Nicht mal die Frau, die den Trump Tower gebaut hat, mag Trump
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Res

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Politik

Nicht mal die Frau, die den Trump Tower gebaut hat, mag Trump

Der Fotograf Res dokumentiert die Zeit seiner Mutter als leitende Angestellte bei Trump. Und ihren Widerstand, als er in die Politik ging.

Barbara Res war die Bauleiterin des Trump Tower und danach fast 20 Jahre lang stellvertretende Generaldirektorin der Trump Organization. Doch als Trump 2016 ins Rennen um die US-Präsidentschaft ging, stellte sie sich öffentlich gegen ihn, kritisierte seinen Sexismus und seine Übergriffe. Barbara Res ist die Mutter des Fotografen Res, der in unserer aktuellen Fotoausgabe seine Arbeiten vorstellt. Res' neues Buch Towers of Thanks dokumentiert die Beziehung seiner Mutter zu Trump. Die Sammlung unterstreicht den verstörenden Lauf der Geschichte: Trumps Worte über Barbara Res wandeln sich von ausschweifenden Lobeshymnen zu Ablehnung und Verurteilung in 140 Zeichen. Das Buch vereint Archivfotos der Trump Organization mit neuen Bildern von Barbara Res und dem Trump Tower. Vor Kurzem habe ich mich mit Res über dieses spannende Projekt unterhalten.

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Die Doppelseite, die 'Towers of Thanks' eröffnet

VICE: Was hat dich zu diesem Projekt motiviert?
Res: Das Ganze fing als etwas Therapeutisches an. Nach der Wahl stand ich da und konnte nur noch "What the fuck?" denken. Donald Trump gewann die Wahl an meinem 31. Geburtstag – genau das Alter, in dem meine Mutter anfing, für Donald Trump zu arbeiten. Ende der 1970er heuerte er sie vom Fleck weg an, als sie gerade eine große Renovierung des Hotels Grand Hyatt machte. Sie war vor Ort, um das Projekt zu leiten, und beschimpfte einen Haufen Männer, die sich weigerten, für sie zu arbeiten, und nichts gebacken kriegten. An dieser Stelle sollte ich daran erinnern, dass Frauen auf Baustellen wenige Jahre zuvor noch verboten waren. Trump konnte sehen, dass sie Kampfgeist hatte. Er gab ihr eine unglaublich große Chance: Er machte sie zur Bauleiterin des Trump Tower, und von dort aus wurde sie stellvertretende Generaldirektorin der Trump Organization. Für sie war das ein großer Karrieresprung, der unsere ganze Familie in eine andere Gesellschaftsschicht katapultierte. Im Grunde eine amerikanische Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte.


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Woher wusstest du, dass jetzt die Zeit gekommen ist, die Geschichte zu erzählen?
Nach der Wahl konnte ich es unmöglich anders sehen. Dass Trump mein und ihr Leben im selben Alter so dominierte, reichte mir schon als Grund. Außerdem habe ich schon häufiger mit meiner Familie gearbeitet und Themen behandelt, die mit Erfolg, Niederlage und männlicher Macht zu tun haben. Ich wusste, dass dieses Projekt eine Herausforderung wird, aber ich wollte die Geschichte meiner Mutter bekannt machen. Sie ist eine sehr hart arbeitende und starke Frau, und für mich ist sie eine Heldin. Das ist meine Version des amerikanischen Traums: Der Protagonist ist eine Frau, der Erzähler ist kritisch und queer, und die Geschichte endet nicht im typischen Triumph.

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Meinst du, dass du Trump mit diesem Projekt noch mehr Aufmerksamkeit bringst?
Ich habe mich schon immer über Trump geärgert. Selbst in jungen Jahren habe ich schon gehasst, dass er so viel Lob für die harte Arbeit meiner Mutter bekam. Ich hasse das auch heute noch. Er tendiert dazu, seinen Namen auf Dinge zu stempeln, die andere gemacht haben. Bezüglich meines Projekts habe ich also komplizierte Gefühle. Ohne ihn gäbe es das Projekt nicht, und wenn er nicht so relevant wäre, gäbe es auch dieses Interview über mein Projekt nicht. Aber ich habe seine Erscheinung aus dem Buch rausgehalten – ihr kriegt sein Gesicht da nicht zu sehen.

Wie stellst du Trump in dem Buch dar?
Ich zitiere nur öffentliche Aussagen, die er im Laufe der Jahre über meine Mutter gemacht hat – und die sich irgendwann selbst widersprechen. Ich setze das Bild des Trump Tower nur vorsichtig ein, denn für mich steht das Gebäude gleichzeitig für die harte Arbeit meiner Mutter und für das Böse, das Trump in die Welt trägt. Ich bin mit Bewunderung für den Trump Tower aufgewachsen, aber habe auch schon vor seinen Türen demonstriert. Als Kind versuchte ich, die Pläne des Gebäudeinneren vom Zeichentisch meines Vaters abzumalen. Wenn ich den Trump Tower betrete, fühlt er sich vertraut an. Ich kenne ihn so gut wie den beigen Zottelteppich, den mein Opa in seinem Wohnzimmer in Queens hatte. Ich kenne ihn wie die Geschichten meiner Großmutter über ihren Feigenbaum in ihrer Heimat Griechenland. Der Trump Tower ist ein Teil meines Erbes, und mein Erbe enthält sowohl Stolz als auch Entsetzen.

