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Popkultur

Scheiß auf Barb: Warum der Fan-Liebling aus 'Stranger Things' nervt

Eine seriöse, wissenschaftliche Abhandlung über den Internet-Hype um eine Nebenfigur in einer Science-Fiction-Serie.

Grafik via makeitstranger.com

Hey: Scheiß' auf Barb.

SPOILER-WARNUNG

Die Regeln des Internets besagen, dass ich an dieser Stelle verpflichtet bin, dir mitzuteilen, dass der folgende Text sogenannte "Spoiler" enthalten könnte. Damit sind alle Informationen gemeint, die Zuschauern den Genuss der Netflix-Serie Stranger Things ruinieren könnten (aber eigentlich verbessern). Als ob Barbs Existenz oder Barbs Schicksal das nicht schon zur Genüge erreicht hätten. Aber so ist es: Der folgende Text könnte Informationen enthalten, die du dir in den letzten fünf Wochen hättest aneignen können. Fünf ganze Wochen, für eine Serie, die insgesamt unter acht Stunden Laufzeit hat, also sag mir, wie du da bitte immer noch hinterher sein kannst. Wenn dir die Serie doch sogar so wichtig ist, dass du wegen Spoilern rumheulst, wieso brauchst du dann schon so lange dafür, hm? Hm?

Wo war ich? Ach ja. Scheiß' auf Barbara.

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Ich habe gerade Stranger Things zu Ende geschaut und—nein, im Ernst, die Serie ist toll! Mir gefällt, dass sie genau wie ein Stephen-King-Roman ist, ohne dass Stephen King etwas damit zu tun hatte. Und während ich schaute, dachte ich dauernd: "Hm! Das Internet sagt ja, Barb sei so toll. Also wird es definitiv noch eine Szene geben, in der Barb auch etwas Tolles macht." Das Finale entfaltet sich vor meinen Augen, mit dem Geballer und dem Wandeln zwischen Welten und dem Reizdeprivationstank, und ich denke: "Ganz sicher kommt jetzt Barb auf einmal raus und wir erfahren endlich, was mit ihr ist. Barb wird irgendwas tun, das die ganze Barb-Liebe im Internet rechtfertigt. Barb wird in ihrer Scheißkarre anrockern und sagen: 'Hey, Leute! Ratet mal! Ich bin kein Nerd mehr! Hier in der Unterwelt gibt's einen Laden mit weniger hässlichen Pullis, und ich hab' beschlossen, nicht mehr ständig so eine Trantüte zu sein!" Dann sticht Barb in eine Bierdose und zieht sich mühelos die ganze Ladung rein, und alle so: "Oh wow, Barb ist jetzt cool!" Und deswegen mag das Internet sie so gern. Vielleicht wurde Barb von dem Monster entführt, aber dann ist sie unterwegs Snoop Dogg begegnet, und Snoop Dogg kommt mit Barb an und fragt mit seiner smoothen Stimme: "What's happening in the upsizzle-dizzle?"

Aber überraschenderweise ist das nicht passiert. Und ehrlich gesagt hat die ungelöste Anspannung des Abwartens auf Barbs Coolness-Durchbruch mir das ganze Finale—und damit die Serie—ruiniert.

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Aber mein Gott gibt es viele Meinungsartikel über Barb. In diesem Artikel auf Salon wird die "fantastische Kraft ihrer Freundschaft" gepriesen. (Barbs Freundschafts-Power besteht darin, ihre Freundin gelegentlich im Auto mitzunehmen, bei einer Party so öde zu sein, dass ihre Freundin deswegen fast keinen Sex abkriegt, sie ein bisschen für besagten Sex zu shamen, und dann zu sterben! Wie ist das denn bitte fantastisch!

Vanity Fair schiebt die Barb-Mania darauf, dass "die bebrillte, sommersprossige Barb mehr wie jemand aussieht, dem man im echten Leben begegnen könnte". (Wenn ich fernsehen würde, um Leute wie im echten Leben zu sehen, würde ich Dreck wie Das perfekte Dinner schauen—dazu brauche ich keinen ikonisch langweiligen Sommersprossen-Nerd.) Vulture ernennt sie zur "Fashion-Ikone" ("Yo, Mutter! Oma ist wieder die Treppe runtergefallen und in den Tüten für die Altkleidersammlung gelandet! Ich glaube, diesmal ist es übel, sie sieht echt nicht gut aus!" — "Das ist nur Barb!")

Ich verstehe es einfach nicht. Barb ist nicht toll. Sie ist eine Figur, die einzig dazu existiert, doof zu sein und dann zu sterben. Es ist an der Zeit, dass wir diese Farce beenden. Es ist Zeit, dass wir eingestehen, dass Barb gemessen an empirischen Faktoren einfach langweilig ist. Lass mich im Detail erklären, warum.

Scheiß'. Auf. Barb. | Screenshot via Netflix

Barb ist so uncool, dass ihr einziger Versuch, cool zu sein (Dosenstechen bei einer Party) so danebengeht, dass sie ein Höllenmonster heraufbeschwört, das sie in eine Höllenwelt mitnimmt

Hey, wir haben alle schon als Teenager beim Trinken Scheiße gebaut. Einmal habe ich mich so böse betrunken, dass ich bei einem Freund ins Waschbecken gekotzt habe, und er musste es dann wegmachen, weil ich dazu auch zu dicht war! Und einmal musste ich einen betrunkenen Freund beim Pissen halten, aber ich war so betrunken, dass ich ihnen fallen ließ, sodass er kopfüber in ein Urinal und die damit einhergehende Pisse krachte! Aber ich habe noch nie so beim Bier öffnen versagt, dass meine Hand davon blutete, woraufhin ich rumsaß und schmollte und mein Blut in jemandes Pool tropfte (wie unhöflich ist das denn, bitte), bis mich dann ein tulpenköpfiges Ungeheuer in eine fremde Dimension entführte. Nur Barb—die übrigens echt scheiße ist—kann so etwas.

