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Popkultur

'20 Regeln für Sylvie' ist der Biermeter der Basler Studi-Nostalgie

Wegen 20 Regeln für Sylvie wünsche ich mich wieder ins erste Semester an der Uni Basel.

Stills zur Verfügung gestellt von Jabpix

Ich lebe mit einem Zürich-Komplex. Da hat es eine gewisse Regelmässigkeit, dass SMS-Dialoge, wie jener während meinem Genuss von 20 Regeln für Sylvie, ihren Weg von Züri nach Baasel und zurück finden:

23.45: ah ein heimatfilm auf dem land also? Son bissi retro chic? Ja das mögen die hipsters. :-)
23:55 Haha! Und bianca Story kommen vor. Er ist so toll. Er ist Basel.
23:58 Ja, ja… ich weiss schon, warum ich ihn nicht sehen soll … weil er wohl gar nicht soo toll ist weil halt ein bissi provinziell
00:03 Ich will ihn heiraten.
00:08 Und wenn wir uns mit der Ankündigung dann zum dorfboten degradiert haben darf ich post ex facto herausfinden, weshalb das geschehen ist :-))
00:11 Die unibibliothek kommt vor!
00:15 Haha! Passt.
00:15 Er ist imfall wirklich gut trashig. Er ist wie wir.
00:16 Grad wurde er schlecht, die können Cannabis nicht glaubwürdig rüberbringen
00:18 Oh gott! Jemand gebe denen echtes thc

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00:53 Er ist arg provinziell.
00:54 hahahahaha wirklich? Damn ich hab mich gefreut.
00:55 Aber trotzdem gut.

Zwei Dinge zum Erfahrungsticker von 20 Regeln für Sylvie: Ja, die ersten 30 Minuten sind wunderbar überspitzter Coming of Age-Trash. Ja, in den restlichen 60 Minuten musste ich zwei, drei Mal an Achtung, Fertig, Charlie! denken. Natürlich ist das schade, aber es ist wie bei einem Familienfest: Man geht gerne hin, auch wenn der Russische Salat in Mayonnaise schwimmt und der Lieblingsonkel mit Pouletknochen quer im Mund rassistische Chaschperli-Figuren imitiert.

Regisseur und Selbstausbeuter Giacun Caduff hat mit dem Bild (und auch mit dem Achtung, Fertig, Charlie!-Vergleich) kein Problem: „Man muss keinen Film machen, der allen gefällt, aber auch keinen Familienfest-Vorführfilm ohne Qualität."

Ein Ding zum Inhalt von 20 Regeln für Sylvie: Ein neurotischer Vater erlegt seiner Mauerblümchen-Tochter 20 Regeln, die sie während ihrem Studium einhalten soll, auf. Das Spektrum geht von „Kein Sex" über „Keine Drogen" (Für die Macher ist Cannabis eine Droge.) bis „Keine Telefone nach Mitternacht".

Ein Plot so hanebüchen wie der von jedem Teenie-Film ob American Pie oder Party Animals, aber halt in Baaasel. Caduff: „Es wird interessant, wie die Zürcher reagieren. Es gibt im Film zwei Montagen, die ich als Liebeserklärungen an Basel betitle. Die Mittlere Rheinbrücke und die Herbstmesse. Der Song bei der Herbstmesse heisst sogar ‚Love letter to Basel'."

20 Regeln für Sylvie ist Familientreffen, ist Basel. Die UB-Regale erinnern mich an vergilbte Herrschaftstheorie-Bände aus dem 19. Jahrhundert, an Fokusflashs in der Lernphase und daran, wie zittrig ich die Plastiksäcke voll Bücher jeweils heimtrug, wenn ich die Vornacht mit Pastis unter Dachbalken verbracht hatte.

20 Regeln für Sylvie ist mein Weg nach Hause in die Vergangenheit und ich werde ihn mir noch bei manchem Nostalgieanfall anschauen. (Und die völlig hirnlosen Kifferwitze ignorieren.) Das Familientreffen startet morgen in den Schweizer Kinos!

Folgt Benj auf Twitter, wenn Nostalgie auch euer Lieblingswort ist: @biofrontsau