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Internet

Memes sind vielleicht gut für unsere geistige Gesundheit

Das Internet kann dich in eine Depression stürzen – aber womöglich kann es dich auch aus einer rausholen.

BREAKING: Einer amerikanischen Studie zufolge neigen Teenager, die überdurchschnittlich viel Zeit in sozialen Netzwerken verbringen, oft zu psychischen Problemen. Junge Menschen hingegen, die nicht ständig an unterschiedlich großen Bildschirmen kleben und stattdessen eher Dinge wie Sport (?) oder Hausübungen (??) machen, scheinen im Gegensatz dazu wesentlich stabiler. Ihr wisst, was das bedeutet: Wir alle haben ein Problem mit unserer geistigen Gesundheit.

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Als wir Ende 2016 traditionell das Jahr Revue passieren lassen und eigentlich nur in traumatischen Erinnerungen schwelgen wollten, mussten wir unter Schock feststellen, dass wir eiskalt von einer Kardashian-Schwester hinters Licht geführt worden waren: Denn 2016 war keineswegs das von Kylie Jenner ausgerufene "Year of realizing stuff" gewesen – im Gegenteil.

2016 war ein einziges Fiasko von vorne bis hinten. In selbiger Retrospektive fiel uns dann aber auch auf, dass, wenn 2016 überhaupt das Jahr irgendeiner Sache war, dann war es das Jahr, in dem wir anfingen, unseren größten Ängsten ins Gesicht zu lachen. Und zwar mithilfe von Memes.

Wie sich herausstellen sollte, sind "Depression-Memes", die unsere Timelines seit jeher fluten und bewusst Themen wie psychische Krankheiten oder Angststörungen aufgreifen, einerseits deshalb wichtig, weil dadurch soziale Stigmata bekämpft werden, die Depressionen tabuisieren und sie humoristisch betrachten, ohne ihnen gänzlich ihre Ernsthaftigkeit abzusprechen. Andererseits sind sie aber auch deshalb von Bedeutung, weil Betroffenen durch sie gezeigt wird, dass sie mit ihrer Situation nicht alleine sind und es da draußen noch 1.000 andere Leute gibt, die ihren Tag lieber zusammengekauert unter einer Bettdecke verbringen würden.

Und dass diese Witze notwendig sind, zeigt eben nicht nur die Tatsache, dass geistige Gesundheit ein Social-Media-bedingtes und immer größer werdendes Problem für junge Menschen zu sein scheint, sondern auch die Google-Suche nach "Depression Memes", die im Mai letzten Jahres Rekordhöhen erreichte.

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In YouTube-Kommentaren wird diese Art von Humor als defensiver Pessimismus erklärt – ein psychologisches Konstrukt, das davon ausgeht, Menschen mit Ängsten würden durch ständige Konfrontation mit ebendiesen beruhigt und dadurch gestärkt. Forschungen der amerikanischen Psychologin Julie Norem weisen darauf hin, dass zumindest ein In-Betracht-ziehen von Worst-Case-Szenarien hilfreich dabei sein kann, Ängste größtenteils zu überwinden und schlussendlich sogar höhere Leistungen zu erzielen.

"Der Grund, warum ich mich an dieser Art von Galgen-Humor erfreue, ist wahrscheinlich, weil es nicht immer zu 100 Prozent als Witz gemeint ist."

Wenn man also von vornherein immer schon von Schlimmsten ausgeht, ist so was wie Angst natürlich irgendwie obsolet. Und wenn also man einen Witz darüber macht, dass man diese Woche ohnehin nicht überleben wird (oder möchte), macht man sich damit in gewisser Hinsicht unangreifbar.

Die Kollegen von VICE News bestimmten den Subreddit 2meirl4meirl als Geburtsort von Depression Memes und baten seinen Schöpfer AhrmiintheUnseen um Erklärung: "Der Grund, warum ich mich an dieser Art von Galgen-Humor erfreue, ist wahrscheinlich, weil es nicht immer zu 100 Prozent als Witz gemeint ist."

Ihm zufolge sind viele der User, die auf 2meirl4meirl posten, tatsächlich depressiv und teils sogar suizidgefährdet. Der Subreddit soll ihnen einen Zufluchtsort bieten, auf dem sie dunkle Gedanken austauschen, und vielleicht sogar Scherze darüber machen können.

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So gesehen können Depression Memes also sogar therapeutisch wirken – anonyme User berichten auf VICE News davon, wie der Subreddit, das Teilen von Memes und das dadurch entstandene Gemeinsamkeitsgefühl ihnen aus der Depression geholfen hat. Übrigens: Wer Gags über Selbstmordgedanken nicht sonderlich lustig findet, oder sich nicht mit ihnen identifizieren kann, der sollte sich glücklich schätzen.

Während also auf Reddit der gesamte Sub auszuckt, weil Normies wie wir ihre geheimen Insider-Witze entdeckt haben und nun versuchen, ihnen auf den Grund zu gehen, haben Depression Memes im Alleingang dafür gesorgt, dass Millennials einen Dialog über geistige Gesundheit führen.

Und wenn Depression-Memes, wie oft angenommen, vielleicht auch eine Art Gegenreaktion auf Instagram-Perfektionismus sind, dann sind Respectful Memes vielleicht eine Gegenreaktion auf die Gegenreaktion. Noch dazu eine, die mit erfrischend vielen Daumen-nach-oben-Emojis und Themen wie Freundschaft, Familie und Hundewelpen arbeitet.

Ungefähr so, wie man also Witze über Selbstmordgedanken machen kann, weil sie eben nicht immer zu 100 Prozent als Witz gemeint sind, schickt man sich dann wohl auch Memes voller Liebes- und Unterstützungsbekundungen, die auf den ersten Blick vielleicht deshalb so viel Spaß machen, weil sie ironisch wirken, aber insgeheim schon ernst gemeint sind.

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