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Die „Schwarze Witwe“ Japans hat jetzt bereits acht Männer auf dem Gewissen

In der 68-jährigen Chisako Kakehi fanden die Opfer wahrlich mehr als nur eine fügsame Hausfrau.

Foto: mararie | Flickr | CC BY-SA 2.0

Dieser Artikel ist zuerst bei Broadly erschienen.

Dieser Fall aus Japan erinnert auffallend an die österreichische „Schwarze Witwe" Elfriede Blauensteiner, die zumindest drei Männer vergiftete, um an ihr Geld zu gelangen. Ist Chisako Kakehi eine männerhassende Anti-Heldin oder doch nur eine soziopathische Mörderin? Die japanische Serienkillerin mit dem gleichen Spitznamen hat wohl ein bisschen von Beidem.

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Im Dezember 2013 wurde der 75 Jahre alte Ehemann der 68-jährigen Japanerin in seinem Zuhause in Kyoto tot aufgefunden. Am Anfang ging die Polizei noch von einem Herzinfarkt aus und Kakehi spielte die Rolle der trauernden Witwe anscheinend ziemlich gut. Die nur ein paar Monate alte Ehe kam den Behörden dann jedoch bald verdächtig vor, schreibt die New York Times. Als bei einem Bluttest schließlich tödliches Zyanid in der Leiche gefunden wurde, begannen die Polizisten damit, gegen die Ehefrau zu ermitteln. Es bestand Mordverdacht.

Dabei kam dann heraus, dass Kakehi eine ganze Reihe an Männern geheiratet oder gedatet hat—und zwar nur wegen deren Geld. Zum Zeitpunkt der letztjährigen Ermittlungen warf man ihr vor, sechs Männer zuerst geehelicht und dann getötet zu haben—oftmals war sie im Testament als die einzige Erbin angegeben. Berichten zufolge war Kakehis bevorzugtes Mordwerkzeug dabei Gift, genauer gesagt Zyanid, das sie in einem Übertopf aufbewahrte.

Damals beteuerte Kakehi zwar noch ihre Unschuld („Ich weiß doch gar nicht, wie man einen Menschen tötet. Ich habe auch keine Ahnung, woher das Zyanid stammte. Ich wünschte, irgendjemand würde mich aufklären."), jedoch bringt die Polizei langsam aber sicher immer mehr ihrer vergangenen Morde ans Tageslicht. Neben ihrem Ehemann aus Kyoto wirft man Kakehi auch vor, für den Tod ihres Freundes aus Osaka verantwortlich zu sein—der ist bei einem Motorradunfall verstorben, nachdem sie ihn vergiftet hatte—, sowie versucht zu haben, ihren Freund in Kobe zu ermorden. Obwohl sie ihrem Liebhaber aus Kobe bereits im Jahr 2009 eine tödliche Dosis Blausäure verabreicht hatte, schafften es die Behörden erst diesen Juni, sie mit dem Tod in Verbindung zu bringen.

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Frauen, die töten, machen das im Vergleich zu Männern viel häufiger wegen des finanziellen Profits, wegen der Behaglichkeit oder aus Rache.

Die „Schwarze Witwe" befindet sich seit 2014 in Haft und wartet auf ihre Gerichtsverhandlung. Jetzt berichtet News On Japan allerdings davon, dass Kakehi der Tod eines weiteren Mannes zugeschrieben wird. Letzten Mittwoch bestätigten die Behörden, dass die Japanerin 2013 beim Tod eines 75-Jährigen ihre Finger im Spiel hatte. Bei einem Restaurantbesuch mischte sie Blausäure in dessen Getränk. Anschließend kollabierte der Mann vor dem Lokal. Dieses Mal gestand die Mörderin jedoch sofort: „Ich habe ihn mit Zyanid getötet", meinte sie gegenüber den Polizisten.

