Hulk Hogan existiert nicht mehr
Foto: John McKeon via flickr

FYI.

This story is over 5 years old.

It's still real to me, damn it!

Hulk Hogan existiert nicht mehr

Terry Bollea—besser bekannt als Hulk Hogan—wird aus dem Gedächtnis der Wrestling-Welt radiert, nachdem bekannt wurde, dass sein Sextape nicht nur Sex, sondern auch rassistische Äußerungen enthielt.

Es gibt zwei Dinge, die selbst Menschen ohne Affinität zu Spandexhosen-Seifenopern über Wrestling wissen: Zum einen, dass die Matches „gestellt" sind und zum anderen, wer Hulk Hogan ist.

Sicher, Menschen mit etwas mehr Affinität würden hinzufügen, dass Wrestling nicht weniger „echt" ist als Tanzen (oder, wenn wir schon dabei sind, Theater) und Ric Flair ohnehin immer die bessere Wrestling-Legende war.

Anzeige

Aber im Wesentlichen reicht dieses Wissen, um das, was gerade rund um Hulk Hogan passiert, in der üblichen Promi-News-Manier gleichzeitig schockierend und faszinierend zu finden. Es reicht nur nicht ganz, um auch die Tragweite der jüngsten Entwicklungen zu verstehen. Denn Hulk Hogan existiert nicht mehr—und dieser Bildersturm verdient eine Erklärung.

Die Geschichte beginnt 2012 mit einem Sextape, das niemand sehen wollte, und endet (vorerst) mit einer Zurschaustellung von Rassismus, die 2015 erst recht niemand mehr sehen will.

2012 wurde ein Ausschnitt des fraglichen Materials, das Terry Bollea in seinem wahrscheinlich schwierigsten Kampf zeigt, veröffentlicht (nur so viel: sein Match gegen den Ultimate Warrior bei Wrestlemania VI war besser choreographiert—und auf gewisse Art auch leidenschaftlicher).

In dem Video, das 2006 entstanden sein soll, ist Bollea mit der Ex-Frau des Radio-DJs Bubba The Love Sponge beschäftigt—der, um die Sport-Soap komplett zu machen, vormals ein guter Freund von Bollea war.

Bereits 2013 versuchte Bollea, das Video mittels Unterlassungserklärung aus dem Netz zu verbannen und reichte in bestem Wrestling-Pathos eine großspurige 100-Millionen-Dollar-Klage ein. Das Video wurde somit—ein bisschen überraschend—zum ersten Sextape, dessen Existenz vor Gericht verhandelt werden sollte.

„Ich meine, ich habe keine Doppelmoral oder so. Ich bin ein Rassist, bis zu einem gewissen Punkt. Scheiß Nigger."

Anzeige

Damals fragte man sich noch, woher diese selbst für amerikanische Verhältnisse absurd hohe Klagsumme (Stichwort „Jackpot Justice") kommen mochte. Seit letztem Freitag ist der Grund nun auch für Außenstehende ein bisschen nachvollziehbarer.In einer Audioversion des vollständigen Sextapes, die am Freitagabend von Radar Online als teilweises Transkript veröffentlicht wurde, hört man Bollea über das Leben seiner Tochter mäandern. „Brooke trifft gerade einige schlechte Entscheidungen", sagt Bollea und bezieht sich auf ihren damaligen—schwarzen—Freund.

„Ich meine, ich habe keine Doppelmoral oder so. Ich meine, ich bin ein Rassist, bis zu einem gewissen Punkt. Scheiß Nigger." Und weil Bollea als Wrestling-Veteran weiß, dass es im Showsport gilt, jede Handlung „übertrieben sichtbar" zu machen (wie Roland Barthes sagt), belässt er es auch nicht beim einmaligen N-Wort, sondern legt noch mal nach.

„Ich meine, wenn sie schon einen Nigger ficken muss, dann soll sie wenigstens einen heiraten, der 2,40 Meter groß und ein paar Hundert Millionen wert ist! Einen Basketball-Spieler! Ich schätze, wir sind alle ein bisschen rassistisch. Scheiß Nigger."

MOTHERBOARD: Wie Ebola zu einem rassistischen Meme wurde

Wenn man will, kann man in der komplizierten Geschichte, die Wrestling und Rassismus miteinander haben, nach Rechtfertigungen für Bollea suchen. Wenn man die Sache zu Ende denkt, wird man sie aber trotzdem nicht finden. Und das, obwohl die Vorfälle zahlreich sind:

Anzeige

In den 1970ern trat der (eigentlich kanadische) Schotte „Rowdy" Roddy Piper mit seinem Dudelsack auf und spielte anstelle der angekündigten mexikanischen Nationalhymne dann doch lieber „La Cucharacha"—bei der Siegesfeier des mexikanischen Wrestlers Chavo Guerrero. In den 1980ern brachte die WWE den „Ugandan Headhunter" Kamala groß raus—ein wandelndes Dschungel-Klischee inklusive Baströckchen, großen Kulleraugen und kompletter Sprachunfähigkeit.

Und erst im Jahr 2005 fand eine ziemlich unrühmliche Terrorismus-Storyline ihren Höhepunkt bei WrestleMania 21, wo ausgerechnet Hulk Hogan einen patriotischen Moment hatte und den arabischstämmigen Muhammed Hassan aus dem Ring verstaubte (der Wrestler hinter dem Gimmick, der eigentlich in New York geboren wurde, ist seither genau wegen dieser Storyline im athletischen Ruhestand).

Im selben Jahr hatte auch der WWE-Vorstandsvorsitzende und Wrestling-Multimilliardär Vince McMahon seinen ganz persönlichen Rassismus-Moment, als er in einem Backstage-Segment(und in der Rolle des bösen Bosses Mr. McMahon) einen auf Ghetto machte und seinen Top-Wrestler John Cena nonchalant „ma nigga" nannte.

Für eine ziemlich lückenlose Auflistung sämtlicher Rassismusfälle in der jüngeren Wrestling-Geschichte empfehle ich diesen Artikel.

Titelfoto: John McKeon | flickr | cc by 2.0