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Hangover-News, 05. Dezember 2016

Österreich hat endlich einen neuen Bundespräsidenten, in Freital half ein Polizist einer rechtsextremen Terrorzelle und das Tor des KZ Dachau ist völlig rätselhaft wieder aufgetaucht.

Das Jahr 2016 verabschiedet sich nochmal mit einem lauten FUCK YOU. Sowohl Weihnachten als auch Silvester fallen jeweils auf ein Wochenende. Ciao, extra freie Tage.

Das Wochenende bot übrigens ein besonders schönes Jubiläum: Am Samstag vor 45 Jahren wollte Nikel Pallat, der Manager der Band Ton Steine Scherben, wutgetrieben mit einer Axt den Tisch der WDR-Talkshow Ende offen zerstören. Damals sah linker Protest gegen das Establishment noch so aus: "Wenn überhaupt noch was passieren soll, muss man sich gegen den Unterdrücker stellen: Und deswegen mach' ich jetzt hier diesen Tisch mal kaputt".

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Bleiben wir bei diesem Wochenende: Wir schrammen knapp am Rechtspopulismus vorbei, zwei deutsche Grünen-Politiker werden verprellt, das gestohlene Eingangstor des KZ Dachau ist wieder aufgetaucht und in Freital half ein sächsischer Polizist Terroristen—willkommen bei den Hangover-News.

Alexander Van der Bellen wird neuer Bundespräsident Österreichs

Foto: imago | Eibner Europa

Aller guten Dinge sind vier—zumindest in Österreich. Nach vier Anläufen hat Österreich sich nun endlich entschieden, ob es einen demagogischen Rechtspopulisten oder einen glühenden Europäer zum Staatsoberhaupt möchte. Mit einem klaren Vorsprung gewann der ehemalige Grünen-Politiker Alexander Van der Bellen am gestrigen Sonntag die Präsidentenwahl.

Nach dem vorläufigen Endergebnis steht es 51,7 Prozent für den partei-unabhängigen Van der Bellen und 48,3 Prozent für seinen Kontrahenten Norbert Hofer aus der rechtspopulistischen FPÖ. Die Chancen für Hofer sind passé—seine Partei akzeptierte gestern offiziell den Sieg Van der Bellens.

Noch sind also nicht alle Hoffnungen auf ein freies und liberales Europa verloren. Dennoch zeigt die Wahl, wie groß die politische Spaltung ist: Stadt gegen Land, Akademiker gegen Hauptschulabschluss, Mann gegen Frau.

Schweizer Rüstungskonzern stockt im Nahen Osten auf

Ruag Fabrik in Emmen, Schweiz | Foto von Wes1947 | Wikimedia | CC BY-SA 3.0

Der bundeseigene Schweizer Rüstungskonzern Ruag will im Nahen Osten wachsen und hat eine Tochtergesellschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgebaut. Gegenüber der Sonntagszeitung und Le Matin Dimanche bestätigte Ruag, dass sie in Abu Dhabi von 4 auf 10 bis 15 Personen aufstocken werde. Die dortige Ruag-Tochter gehört zu 51 Prozent lokalen Geschäftsleuten, deren Identität anonym bleibt. Sie entwickelt Kriegssimulatoren und vermarktet Waffensysteme.

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Waffen aus den Geschäften von Ruag waren in der Vergangenheit in Konflikte verwickelt. Nicht zuletzt, weil die Emirate beim Jemen-Konflikt mitmischen und Handgranaten der Ruag illegal weitergaben, die später in Syrien eingesetzt wurden.

Rätselhafter Fund des gestohlenen Tors aus dem KZ Dachau

Foto: Polizei Oberbayern

Das vor zwei Jahren ausgehebelte und gestohlene Tor aus dem KZ Dachau ist wieder aufgetaucht—jedoch weit weg vom oberbayrischen Dachau mitten in Norwegen. Laut der norwegischen Polizei stand es in der Nähe des Orts Bergen im freien Gelände, die Beamten hatten einen anonymen Hinweis bekommen. Jetzt steht die deutsche Justiz vor mehreren Rätseln: Handelt es sich tatsächlich um das echte Tor? Wie gelang es nach Norwegen? Wer hat es gestohlen und dann an einem öffentlichen Platz abgeladen?

