FYI.

This story is over 5 years old.

Kriminallfall (fast)

Journalist täuscht Hinrichtung vor – und taucht plötzlich wieder auf

Er wollte seine Killer fangen. Nicht einmal seine Frau wusste von seinem irren Plan.
Foto: screenshot TV Rain

Die weltweite Empörung war groß, die Schlagzeilen hatten es in sich: "Mord an einem kompromisslosen Kreml-Kritiker", "Journalist und Putin-Kritiker Arkadi Babtschenko in Kiew erschossen". In einem Artikel der Welt heißt es: "Der Killer streckte ihn mit drei Kugeln in den Rücken nieder." Veröffentlicht wurde er Mittwochnachmittag. "Die Täter und ihre Hintermänner dürfen nicht ohne Strafe davonkommen wie in so vielen anderen Fällen", mahnte die Organisation Reporter ohne Grenzen. Wieder wurde ein Kritiker der russischen Politik umgebracht – hatte es den Anschein. Sogar der russische Außenminister Sergej Lawrow äußerte sich und stritt ab, dass Russland hinter dem Mord an dem Kriegsreporter stecke.

Anzeige

Und plötzlich tauchte Arkadi Babtschenko am Mittwochabend auf einer Pressekonferenz in Kiew auf.

Menschen gedachten Babtschenko, aber er lebt || Foto: imago | Zuma

Hinter der Wendung in dem Doch-nicht-Mordfall-Babtschenko soll der ukrainische Geheimdienst SBU stecken. So bizarr der Fall anmutet, so ernst soll der Hintergrund sein. Babtschenko ist russischer Staatsbürger und Kriegsveteran, er hat für Moskau in Tschetschenien gedient. Später avancierte er zu einem gefragten Kriegsreporter und zunehmend auch zum Kritiker der russischen Machtelite. Wegen Drohungen gegen ihn, seine Frau und seine Tochter hat er Russland verlassen und lebt nun in Kiew, wie viele russische Dissidenten. Mehrere Mitglieder dieser Community sind in den vergangenen Jahren ermordet worden, darunter auch Journalisten.

Laut ukrainischem Geheimdienst soll Moskau nun geplant haben, Babtschenko umzubringen. Deshalb hätten ukrainische Agenten seinen Mord vorgetäuscht, um die Hintermänner zu schnappen, was auch gelungen sei. Diese Angaben lassen sich aktuell nicht überprüfen, wobei auch in Zukunft wohl nur der Geheimdienst selbst wissen wird, ob diese Version der Geschichte stimmt.

Der 41-jährige Journalist selbst entschuldigte sich auf der Pressekonferenz bei seiner Frau für die Todesnachricht. Nicht einmal sie habe gewusst, dass er noch am Leben war.

Sicher ist, dass durch solche Manöver viel Vertrauen verloren geht. In dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, in dem ohnehin oft nicht klar ist, was stimmt und was nicht, ist journalistische Glaubwürdigkeit besonders wichtig. Fürsprecher von Kreml-Kritikern werden daher künftig wohl besonders gut abwägen, wie schnell sie jemandem zur Seite springen, der sich gegen Moskau stellt.

Die gute Nachricht aber ist: Arkadi Babtschenko lebt.

Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.