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​Drogen, gerettete Küken und Munition: So tritt die Polizei im sozialen Netz auf

Die Social-Media-Abteilung der Polizei weiß offensichtlich ganz genau, dass Tier-Content im Internet der heiße Scheiß ist

Screenshots via Twitter

Laut dem Internet gibt es das Internet seit 1969. Und es hat beinahe bis jetzt gedauert, bis unsere staatlichen Institutionen bemerkten, dass sich dieses Internetz, von dem alle reden, vielleicht doch noch durchsetzen wird—und haben sich kurzerhand Social Media-Accounts zugelegt.

Die Inhalte auf diesen Seiten bewegen sich meist irgendwo zwischen sterbenslangweilig, mittelmäßig informativ und hochgradig absurd. Das Bundesheer experimentiert zum Beispiel gerne mit Photoshop, das Bundesministerium setzt immer noch auf Fotos mit Schildern—obwohl wir es mittlerweile alle besser wissen müssten—und die Polizei setzt ganz klassisch auf altbewährte Internet-Themen wie Drogen, Entenküken und Brutalität.

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"Rettung einer verletzten Fledermaus", "Bereitschaftseinheit stellt 294 Baggys Marihuana sicher" und "Totenschädel, Raketenleitwerk und Munition aufgefunden"—das sind drei Bildunterschriften, die den Social Media-Auftritt der Wiener Polizei ziemlich gut zusammenfassen. Prinzipiell postet die Polizei recht neutral und oft kommentarlos Presseaussendungen. Geht es um gerettete Tiere, konfiszierte Drogen oder Waffen, wird meist zusätzlich ein Foto veröffentlicht.

Hinter dem Account steckt ein zweiköpfiges Team, wie Manfred Reinthaler, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Wiener Polizei, auf Nachfrage von VICE erklärt. Vorher sei die Betreuung der Social Media-Kanäle "eher nebenbei mitgelaufen", jetzt sei man jedoch dabei, das Team auszubauen. Was es bedeutet, wenn die Social Media-Betreuung "nebenbei mitläuft", wurde vor allem bei der letzten Demonstration der rechtsextremen Identitären in Wien klar. Hier ist die Polizei auf Twitter wahrscheinlich zum ersten und letzten Mal aus ihrer ansonsten recht abgeklärten Social Media-Rolle gefallen, als sie einige konfiszierte Demo-Gegenstände mit den Worten "Alles, was man für eine friedliche Demonstration braucht" postete und dafür auch starke Kritik kassierte.

Bei der Demonstration kam es zu Ausschreitungen zwischen der sogenannten Identitären Bewegung und Gegendemonstranten. Steine wurden geworfen. Die Gegenstände auf dem Bild sind aufgrund des Flyers, der zu sehen ist, klar einem Gegendemonstranten zuzuordnen, wodurch sich die Polizei durch den sarkastischen Tonfall ihres Postings klar positioniert.

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"Als staatliche Behörde ist es notwendig, neutral und, wenn es notwendig ist, auch bestimmt aufzutreten. Zu den angesprochenen Postings kann ich nur so viel sagen: Die Fotos zu verbreiten, ist sicherlich notwendig, da auf der Demo auch Beamte attackiert wurden. Der Text ist mit Sicherheit verbesserungsfähig. Wir sind immer noch eine lernende Organisation, was unseren Internetauftritt betrifft. Die Bildunterschriften sind sicher nicht optimal—das würden wir so nicht mehr machen. Damals ist die Betreuung der Kanäle eben noch so nebenbei mitgelaufen, was heißt, dass Menschen ohne spezielle Schulung auf unseren Kanälen gepostet haben", erklärt Reinthaler die beiden Postings.

Wenn Demonstrationen stattfinden, verwendet die Polizei für ihre Postings meist Hashtags, um ihre Information so gut wie möglich zu verbreiten—bei den Postings zur Identitären-Demo wurde der Hashtag #blockit verwendet, der eindeutig von den Gegendemonstranten belegt wurde.

Auf die Frage, ob sie sich auch an einen Hashtag der Identitären hängen würden, wenn dieser größer wäre als der der Gegendemonstranten, heißt es: "Wir nehmen immer die Hashtags, die am meisten verbreitet sind und die auch Journalisten lesen. Uns geht es nur um die Verbreitung unserer Botschaften, wir haben keine Berührungsängste."

Womit die Polizei außerdem keine Berührungsängste hat, sind süße Tiere. Gefühlt retten Beamte fast täglich Küken und ganze Entenfamilien, verirrte Fledermäuse, Schwäne, Schlangen und entlaufene Kaninchen. Offensichtlich weiß die Social Media-Abteilung der Polizei ganz genau, dass Tier-Content im Internet der heiße Scheiß ist: "Wir nehmen natürlich oft Fotos, die gut ankommen. Zum Beispiel von einem geretteten Hund. Das hat damit zu tun, dass wir einfach unser Image pflegen wollen und die Bilder der Community gefallen, die wir bedienen. Solche Bilder sind einfach ideal für soziale Medien."

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Aber nicht nur die Wiener, sondern auch die oberösterreichische Polizei setzt in den sozialen Medien auf Tiere. Erst kürzlich hat die Polizei in Oberösterreich durch eine Reihe an Tweets über Ziegen, die sich später als Schafe herausgestellt haben, für mediales Aufsehen und wohliges "Polizisten sind ja doch nur Menschen"-Feeling gesorgt. Mit dem Foto eines Spürhundes mit Kopfbedeckung, das beinahe das Zeug zu einem Meme hatte, wurde das Posting abgerundet.

Insgesamt gebe es vier Punkte, die den Contentplan der Wiener Polizei bestimmen, so Reinthaler: Es werden präventive Botschaften zur Motivation der Bevölkerung verbreitet, es wird über Sicherheit und Aufgaben der Polizei, also dem Vollzug der Gesetze berichtet, worunter wahrscheinlich die genannten Tier- und Drogenpostings fallen, grundlegende Informationen wie zum Beispiel Rechtsgrundlagen sollen kommuniziert werden und als vierter Grundpfeiler gilt die "Danksagung an Partner" wie zum Beispiel die Bevölkerung oder Rettungskräfte.

Letzten Endes geht es der Polizei in erster Linie nicht darum, die Menschen zu unterhalten, sondern Reichweite aufzubauen: "Uns geht es um die schnelle und transparente Kommunikation—vor allem auch in einer Krise, zum Beispiel bei einem möglichen Amoklauf oder ähnlichem. Wir wollen uns einfach eine Community aufbauen, die wir im Ernstfall erreichen." Und in diesem Fall heiligt der Zweck wahrscheinlich die Mittel.

Natürlich könnte man behaupten, dass sich die Polizei mit Tier-Postings und ähnlichem Content ein bisschen lächerlich macht. Dass sie im postfaktischen Zeitalter mehr tun muss als trockene Meldungen zu posten, um zur Masse durchzudringen, ist aber zumindest aus ihrer Sicht verständlich.

Verena auf Twitter: @verenabgnr