Vor zwei Jahren sorgte der Diebstahl international für Aufregung, ein Finderlohn von 10.000 Euro wurde ausgesetzt. Auf dem Tor steht das zynische und für die menschenverachtende Ideologie hinter den Konzentrationslagern der Nazizeit symbolische "Arbeit macht frei". Dabei war es nicht der erste Diebstahl von Gütern aus KZs: So entwendeten 2009 fünf Diebe im KZ Auschwitz den "Arbeit macht frei"-Schriftzug und zersägten ihn in Einzelteile. Schon wenige Tage später konnten die Ermittler die Täter fassen.

Italien stimmt gegen eine Verfassungsreform

Beim gestrigen Referendum über eine von Ministerpräsident Renzi angestrebte Verfassungsreform in Italien stimmten 59 Prozent der Italiener für "Nein". Sinn und Zweck des Referendums war, den Gesetzgebungsprozess zu vereinfachen, außerdem sollten weitere bürokratische Hürden abgeschafft werden. Nach der Niederlage tritt Ministerpräsident Renzi nun zurück und sagte, der Weg seiner Regierung sei nun zu Ende.

Was jetzt passiert, ist noch nicht entschieden. Möglich wäre eine Übergangsregierung oder vorgezogene Neuwahlen. Jedenfalls kann sich das verschuldete und von einer Bankenkrise betroffene Italien nicht leisten, längere Zeit führungslos zu sein. Fest steht jedenfalls, dass die Gegner von Renzi Grund zu feiern haben—unter anderem die ausländerfeindliche Oppositionspartei Lega Nord und die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung.

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Wie ein sächsischer Polizist jahrelang Freitaler Rechtsextreme mit Informationen versorgte

Seit Anfang November läuft der Prozess um die rechtsextreme Terrorzelle "Gruppe Freital", die für fünf fremdenfeindliche und politisch motivierte Anschläge in Sachsen verantwortlich gemacht wird. Jetzt wurde der Verdacht bekannt, dass ein sächsischer Polizist die Gruppe mit Informationen versorgt haben soll. Dabei soll er nicht nur Dienstgeheimnisse ausgeplaudert haben, sondern aktiv als Terrorhelfer beteiligt gewesen sein. So hatte der Polizist die Gruppe wohl öfter auch vor Polizeieinsätzen gewarnt.

Jedoch gab die Staatsanwaltschaft Dresden erst nach langem Hin und Her und nach Anfrage von ZEIT Online zu, dass es diesen Helfer gebe. Die Anzeige läuft dabei immer noch gegen Unbekannt, obwohl der Name des Täters laut Zeugenaussagen bekannt ist. Der Fall wird immer kurioser, denn gleichzeitig wurde das Thema im Parlament nicht besprochen, wie die sächsische Opposition jetzt kritisiert. Dass zu spät gehandelt wurde, kritisiert auch Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der sächsischen Grünen: "Sollte sich herausstellen, dass die Verbindungen von Polizei und Rechtsextremen so eng sind, dann hat nicht nur Sachsen ein Problem mit Rechtsextremismus, sondern auch die Staatsregierung."

Ein Geflüchteter soll eine junge Studentin vergewaltigt und getötet haben

Die Todesanzeige der Studentin mit Aufruf zum Spenden für Geflüchtete | Screenshot: FAZ

Am Samstag erließ das Amtsgericht Freiburg einen Haftbefehl gegen einen 17-jährigen, geflüchteten Afghanen wegen des dringenden Tatverdachts, die 19-jährige Studentin Maria L. in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober erst vergewaltigt und anschließend getötet zu haben. Die junge Frau war in der Flüchtlingshilfe aktiv und wurde am Morgen nach einer Party tot aufgefunden. Die Traueranzeige enthält die Bitte, von Blumen abzusehen und stattdessen an zwei soziale Träger zu spenden, die sich auch für Geflüchtete einsetzen. Noch ist unklar, ob sich Täter und Opfer kannten oder Maria L. zufällig zum Opfer wurde.