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Die längste Wahl der Welt

Bei der Präsidentschaftswahl anzutreten war das Dümmste, was die SPÖ tun konnte

Mit der Niederlage kommt die SPÖ in eine äußerst missliche Lage. Zurücklehnen und einfach nicht bei der Wahl antreten hätte ihr einiges erspart.

Foto: SPÖ Presse & Kommunikation | Flickr | CC BY 3.0

Die Bundespräsidentschaftswahl ist vorerst vorbei und die Niederlage der Regierungsparteien ist sogar noch größer als erwartet: Die SPÖ—die in diesem Land immerhin den Kanzler stellt—kommt auf derzeit gerade einmal 11 Prozent und bildet damit leicht vor der ÖVP das Schlusslicht (Lugner zählt hier mit 2,3 Prozent mal nicht) des Kandidatenfeldes. Damit ist sie meilenweit von der Stichwahl entfernt, und noch viel weiter weg vom Glanz der alten Tage. Natürlich ist die Wahl theoretisch eine Personen- und keine Parteienwahl, aber sie wurde durch das sture, geschlossen parteiische Antreten von ÖVP und SPÖ letztendlich doch zu so einer solchen gemacht.

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Die Optik ist jedenfalls fatal—und eingebrockt hat sich das vor allem die SPÖ selbst. Denn man hätte sich den Ärger leicht ersparen können, indem man ganz einfach gar keinen Kandidaten aufgestellt hätte. An der Wahl teilzunehmen war vermutlich sogar das Dümmste, was die SPÖ tun konnte. Aus Gründen.

Die SPÖ hätte auf "Heinz Fischer & chill" setzen können

Es war wohl in erster Linie Prestige-Denken, aber geendet hat es im selbstzerfleischenden Partei-Hickhack. Dabei hat die SPÖ ja ohnehin 12 Jahre lang mit Heinz Fischer den Präsidenten gestellt. Nach dieser relativen Erfolgsstory—Fischer war über die Jahre zu einem allseits beliebten Opa der Nation geworden—hätte man die Größe haben und diesmal einfach auf die Kandidatur verzichten können.

Auch aus dem einfachen Grund, dass man keine wirklich geeignete Person zur Verfügung hatte. Einst war wohl geplant, Barbara Prammer als Fischer-Nachfolger ins Spiel zu bringen. Sie hätte wohl durchaus gute Chancen gehabt, Van der Bellen wäre (der Aussage im ORF-Duell zufolge) in dem Fall vermutlich gar nicht angetreten. Ihr tragischer Tod vor zwei Jahren machte das unmöglich.

Es ist auch kein Weltuntergang, als Regierungspartei keine Person aufzustellen. Auch die ÖVP hat bei der letzten Wahl 2010 auf eine Kandidatur verzichtet und ist daran nicht zugrunde gegangen (OK, oder sagen wir: zumindest haben andere Dinge auch maßgeblich mitgespielt).

Die SPÖ verliert Wähler und einen passablen Minister

So wurde es also Rudolf Hundstorfer. Wirklich zufrieden war mit dieser Entscheidung wohl niemand—vermutlich inklusive ihm selbst, wenn man an die diversen ungelenken Momente im Wahlkampf denkt. Dabei war Hundstorfer zuvor ein souveräner Sozialminister mit recht hohen Sympathiewerten. Präsidial wirkte er jedoch in keinem Moment.

In diesem schwierigen Wahlkampf, der durch viel Lautstärke und ein großes Kandidatenfeld gezeichnet war, blieb für einen Sachpolitiker wie Hundstorfer auch wenig Platz, ein erkennbares Profil zu erarbeiten. Als Regierungsmitglied bot er zudem enorm viel direkte Angriffsfläche für Hofer und Co. Sein ziemlich fragwürdiges Coaching tat den Rest. Anstatt sich den nach wie vor hohen Wohlstand, die relativ niedrige Arbeitslosigkeit und das großzügige Sozialsystem auf die Schultern zu schreiben, fiel er in den Fernsehdebatten mit unpassenden Sticheleien auf.

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Wenn Hundstorfer nun mit dieser Niederlage in Pension geht, ist es ein Abgang, den er eigentlich nicht verdient hat. Für die SPÖ ist es der Verlust eines ihrer wenigen passablen Regierungsmitglieder.

Die SPÖ hätte die Niederlage kommen sehen können

Hat sich die SPÖ wirklich jemals Chancen auf einen Sieg eingeräumt? Falls ja, zeugt das nicht gerade von Realitätssinn. Mitte Jänner, als man sich ins Rennen warf, stand die Partei bundesweit bei knapp über 20 Prozent, noch hinter der ÖVP. Dachte man wirklich, dass man mit einem Kandidaten, der kein Überflieger ist und angesichts der bereits klar positionierten, recht populären Konkurrenz (Griss, Van der Bellen) nun plötzlich in der Beliebtheit nach oben schellt?

Vielmehr ist folgendes eingetreten: Gemäßigte bis liberale Wähler, die dezidiert gegen Norbert Hofer als Präsident sind, haben sich aufgesplittert, was zum klaren Sieg der FPÖ sicher beigetragen hat.

Mit der Niederlage kommt man nun in eine äußerst missliche Lage. Bundesweit gerade einmal 11 Prozent für die Kandidaten der Regierungspartei ist ein Elfmeter für Kritiker, um der Regierung mangelnden Rückhalt in der Bevölkerung zu attestieren. Zwar ist es, wie gesagt, theoretisch keine Parteienwahl gewesen, SPÖ (und auch die ÖVP) haben es aber auf Teufel komm raus auf so einen Wettstreit angelegt. Die Rücktrittsbefehle der FPÖ kann man schon vernehmen. Und das Loser-Image kann am Ende zur Folge haben, dass auch noch die letzten, verbliebenen SPÖ-Wähler immer mehr an der Partei zweifeln.

Ein Abwärtstrend, den man selbst kräftig angekurbelt hat. Zurücklehnen und gegebenenfalls eine Wahlempfehlung abgeben hätte der Partei wohl einiges an Problemen erspart. Und ganz nebenbei auch 1,6 Millionen Euro für Wahlkampfausgaben.

Thomas auf Twitter: @t_moonshine