unterwegs

Taxifahrer erzählen von ihren schlimmsten Fahrgästen

"Im Taxi hat der Mann seiner Freundin dann erzählt, wie man einem Taxifahrer die Kehle durchschneidet. Das sei ganz einfach, sagte er."
Taxifahrer in Berlin
Alle Fotos von Shirin Siebert

Taxifahrer sind so was wie motorisierte Barkeeper. Statt Schnaps verkaufen sie Kilometer. Ihre Gäste können sie sich dabei oft nicht aussuchen. Mitunter sind die betrunken oder auf Drogen, einige wissen nicht, wo sie eigentlich hin wollen, wieder andere sind mies drauf oder sogar gewalttätig.

Trotzdem ist der Job als Taxifahrer offenbar beliebt: Zum Jahresende 2018 zählte die Berliner Senatsverwaltung 8.373 von der Stadt vergebene Taxikonzessionen. Die Zahl der Taxiunternehmen stieg auf 3.253 – auch das ist ein neuer Rekord in Berlin. Aber Taxi zu fahren, in einer Stadt voller Menschen, neben denen man schon in der U-Bahn nicht gerne sitzen möchte, ist hart.

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Wir haben Taxifahrerinnen und Taxifahrer in Berlin nach ihren schlimmsten Erlebnissen mit Fahrgästen gefragt.

Alex, 42

Berliner Taxifahrer Alex

Alex fährt seit neun Jahren Taxi

"Die schlimmsten Gäste sind die, die aggressiv sind oder nicht zahlen wollen. Glücklicherweise kommt das bei mir nicht so oft vor. Der Ton macht die Musik. Wenn man selbst freundlich ist, hat man auch bessere Karten, dass der Fahrgast sich benimmt.

Es ist aber auch schon passiert, dass ein Fahrgast handgreiflich geworden ist, nur weil ich die exakte Strecke gefahren bin und mich an die Verkehrsregeln gehalten habe. Der Mann war betrunken und dachte, ich mache eine Rundfahrt mit ihm. An einer Stelle musste ich etwas umfahren und konnte deshalb nicht gerade über die Kreuzung. Er dachte dann, ich haue ihn übers Ohr. Während der Diskussion hat er mir die Brille vom Kopf geschlagen. Dann habe ich die Polizei gerufen. Am Ende habe ich mein Geld bekommen und der Typ musste nach Hause laufen.

Wenn ich merke, dass ein Fahrgast zu betrunken ist, muss ich ihn nicht mitnehmen. Ich versuche die Leute vorher einzuschätzen, aber das klappt natürlich nicht immer."

Anke, 49

Berliner Taxifahrerin Anke

Anke fährt seit 22 Jahren Taxi

"Früh morgens hatte ich mal eine Situation, die ich nicht einschätzen konnte. Ich hatte zwei angetrunkene Männer im Auto, deren Sprache ich nicht verstand. Erst wollten sie zum Ku’damm, dann in die Goethestraße, dann in den Heubnerweg. Die Straßen wurden immer abgelegener. Plötzlich hatte ich ein ganz merkwürdiges Gefühl. Es war fünf Uhr morgens, die Straßen waren leer. Niemand hätte mitbekommen, wenn mir etwas zugestoßen wäre. Zum Glück haben die Taxen heutzutage alle eine GPS-Funktion. Wenn ich auf einen Knopf drücke, weiß die Zentrale sofort, dass etwas nicht stimmt. In der Regel werden dann als erstes Kollegen informiert, die sich in der Nähe befinden. Notfalls wird die Polizei alarmiert. Ich kann auch das Taxischild blinken lassen. Das bedeutet dann: Taxi in Not.

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Letztendlich ist aber gar nichts passiert. Die beiden Männer waren sich einfach uneinig, wo es hingehen soll. Ich habe sie dann am Ku’damm rausgelassen und alles war gut."


