Die Photo Issue 2017 ist da
Foto von Tommy Kha

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The Idols Issue

Die Photo Issue 2017 ist da

In der Idols Issue dreht sich alles um Nachwuchstalente und die Meister und Meisterinnen der Fotografie, die sie inspiriert haben.

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Als ich den Betreuer meiner Bachelor-Arbeit, George Pitts, kennenlernte, verstand ich seine Arbeit noch nicht. Ich ahnte auch nicht, dass er schnell zu meinem Vorbild werden würde. Er war ein sehr aktiver Fotograf und langjähriger Photo Director bei dem Magazin Vibe, und ich war noch Anfängerin. In seinen subtilen Aktporträts sah ich nichts als Erotik. Nicht nur seine Frisur – ein großartiger, graumelierter Hi-top Fade – stach hervor, sondern auch sein unstillbarer Durst nach Kunst und Kunstwissen. Er ist wohl am bekanntesten dafür, dass er einen erheblichen Einfluss auf die HipHop-Fotografie der 90er hatte, während seiner Zeit bei Vibe. Bei unseren frühen Treffen bezog er sich ständig auf historische und zeitgenössische Vorbilder, von Claude Cahun bis Bettina Rheims. Ich notierte mir, was ich nur konnte. Erst als ich immer mehr Arbeiten der Fotografen und Fotografinnen kennenlernte, die er erwähnte, verstand ich seine Arbeitsweise langsam, besonders wie er seine Protagonisten einfing – vor allem Frauen. Auch sah ich bei mir Parallelen zu seiner Arbeit, sie beeinflusste und inspirierte mich.

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George ist dieses Jahr im Alter von 65 Jahren verstorben. Erst als wir ihn verloren hatten, verstand ich, wie sehr sein Genie Hunderte Fotografen, Redakteure und Autorinnen beeinflusst hat. Die Gedenkveranstaltungen für ihn hatten so viele Besucher – ich musste unwillkürlich darüber nachdenken, was Vorbilder für Menschen bedeuten, gerade in diesem Beruf.

Die Fotografie sucht zwar stets nach dem Neuen, doch im Grunde beruht sie immer auf früheren Werken. Wenn wir fotografieren, bauen wir eine Tradition und eine Sprache auf, die in der Schuld ihrer Vorgänger steht und im selben Maße von ihren Nachfolgern abhängt. Heute entstehen täglich Milliarden Fotos, also vergessen die Menschen schnell den Einfluss, den das Vorangegangene hat. George vergaß das nie. Er fand es wichtig, die eigene Arbeit im Kontext der Geschichte zu sehen. Das ermöglicht Komplexität.

Deshalb beschäftigen wir uns in der diesjährigen Fotoausgabe mit Vorbildern. Wir haben Nachwuchsfotografen und -fotografinnen gefragt, wer sie inspiriert hat, diesen Beruf zu ergreifen. Wir haben ihre Idole kontaktiert und dazu eingeladen, ihre Arbeit ebenfalls bei uns zu veröffentlichen. So wollen wir einen Dialog darüber ermöglichen, wie sich ältere und jüngere Künstler gegenseitig beeinflussen. So bleiben wir auch unserem Anspruch treu, neue Talente zu fördern und gleichzeitig alten Meistern und Meisterinnen zu huldigen. Unsere Titelstars Tommy Kha und William Eggleston stammen beide aus Memphis, und obwohl sie mehrere Generationen trennen, erkennt man leicht ihre stilistischen Gemeinsamkeiten. Bei anderen Paaren, wie Tasneem Alsultan und Maggie Steber, muss man vielleicht genauer hinsehen, um die Parallelen zu finden.

Zusammen belegen diese fotografischen Dialoge, wie lebendig und dynamisch Fotografie ist. Sie schmieden ästhetische Bande und vertiefen das künstlerische Verständnis. Ganz so wie damals meine ersten Gespräche mit George.

Die Lücke, die George hinterlassen hat, lässt sich nie schließen. Wir können für unsere Idole nichts Besseres tun, als die Geschichte fortzusetzen.
— ELIZABETH RENSTROM, PHOTO EDITOR USA

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