Wir werden die wahren Hintergründe von Kakehis Taten vielleicht nie erfahren. Online gibt es zu ihrer Vergangenheit oder zu ihrer Jugend nur wenige Infos und sie selbst ist auch eher wortkarg. Flash, eine japanische Boulevardzeitschrift, berichtete davon, dass Kakehi auf mehreren Dating-Websites angemeldet war, wo sie auch ihre Opfer umgarnte. Ein Sprecher einer dieser Dating-Seiten meinte gegenüber dem Magazin: „Eigentlich kam sie ganz normal und nett rüber—wie ein Mensch, der viele Probleme überwunden hat. Da so viele Männer Opfer wurden, ist es klar, dass sie das ganze System zu ihrem Vorteil genutzt hat."

Die Vorstellung einer schwarzen Witwe—also einer tödlichen Frau, deren Verbrechen mit der Verführung aufgrund finanzieller Ziele zusammenhängen—ist jedoch kein Novum. Sie ist eine Femme Fatale, wie Glenn Close in Eine verhängnisvolle Affäre; sie ist eine sogenannte Goldgräberin mit erhöhtem Einsatz—Leben oder Tod. Mord bleibt natürlich Mord, aber trotzdem haben rachsüchtige Frauen etwas sadistisch Reizvolles an sich.

Allgemein betrachtet machen Femme Fatales weniger als 20 Prozent aller Serienmörderinnen aus. Das schreibt Dr. Scott A. Bonn bei Psychology Today. Im Gegensatz zu von Männern begangenen Morden haben die von Frauen begangenen Morde keine sexuelle oder sadistische Grundlage. Bonn behauptet, dass Serienmörderinnen viel praktischer orientiert sind. „Frauen, die töten, machen das im Vergleich zu Männern viel häufiger wegen des finanziellen Profits, wegen der Behaglichkeit oder aus Rache", schreibt er. In einer von Männern dominierten Welt, wo Frauen 30 Prozent weniger verdienen, muss man sich als weibliches Geschöpf wohl irgendwie einen Vorteil verschaffen.

Ich fragte Dr. Marissa Harrison, eine Expertin für die Psyche von Serienmörderinnen, warum Frauen so oft aus Geldgründen zu töten scheinen. Ist es vielleicht wirklich möglich, dass manche Frauen aufgrund ihrer finanziellen Nachteile glauben, ihr weiblicher Charme und die Bereitschaft zu töten seien die einzigen Möglichkeiten, ein gerechtes Stück vom Kuchen abzubekommen? „Es ist wohl wahr, dass Frauen im Vergleich zu Männern finanziell gesehen mehr benachteiligt werden", antwortete sie mir schließlich per Mail. „Aber nicht jeder Mensch, der schwierige Zeiten durchmacht, tötet auch. Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei diesen Verbrechen auch noch andere Faktoren wie eine Anfälligkeit für mentale Krankheiten sowie ausschlaggebende Stressoren mitwirkten. Leider werden wir das Warum wohl nie ganz verstehen."

Außerdem habe ich mich noch mit Merry White unterhalten, eine Anthropologie-Professorin an der Boston University, die ihren Schwerpunkt auf die japanische Gesellschaft gelegt hat. Sie betonte zwar mehrmals, dass Kakehi eine Ausnahme und auf keinen Fall ein Anzeichen eines größeren gesellschaftlichen Trends in der japanischen Kultur sei, erklärte aber gleichzeitig auch, dass sich in Japan immer mehr ältere Männer nach Fürsorge sehnen—und genau das schuf den perfekten Nährboden für Kakehis Verbrechen.

Die Zeiten der artigen Kinder, die sich um ihre immer älter werdenden Eltern kümmern, sind laut White längst vorbei. Übrig bleiben dann unverheiratete Männer oder Witwer, die sich nach einer weiblichen Begleiterin sehnen (in Japan wird Pflege traditionell als Frauenarbeit angesehen). „Ihre Opfer gehörten zu einer Generation von Männern, die nie gelernt haben, sich um sich selbst zu kümmern. Sie wussten nicht, wie man sein Leben unabhängig lebt. Sie hatten davor ja schon Frauen, von denen sie sich von vorne bis hinten bedienen ließen." In Kakehi fanden die Männer dann jedoch mehr als nur eine fügsame Hausfrau.