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Der berühmteste Marihuana schmuggelnde Rennfahrer ist wieder frei

Weil er in den 80ern 300 Tonnen Marihuana geschmuggelt hatte, saß Randy Lanier 25 Jahre im Gefängnis. Eigentlich lebenslänglich, doch jetzt ist er wieder frei. Warum, weiß niemand so richtig.

Randy Lanier war ein berühmter Rennfahrer. Dann wurde er von FBI-Beamten wegen Marihuana-Schmuggels festgenommen. Foto: Facebook

Mindestens 15 Menschen verbüßen wegen gewaltlosen, mit Marihuana zusammenhängenden Verbrechen in US-Gefängnissen eine lebenslange Haftstrafe ohne die Möglichkeit auf Bewährung. Bis vor Kurzem gehörte auch Randy Lanier zu diesen Personen.

Am 15. Oktober wurde der ehemalige Profi-Rennfahrer und Drogenschmuggler jedoch aus dem Gefängnis gelassen. 1987 wurde er beschuldigt, über einen Zeitraum von sieben Jahren hinweg 300 Tonnen Marihuana in die USA geschmuggelt zu haben. Ein Jahr später wurde er dazu verurteilt, den Rest seines Lebens hinter Gittern zu verbringen. Aber am 15. September dieses Jahres unterzeichnete der Amtsrichter J. Phil Gilbert ein nicht öffentlich gemachtes Gesuch für seine Entlassung. Damit konnte der inzwischen 60-jährige Lanier zum ersten Mal seit 1998 den Geruch der Freiheit riechen. Wir werden wahrscheinlich nie erfahren, warum es so kam.

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In ganz Amerika warten Befürworter einer Drogengesetz-Reform begierig auf den November 2015. Dann will das FBI nämlich bei Tausenden gewaltfreien Häftlingen Gnade walten lassen, die in der heutigen Zeit wohl zu ganz anderen Strafen verurteilt worden wären. Immer mehr US-Bundesstaaten sehen Marihuana inzwischen als Medizin an und viele der Häftlinge, die auf eine Urteilsmilderung hoffen, sind wegen der Droge verurteilte Straftäter wie Lanier.

Lanier ist ein Junge vom Lande, der in Davie, Florida, aufgewachsen ist. „Wir haben ihn Redneck genannt, weil er immer draußen in der Sonne war und auf dem Bau arbeitete”, sagt sein Freund Charles Podesta, der zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden war, weil er mit Lanier zusammen Cannabis transportiert hatte. „Wir haben mit Unzen angefangen. Später haben wir dann schon pfundweise Cannabis gekauft. Wir trugen dabei nie Waffen.”

Seine Tochter Brandie kann sich erinnern, dass ihr Vater Pferde liebte und nur zufällig beim Autorennen gelandet war. „Er hatte diesen alten, heruntergekommenen Porsche, der fast auseinander fiel. Er fuhr damit zu einer Autoshow und hat sich spaßeshalber eine Rennlizenz geholt. Er nahm dann an einem Rennen teil, bei dem tatsächlich Teile vom Auto abfielen. Trotzdem hat er das Rennen gewonnen.”

Die Bundespolizei wurde auf Lanier aufmerksam, als er anfing, sich als Fahrer einen Namen zu machen. 1984 gewann er die International Motor Sports Association (IMSA) GT-Meisterschaft mit dem unabhängigen Blue Thunder Racing Team. 1986 wurde er bei Indianapolis 500 zum Rookie of the Year gewählt. Angesichts des schlechten Rufs dieser Sportart und der im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Prozesse wegen Drogenschmuggels, die gegen andere Rennteams in Florida geführt wurden, fing die Regierung an, sich zu wundern, wo Lanier das Geld und die Ressourcen hernahm, um mit großen Fahrern konkurrieren zu können—und zu gewinnen.

