Kranker Scheiß aus dem Leben einer angehenden Rechtsanwältin
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Kranker Scheiß

Kranker Scheiß aus dem Leben einer angehenden Rechtsanwältin

Auch außerhalb von Passage und VoGa gibt's für angehende Juristen Einiges zu erleben.

Wir haben in den letzten Jahren schon viel kranken Scheiß gehört – Kosmetikerinnen, Würstelstandverkäufer und auch Zahnärzte haben ihre irrsten und besten Geschichten aus dem Arbeitsalltag erzählt. Jetzt haben wir uns mit denjenigen Menschen unterhalten, über die wir zwar gerne mal schimpfen, die uns aber trotzdem immer wieder aus der Scheiße ziehen.

Die Liebe für Advokaten hält sich in Österreich ja allgemein eher in Grenzen – schon praktisch, wenn man ein, zwei davon im Freundeskreis hat, um sich wieder mal Rat wegen der letzten Mahnung vom Inkassobüro zu holen, aber ansonsten dominieren großteils doch immer noch die Klischees von den spaßbefreiten, paragraphenreitenden Anzugträgern. Weil unsere Vorurteile aber hauptsächlich auf Richter Alexander Hold, ein paar Folgen Making a Murderer und dem einen oder anderen schlimmen Vodka-Wellness-getränkten Abend beim Justizclubbing im Volksgarten aufbauen, habe ich mit einer Juristin gesprochen, um zu erfahren wie es hinter den Kulissen wirklich zugeht. Hier sind ein paar Episoden aus ihrem Berufsleben, erzählt in ihren eigenen Worten:

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"Echt Wienerisch"

Einer der bisher schrägsten Fälle ist mir während meines Jahrs am Gericht unterkommen. Ein – wie aus den Zeugenaussagen hervorging ziemlich fertiges – Pärchen um die 50 hatte sich einen Bekannten zu sich nach Hause eingeladen. Man hat sich den Abend allerdings nicht als fancy Dinnerparty vorzustellen. Das Einzige am Tisch war wohl eine Flasche Billigvodka und das Ganze nahm ziemlich schnell ziemlich exzessive Züge an.  Die Frau kroch dann irgendwann auf allen Vieren in die Küche und ward nicht mehr gesehen. Die Männer kümmerten sich lieber weiter um die Erhaltung ihres Alkoholpegels und beachteten das Verschwinden nicht weiter. Später gesellte sie sich dann wieder – auf allen Vieren und inzwischen (warum auch immer) völlig nackt – zu ihnen ins Wohnzimmer, musste jetzt aber in einer Tour arg husten und würgen.  Das wurde zwar als nervig wahrgenommen, aber auf Nachfrage meinte ihr Partner, dass kein Grund zur Sorge bestünde. Ganz so ohne dürften ihre Atemprobleme dann wohl doch nicht gewesen sein. Wieder auf der Couch angekommen, atmete die Gute inzwischen immer schwerer. Anstatt die Lage im Auge zu behalten oder ins Krankenhaus zu fahren, beschloss ihr Mann, dass das genau der richtige Zeitpunkt wäre, um den Hund Gassi zu gehen.  Dem Gast war die Situation mittlerweile auch nicht mehr wirklich geheuer. Da er aber ungünstigerweise kein Handy dabei hatte, um den Notarzt zu rufen, verließ er ebenfalls die Wohnung und nahm sich einfach ein Taxi nach Hause. Als Stunden später die Rettung gerufen wurde, kam jede Hilfe zu spät – bei der Obduktion fand man in ihrem Rachenbereich dann jedenfalls ein 18 Zentimeter langes Schweinsschnitzel. Es war roh.

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"Der Z-Promi"

"Der Schuhschlatzer"

Gleich vorweg. Wir reden hier nicht von einem Straftäter, der wahllos Leute anspuckt, sondern von einem Wiener Staranwalt. Herr Dr. Schuhschlatzer, der schon für ein zehnminütiges Telefongespräch Unsummen verrechnet.  In der Juristenszene ist Ruhrmoser* durchaus bekannt und nicht unbedingt beliebt. Kurz gesagt – er gehört zur Kategorie Anwälte, die unserem Ruf nicht gerade förderlich sind.  Die Rechtslage bei diesem Fall war jedenfalls klar. Seine Mandanten hatten keine Chance. Sie wären am Besten beraten gewesen, das Ganze außergerichtlich und einvernehmlich zu klären, was ihnen die Richterin (und selbst wir – die gegnerische Partei) während des ganzen Verfahrens auch immer wieder schwer ans Herz gelegt haben. Nicht so der Ruhrmoser. Der will Geld machen. Und Geld macht man, indem man streitet. Ordentlich. Auch wenn das auf Kosten der Klienten geht. Die Verhandlung selbst war dann wie eine Szene aus einem schlechten Film. Während seine Mandantinnen von der Richterin vernommen wurden und sich immer weiter verstrickten, hing er währenddessen völlig abwesend in seinem Sessel und schrieb seine Kostennoten. Selbst für ein einfaches Computerprogramm scheint er zu gierig. Aber von nix kommt schließlich nix. Von wegen Multitasking – seine Klientinnen beachtete er dabei nicht mal und nickte dann irgendwann sogar weg. So richtig mit Kopf nach hinten und offenem Mund. Volles Programm. Bei gezählten sechs Personen im Raum durchaus peinlich. Es war eine Farce. Nach der Pause dann aber mein persönliches Highlight: Er fing an seine verdammten Schuhe zu putzen. Mit seiner eigenen Spucke. Immer wieder schob er sich genüsslich seinen Mittelfinger bis zum Anschlag in den Mund, bückte sich über seine Wampe und versuchte seine Grindtreter sauber zu bekommen. Ich konnte mich nur noch auf das kontinuierliche Schmatzen, das im Raum hallte, konzentrieren. Es war abstoßend und faszinierend zugleich.  Nach Stunden des Heulens seitens der Mandantinnen, meldete sich Ruhrmoser schließlich doch noch zu Wort. Hätte er aber besser lassen sollen – er plädierte nämlich auf Unzurechnungsfähigkeit. Er meinte die beiden seien Alkoholikerinnen und hätten zum Zeitpunkt des verhunzten Kaufvertrages eine Flasche Vodka intus gehabt.  So weit, so gut. Leider hatte er das aber wohl nicht allzu gut mit den Frauen abgesprochen. Als die Richterin sie darauf ansprach, verneinten diese vehement und sagten aus, schon genau gewusst zu haben was sie da taten. Die Verhandlung wurde vertagt. Ruhrmoser gibt aber nicht auf – er will trotzdem noch weitere Zeugen einvernehmen, wenn auch völlig sinnlos. Mehr Zeugen ist gleich mehr Geld, ist gleich mehr Krokolederschuhe zum Anschlatzen. Eine recht einfache Rechnung. *Name geändert

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