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Ziad, 54

"Ich habe mal nachts zwei Fahrgäste im Osten abgeholt, um sie nach Charlottenburg zu bringen. Einer der Gäste, eine junge Frau, hat mir dann ins Taxi gekotzt. Das kam ziemlich unerwartet. Danach war meine Schicht vorbei. So was ist das Schlimmste, weil ich dann nicht mehr weiterfahren kann. Am nächsten Morgen bin ich dann sofort zu einer Spezialfirma gefahren, um das Auto reinigen zu lassen. Die Reinigung kostet 200 Euro. Die musste allerdings die junge Frau übernehmen."

Willi, 59

Berliner Taxifahrer Willi

Willi wartet am Brandenburger Tor auf Fahrgäste

"Mein schlimmster Fahrgast war eigentlich gar keiner. Ich hatte eine Frau im Taxi, als ein Mann plötzlich während der Fahrt die Tür aufriss und rein sprang. Er stand unter Drogen- und Alkoholeinfluss und hat die ganze Zeit geschrien und behauptet, dass er verfolgt würde. Ich bin dann rangefahren und habe die Frau rausgelassen. Der Mann schrie währenddessen, dass er mich umbringen wolle. Das hat mich richtig geärgert und ich habe den Notruf und die Polizei gerufen. Der Mann hatte zwanzig Mark dabei. Er hat bezahlt und damit war das Thema für mich erledigt. Die Polizei hat ihn mitgenommen. Anzeige habe ich aber nicht erstattet."

Gerold, 60

Berliner Taxifahrer Gerold

Gerold fährt seit zehn Jahren Taxi

"Hier in Berlin gibt es viele verrückte Menschen. Einmal habe ich ein Pärchen eingesammelt, das am Straßenrand gestanden und gewunken hatte. Es war Sonntagmorgen und die beiden kamen von einer durchzechten Nacht. Im Taxi hat der Mann seiner Freundin dann erzählt, wie man einem Taxifahrer die Kehle durchschneidet. Das sei ganz einfach, sagte er. Ich glaube, er wollte vor seiner Freundin angeben. Trotzdem konnte ich mir vorstellen, dass er so was wirklich schon gemacht hatte. Er war sehr breit und sah aus, als hätte er Knasterfahrungen. Er meinte aber zu mir, ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen. Ich sei in Ordnung.

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Eigentlich habe ich kein Problem damit, Fahrgäste rauszuschmeißen, wenn die mir frech kommen. Der Mann vibrierte aber richtig vor Aggression. Zum Glück hatten wir eine ganz gute Ebene miteinander. Deswegen hielt ich es für klüger, ihn ans Ziel zu bringen. Während der Fahrt hat er dann immer wieder das Fahrtziel geändert. Am Schluss wollte er in eine kleine Seitenstraße. Da habe ich mir schon Sorgen gemacht. Während der Fahrt habe ich die ganze Zeit Ausschau nach Taxiständen gehalten, damit ich notfalls schnell hätte ranfahren können. Aber am Ende ging alles gut."

Ralf, 58

"Es war helllichter Tag und ich bin über die Potsdamer Straße gefahren. Im Taxi saß ein junger, leicht angetrunkener, unscheinbarer Mann um die 30. Wir waren schon eine ganze Weile unterwegs, als er mir plötzlich während der Fahrt von hinten an die Kehle fasste. Ich denke, er wollte an mein Geld. Hinter mir fuhr glücklicherweise eine große Wanne, also ein Polizeitransporter. Die Polizisten haben mitbekommen, was passiert, und den Fahrgast direkt rausgezogen. Keine Ahnung was aus dem geworden ist, aber zum Glück ist mir nichts passiert."

Update vom 4. Juni, 12 Uhr: In einer ersten Version dieses Artikels hatten wir die Zahl der Berliner Taxikonzessionen falsch dargestellt. Wir haben die entsprechende Stelle berichtigt.

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