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Gib Zürich dein Gesicht

Der Typ, dem Zürichs Reiche vertrauen

Alex Marchi wird jeden Tag aufs Neue zum Millionär—als Chef der Parking-Firma Valet Züri.
Alle Fotos von Horatiu Sovaiala

Wohl niemand in Zürich fährt so viele Maseratis, Bentleys und Morgans durch die Gegend wie Alex Marchi. Der im Kreis 4 aufgewachsene Italo-Schweizer ist Gründer und Chef der Parking-Firma Valet Züri. Seit vier Jahren überlassen ihm seine, in erster Linie reichen Kunden, ihre Autoschlüssel mit dem Auftrag: Parkieren, staubsaugen, herumchauffieren.

Ich treffe Alex an einem traumhaften Mai-Tag auf seinem Parkplatz in einer geschützten Ecke in der Nähe des kleinen Hafens am Schanzengraben. Zur Begrüssung zieht Alex kurz über die drei grauen Vans einer Putzfirma her, die ihm monatlich Parkplätze klauen. Und schon reiht er Anekdote an Anekdote. Er erzählt von seiner Traumwohnung ("20 Quadratmeter Wohnraum und eine riesige Tiefgarage für Valet Züri"). Von der Ronald Reagan-Figur in einem der angrenzenden Fenster, die seine Kundinnen regelmässig dem Herztod einen Schritt näher bringt. Und von seinem Traum, Valet Parking in der Schweiz zu etablieren.

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VICE: Bei deinem ersten Valet Parking in Herrliberg hattest du Probleme mit der Polizei, weil du die Autos auf den Trottoirs parkiert hast. Die Bussen stiegen schon mal auf 1'000 Franken pro Jahr.
Alex Marchi: Das ist inzwischen vorbei. Die Polizei wurde sehr tolerant.

Konntest du sie erziehen?
Ich schaue, dass nicht mehr so viele Autos dastehen. Manchmal sehe ich die Polizei noch vorbeifahren. Dann ein zweites Mal. Und dann weiss ich: Beim dritten Mal halten sie an und verteilen Bussen. Aber sie geben mir immer ein wenig Zeit.

Ist das typisch Italiener?
Genau. Ich gehe immer aufs Ganze!

Du hast mit Valet Züri Grosses vor. Sprichst von Valet Bern, Valet Basel, usw. Wann wirst du zum Millionär?
Ich werde jeden Tag zum Millionär! Zähl doch mal den Wert dieser Autos zusammen. Und schau dir meine schönen Kundinnen an. Ich bin happy. Klar, mit dem Geld könnte es besser sein. Ich möchte schon mehrere Standorte haben. Aber ich brauche auch nicht viel, um zu leben.

Bei welchem Auto hat das Parkieren am meisten Spass gemacht?
Morgan Aero 8, Jahrgang 2011. Der ist nur eine handbreit über dem Boden. Du hast das Gefühl, du sitzt auf einer Harley! BRRRMM! BRRRRMMM!

Und was für ein Auto fährst du selbst?
(Zeigt auf das—neben den Putzautos—einzige Auto auf dem Parkplatz, bei dem wohl nicht Status, sondern Funktion kaufentscheidend war) Einen Lancia Phedra. Einen französischen Italiener—aber: Das Luxusmodell von damals!

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Wenn du an Zürich denkst. Welches Auto repräsentiert die Stadt am Besten?
Der neue Smart. Der ist ein bisschen mehr Auto als vorher. Aber vielleicht ist das auch ein Hilferuf an Zürich. Zürich sollte mehr Smart sein—innovativ, originell, lustig.

Das war jetzt quasi der Kratzer im Auto Zürich. Welches ist die schöne Seite?
Die Ruhe, das Diskutieren, das Miteinander. In Zürich kannst du dich an jeder Ecke niederlassen und einfach geniessen.

Und was kann Zürich noch von dir lernen?
Geduld zu haben und ohne Plan einfach mal zu machen. Die Hoffnung, dass es gut geht, fehlt ein bisschen. Und nicht ständig den Drang zu haben, Dinge zu verbessern, sondern einfach mal schauen, wie sich etwas entwickelt.

Ist das die Schweizer Mentalität—immer alles besser?
Ja, das ist typisch Schweiz. Da haben die Schweizer etwas mit den Deutschen gemeinsam. Darum gibt es auch diese Hassliebe. Ich hätte gerne einen deutschen Angestellten.

Echt? Lieber einen Deutschen als einen Schweizer?
Die Schweizer machen das nicht. Sobald sie einen Staubsauger in die Hand nehmen müssen, sind sie weg. Das ist nicht ihr Stil.

Deine Kunden sind aber meistens Schweizer. Akzeptieren sie dich, den Typen mit dem Staubsauger?
Ja. Diese Beziehung braucht viel Vertrauen. Weil ich nicht schweizerisch aussehe sogar ein bisschen mehr. Es hilft, dass ich akzentfrei Schweizerdeutsch spreche. Als ich angefangen habe mit Valet Parking, wurde ich von neuen Kunden immer von oben bis unten gescannt—"Was ist das für ein Mensch?" Ich habe Schweizerdeutsch mit ihnen gesprochen und sie antworteten mir auf Hochdeutsch. Die Leute müssen sich einfach daran gewöhnen.

Was wärst du heute, wenn du in Italien aufgewachsen wärst?
Familienvater. Ich müsste eine Familie ernähren und zuschauen, wie das mit Berlusconi und dem Euro weitergeht.

Zum Abschluss wird dein Gesicht nun mit jenen von tausenden anderen Zürchern zusammengemorpht. Was trägst du zu diesem schönsten Zürcher bei?
Charakterlich schenke ich dem schönsten Zürcher meine Offenheit. Optisch meine Augen. Immer wenn Kinder hier vorbeigehen, sehen sie staunend in meine Augen. Die haben anscheinend einen starken Ausdruck.