Die Person, die Barb am besten kennt—ihre Mutter—, reagiert auf die Nachricht, dass ihrer Tochter etwas zugestoßen ist, mit "Eh. Scheiß' auf Barb."

"Hey, Mrs. Barb. Ich bin's nur, Barbs einzige Freundin. Passen Sie auf, ich hab mal 'ne etwas komische Frage: Ist Barb vielleicht bei Ihnen?"

"Ich dachte, Barb sei bei dir?"

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[Extreme post-koitale Leugnungsstimme] "Haha, ja! Ich dachte nur, vielleicht ist sie ja heimgekommen, so vor der Schule?"

"Du hast Recht. Barb ist ein verdammter Nerd und würde sowas tun. Aber nein."

"Oh, OK. Ach ja: Ich glaube, Barb könnte etwas Schreckliches und Furchtbares zugestoßen sein."

"Ha, echt? Puh! Jetzt mal im Ernst, Mädel. Scheiß' auf Barb. Wusstest du, dass sie zum Spaß Bücher liest? Sowas brauche ich nicht in meinem Haus. Ich lege jetzt auf und konzentriere mich auf mein eigenes Leben. Woohoo! Was 'ne Erleichterung. Ich rufe jetzt nicht mal die Polizei."

Diese in einem Paralleluniversum tot rumliegende, Lehrer um Extra-Hausaufgaben bittende, Omabrille tragende, beschissenste Karre der Welt fahrende, ständig einen Ordner haltende, gottverdammte—

SIE SIEHT AUS, ALS SEI IHR LIEBLINGSGETRÄNK MILCH.

Die Polizei, deren Pflicht es ist, sich darum zu kümmern, wenn Barb vielleicht entführt und ermordet wurde, wird mit der Information konfrontiert, dass Barb vielleicht entführt und ermordet wurde—in einer Stadt, in der bereits klar ist, dass ein anderes Kind entführt und ermordet wurde, und dass diese Fälle zusammenhängen könnten—, und die Polizei sagt: "Eh. Scheiß' auf Barb."

"Was? Barb? Hör zu, ich ermittle schon in einem Fall, da brauch ich jetzt nicht diese—"

"Aber es gibt doch drei Polizisten. Kann nicht wenigstens eine Person mal schauen, was mit meiner vermissten Freundin ist?"

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"Also … ja, ich meine, das könnten wir schon. Aber die Sache ist die, Kleine: Es ist nur diese verdammte Barb."

Hier ist eine vollständige Liste aller Dinge, die Barb in der ersten Staffel von 'Stranger Things' sagt:

1. "Nein, Nance. Tu das nicht. Es könnte Spaß machen."

2. "Yo, schicker BH! Darin willst du mit Steve bumsen? Ich hoffe mal, du bist noch meine Freundin, nachdem du penetriert wurdest."

3. "AARRRRRGGGGRRR, AAAARGHGHGHGGRRR, AGGHHHGHHGHGH, ARGHGHGGHGH!"

Sie kommt gerade mal in zwei Folgen vor, und das auch nur kurz

Ich verstehe nicht, wie jemand, der vielleicht insgesamt vier Minuten lang im Bild ist—und in diesen vier Minuten eine Langweilerin ist, blutet und stirbt—, innerhalb dieser Minuten ikonischen Status erlangen kann. Bin ich einfach … nein. Mal ehrlich: was zur Hölle?

Barb hat nicht einmal kapiert, wie man von der anderen Seite aus kommuniziert, während Will—der noch ein Kind ist und total abgefuckt in einem Paralleluniversumszelt herumliegt—durch Lichterketten mit seiner Mama sprechen kann. Versuch' es doch wenigstens, Barb. Wenn du willst, dass wir um deinen fiktionalen Arsch trauern, dann versuch' doch wenigstens, mit den Leuten zu kommunizieren, die dich retten könnten. Jesus Christus, Barb.

Will hat beim Versuch, in die Realität zurückzukehren, zwei—zwei—Telefone zerstört. Barb ist einfach gestorben. Weil sie scheiße ist.

Alle halten Barb für toll, weswegen ich langsam denke, ich bin derjenige, der auf der anderen Seite festsitzt. Ich bin im Paralleluniversum, wo alles verkehrt herum ist, denn wie zum Teufel könnt ihr allen Ernstes dastehen und behaupten, Barb sei toll

Ich schätze, irgendwie soll man sich mit Barb identifizieren können. Also ob alle, die Stranger Things lieben (Leute Mitte 20 bis Anfang 30, die total nostalgisch an den 80ern hängen, ohne sich wirklich an sie zu erinnern), dauernd blusenartige Wollpullis und die karottigsten aller Karottenjeans tragen, genau eine Freundin haben und ständig die totale "Nein, lass uns lieber nach Hause gehen"-Spaßbremse anziehen, und außerdem Mordopfer sind, die von tulpenköpfigen Monstern aus einer düsteren Sumpfdimension geschnappt werden. Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass das auf die meisten nicht zutrifft.