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sabotage

Unbekannte haben gestern in ganz Deutschland die Bahn sabotiert

Es wirkt wie eine geplante Aktion.
Foto: imago | Olaf Wagner

UPDATE: Auf der linken Plattform indymedia ist mittlerweile ein Bekennerschreiben aufgetaucht. Eine Gruppe, die sich "Shutdown G20 – Hamburg vom Netz nehmen!" nennt, schreibt: "Heute Morgen haben wir die Kabelstränge entlang mehrerer Hauptstrecken der Bahn in Brand gesetzt… Wir unterbrechen die alles umfassende wirtschaftliche Verwertung. Und damit die so stark verinnerlichte Entwertung von Leben."

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Dieses Schreiben ist das erste Mal, dass die Gruppe "Shutdown G20" in Erscheinung tritt. Allerdings kann auf indymedia jeder anonym veröffentlichen. In den Kommentaren darunter zeigen die User sich jedenfalls mehrheitlich genervt. "Da könnt ja gleich Arbeiter killen gegen den Kapitalismus. Ihr Trottel", schreibt einer.


Chaos in der Berliner S-Bahn, Riesenschlangen am Leipziger Hauptbahnhof, Pendler, die nicht nach Hamburg kommen, Streckenausfall in Nordrhein-Westfalen – für Hunderte Bahnreisende fing die Woche am Montagmorgen ziemlich scheiße an.

"Leider gestrandet. Flug gebucht" ; "Was ist bei euch eigentlich kaputt?"; "Unverschämt, einfach nur totaler Mist" – die Social-Media-Accounts der Deutschen Bahn wurden heute morgen mit Hunderten solcher Nachrichten geflutet. Und bei der Bahn war auch wirklich einiges kaputt – es war allerdings nicht ihre Schuld. Tatsächlich gab es in der Nacht von Sonntag auf Montag in mehreren Bundesländern Anschläge, bei denen Unbekannte gezielt Kabel und Signalanlagen in Brand steckten.

Betroffen sind besonders Leipzig, Berlin, Hamburg und Strecken in Nordrhein-Westfalen. Und bei allen ähnelt sich die Vorgangsweise der Täter: Sie kippten Brandbeschleuniger in Kabelschächte oder auf Leitungen und setzten diese dann in Brand. Eine ziemlich simple Methode, mit der man dem Zugverkehr allerdings enormen Schaden zufügen kann. Den Verdacht, dass es sich um eine "koordinierte Aktion" handeln könnte, äußerte zuerst der Welt-Journalist Florian Flade, der sich mit Sicherheitsthemen beschäftigt.

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"Man muss tatsächlich davon ausgehen, dass es sich um Anschläge handelt", erklärte ein Sprecher der Bundespolizei gegenüber dem MDR. Bis jetzt gebe es aber noch keine Hinweise auf die Täter. In Hamburg ermittelt bereits der Staatsschutz – ein Zeichen, dass die Behörden einen politischen Hintergrund der Tat in Betracht ziehen.


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Mehrere Medien spekulieren, dass ein Zusammenhang zu den Protesten gegen den geplanten G20-Gipfel im Juli besteht. Tatsächlich sind Brandanschläge auf die Bahn eine bei Linksextremen beliebte Methode, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen: 2014 zum Beispiel kam es schon einmal zu massiven Ausfällen in der Berliner S-Bahn, als sogenannte "Autonome Gruppen" Kabel angezündet hatten – angeblich, um auf die schwierige Situation von Flüchtlingen in Berlin aufmerksam zu machen.

Am Sonntag veröffentlichte ein anonymer Autor ein Schreiben auf der linken Plattform indymedia, in dem er Infrastruktur-Einrichtungen als "Symbole der Herrschaft" kritisiert und einen kleineren Anschlag auf einen Funkmast in Hamburg vom Anfang der Woche lobt. "Es sind die Leitungen, die Wege, die Schienen, die Funkwellen, die Server, die alles am Laufen halten, die machen, dass die soziale Misere, die tägliche Unterdrückung im Kleinen wie im Großen, weiterläuft und nie stoppt", heißt es in dem Schreiben. "Die Orte, an denen sich diese wichtigen Funktionen, die das ewige Weiterlaufen der Maschine sicherstellen, befinden, sind überall und es ist unmöglich, sie zu bewachen." Und der Autor beschreibt "Sabotage an einem Stück Infrastruktur" als "eine fast immer wiederholbare und umsetzbare revolutionäre Praxis".

Ob es sich bei den Anschlägen wirklich um eine koordinierte Aktion oder nur eine Reihe von Zufällen gehandelt hat, und ob diese Anschläge wirklich im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel stehen, wird sich zeigen. Bis dahin bleibt erstmal nur der Ärger von Hunderten Pendlern, die den Montagmorgen auf Bahnsteigen, in stickigen Zügen oder in Schlangen am Bahnhof verbracht haben.

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