mehr können.
Bernhard: Es ist halt eher so, wonach uns grad ist. Und es gibt im Moment einfach nicht wirklich gutes Fried Chicken oder ein ordentliches Two Pieces Meal in Wien.KFC in Wien ist ja auch nix. Deshalb machen wir das jetzt am Samstag beim <>< Foodie Day selbst.
Karin: Wir frittieren nicht einfach das Hendl – da steckt schon mehr Arbeit und Liebe dahinter.
Bernhard: Habern ist auch eine Sache, die macht man sonst so nicht. Das ist für uns eher ein Ventil, um Dinge auszuprobieren.

HABERN FRIED CHICKEN from Nicola von Leffern on Vimeo.

Habt ihr Pläne für die Zukunft?
Bernhard: Ich gehe bald in Bildungskarenz und dann schauen wir, was passiert.

Was hast du bisher gemacht?
Bernhard: Online Marketing. Ich bin Projektmanager – obwohl bei Habern das alles die Karin übernimmt.
Karin: Ich habe mein Lokal Ende Juni verkauft und bin jetzt sehr im Freizeitstress. Ich bin auch viel am Land grad und koche gerne ganz entspannt. Ich gehe jetzt oft in den Wald und pflücke Eierschwammerl und so.

Warum hast du das Lokal aufgegeben?
Karin: Nach ein paar Jahren muss man immer wieder was Neues machen.

Wart ihr früher schon befreundet?
Bernhard: Wir kennen uns schon länger, aber befreundet sind wir erst so richtig seit Habern.
Karin: Bernhard ist in einem Club um fünf Uhr früh zu mir gekommen und hat mich angeredet mit seinen großen braunen Rehaugen. Ich wusste von Freundinnen, dass er unglaublich flirty ist und mich einfach anbrät. Und ich dachte mir „Geh scheißen!“.
Bernhard: Das war ziemlich genau der Wortlaut. Ich hab das Projekt mit den Burgern geplant und bin ziemlich schnell draufgekommen, dass ich keine Ahnung hab, was ich da eigentlich mache und wusste, dass Karin ein Lokal hat und nach kurzem Zögern—also dem anfänglichen „Geh scheißen“—hat sie dann gemeint, dass sie mitmacht. Dann haben wir uns zusammengesetzt und es einfach gemacht.