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Als die Klage eingereicht wurde, sagte man Lanier und seinem Partner Ben Kramer, dass sie nie wieder das Tageslicht sehen würden. (Kramer, ein Powerboat-Weltmeister mit Verbindungen zum berühmt-berüchtigten Mafioso Meyer Lansky, versuchte 1990, mit einem Helikopter aus einem Gefängnis in Miami auszubrechen. Der Helikopter stürzte allerdings ab.)

Für Billy Corben, Regisseur von Filmen wie Cocaine Cowboys und Limelight und quasi Experte beim Thema Drogenverbot, ist es nicht überraschend, dass Lanier und Kramer angefangen haben, mit Marihuana zu handeln. Mit fast 8000 Kilometern Küste und an der Küste gelegenen Wasserstraßen ist Florida ein Paradies für Schmuggler. Am Drogenhandel beteiligten sich die Black Tuna Gang und die Ethiopian Zion Coptic Church. Die Stadt Everglades City wurde durch Billy Corbens Dokumentarfilm Square Grouper berühmt.

Obwohl der Drogenhandel Menschen aus allen Bereichen anzog, waren es doch besonders häufig Männer mit einem Hang zu schnellen Autos und Booten, die sich in den Drogenhandel verwickeln ließen. Heutzutage wird die IMSA auch schon mal spöttisch International Marihuana Smuggling Association genannt.

„Legt man den entsprechenden Dollar-Wert der 80er zugrunde, hätte es 500.000 Dollar gekostet, ein konkurrenzfähiges Schiff zu unterhalten”, sagt Corben. „Wer hatte denn schon so viel Geld? Zu dieser Zeit waren in jeder Sportart in Miami Drogenschmuggler vertreten.”

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Im Gegensatz zu den meisten Drogenhändlern in Florida wurde Laniers Organisation mit mindestens einem Mord in Verbindung gebracht. 1987 brachte ein FBI-Agent Lanier und Kramer mit sechs Hinrichtungen in Verbindung. Lanier wurde nie wegen dieser Morde angeklagt. Kramer allerdings wurde schließlich für schuldig befunden, 1996 einen Mord an seinem größten Rivalen, Rennboot-Mogul Don Aronow, in Auftrag gegeben zu haben.

Cheri Sicard, Laniers Pressesprecherin, bestreitet, dass Lanier jemals in Gewaltverbrechen verwickelt gewesen wäre. „Die Mordvorwürfe sind einfach nur Verleumdung”, schrieb sie mir über Facebook, lehnte aber jede weitere Stellungnahme ab.

Aber warum sollte Lanier so früh aus dem Gefängnis entlassen werden, wenn er im Austausch nichts anbieten kann, das als Beweis dienen könnte? „Die Regierung kommt nicht einfach daher und sagt ‘Geben wir diesem Typen eine Chance’”, sagt Corben über Laniers Entlassung. „Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, was wirklich passiert ist. Ich wüsste auch nicht, welche Informationen er der Regierung hätte liefern können, die nach all den Jahren noch nützlich wären.”

Jim L. Porter, stellvertretender Staatsanwalt und zuständig für Süd-Illinois, bestätigte, dass Lanier freigelassen werde. In einer E-Mail schrieb er mir allerdings, dass er mir nicht sagen könne warum.

Aus welchem Grund auch immer er aus der Haft entlassen wurde, Lanier muss einige Auflagen erfüllen, bevor er endgültig frei sein wird. Er muss in eine Wiedereingliederungswohnanlage ziehen, darf keinen Alkohol trinken und keine Schusswaffen besitzen und wird höchstwahrscheinlich ein Jahr lang einmal pro Woche auf Drogen getestet. Im Vergleich zu einer Haftstrafe sind das aber immer noch ziemlich gute Aussichten.

„Heute Morgen habe ich das Gefängnis als freier Mann verlassen”, ließ Lanier am 15. Oktober über seine Pressesprecherin auf Facebook posten. „Dank eurer Liebe, eurer Gebete, eurer Unterstützung und positiven Energie hat die universelle Lebensenergie unser Rechtssystem so gesteuert, dass meine Strafe in die bereits in Haft verbrachte Zeit umgewandelt wurde.”