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Wie sieht deine Mutter Trumps Wahlsieg?
Ich habe meine Mutter gebeten, diese Frage zu beantworten. Sie sagt:

"Ich hatte nie erwartet, dass Trump gewinnt. Ich war am Boden zerstört. Ich wusste, was er diesem Land antun würde. Ab dem Bau des Trump Tower veränderte er sich so stark. Er hörte nicht länger auf Ratschläge, umgab sich mit Speichelleckern und fing an, andere mit unfassbarer Verachtung zu behandeln, vor allem Frauen. Er war egomanisch und glaubte irgendwann seine eigenen Lügen. Und er log durchgehend. Meine schlimmsten Befürchtungen sind wahr geworden. Er hat unser Land entzweit, den Schlimmsten in unserer Gesellschaft Hilfe und Trost gespendet, und seine eigenen Interessen so rücksichtslos verfolgt, dass es People of Color, Frauen, Homosexuellen, der Arbeiterklasse und der Umwelt schlimme Schäden zufügen wird."

Was für Bilder hast du für diese Sammlung neu erschaffen?
Für mich war es sehr wichtig, hier einen Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart herzustellen. Gleichzeitig wollte ich auch ansprechen, welche Rolle die Fotografie im Trump-Mythos spielt. Ich war noch ein Kind, als meine Mutter für Trump arbeitete, und ein junger Erwachsener, als der Traum vorbei war – sie verließ die Firma und er verließ das Immobiliengewerbe, um Reality-TV zu machen. Heute bin ich ein junger Künstler, der versucht, das alles zu begreifen und begreifbar zu machen. Die Bilder vom Trump Tower und von meiner Mutter aus den 1980ern und 90ern haben mein Verständnis dieser Geschichte dermaßen geprägt, dass sie unbedingt in das Buch mussten. Dann sind da Fotos, die ich inszeniert oder dokumentarisch festgehalten habe. Ein einziger Format-Ansatz reichte mir hier einfach nicht, um die Komplexität und den Sinn des Ganzen einzufangen.

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Wie bist du auf den Titel des Projekts gekommen?
Ich habe das Cartier-Armband fotografiert, das Trump meiner Mutter schenkte, als der Trump Tower fertiggestellt war. Darin war eingraviert: "Towers of Thanks – Love, Donald". Wer gibt seiner leitenden Angestellten ein Armband, nachdem sie einen Wolkenkratzer in Manhattan gebaut hat?

Gibt es unerwartete Reaktionen auf das Projekt?
Es gibt da ein Foto mit dem Titel Mom, November 9, 2016. Das habe ich nach der Wahl geschossen. Es zeigt meine Mutter, die traurig und ängstlich aussieht. Mehrere Leute haben mir gesagt, ich soll das Bild aus der Sammlung nehmen, weil es angeblich ihre Stärke untergräbt. Das hat mich schockiert. Die Menschen haben offensichtlich ein Problem mit der Komplexität der Stärke – sie verstehen nicht, dass Schwäche einen Teil der Stärke ausmacht. Das ist eine Tendenz, die Geschichten erzählen sehr gefährlich macht, und ich denke, ich habe zum Teil deswegen lange mit dieser Geschichte gezögert.

Was meinst du, was für Fotografie Trump sich gern ansieht?
Ich habe keine Ahnung. Mein erster Instinkt sagt, vermutlich Bilder von sich selbst. Aber es gibt keine Hinweise darauf, dass Trump überhaupt weiß, wie man irgendwas betrachtet. Betrachten ist eine aktive Bemühung, für die man wirklich anwesend und offen sein muss und die Zeit kostet. Man muss gewillt sein, aus sich selbst herauszugehen, ohne dass man weiß, ob man noch derselbe Mensch ist, wenn man wieder zurückkommt. Glaube ich, dass Trump so was macht? Nein.

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Würdest du ihn fotografieren, wenn du die Gelegenheit hättest?
Das würde ich. Ob ich die Fotos zeigen würde, ist eine andere Frage. Ich denke, es gibt mehr als genug Bilder von ihm auf der Welt, da muss ich nicht noch dazu beitragen.

Wie siehst du die Rolle und Verantwortung von Fotografen oder Fotografinnen während seiner Amtszeit?
Wir müssen weiterarbeiten. Natürlich kann das ganz unterschiedliche Formen annehmen, es gibt ja nicht nur eine Art zu arbeiten oder einen Weg, sich gegen eine Macht des Bösen wie Trump zu wehren. Hört einfach nicht auf und werdet nicht faul. Wenn es sich wie eine Herausforderung anfühlt, machen wir vermutlich was richtig.

Towers of Thanks ist jetzt bei Loose Joints erhältlich.