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Dieser Mann will Überwachungsdrohnen vom Himmel schießen

Ist es in Ordnung, wenn eine Drohne über dein Haus fliegt und es überwacht? Philip Steel will sich dagegen wehren—mit seiner Schrotflinte.


Eine Drohnenkontrollstation. Foto via

Niemand mag Drohnen. Die unbemannten Todesmaschinen schweben wie hasserfüllte mechanische Flugfinger über pakistanische Städte und jemenitische Gebirgszüge und scheinen eher unschuldige Zivilisten zu treffen als die vorgesehenen Ziele. Doch nicht nur Killer-Kriegsdrohnen verursachen ein unangenehmes Gefühl.

Drohnen werden aber zunehmend auch bei uns eingesetzt. Hier sollen sie zivilen Zwecken dienen, also bei Demonstrationen, zur Verkehrsüberwachung oder bei der Suche nach Vermissten oder Verunglückten. Dem Staat sind aber noch 100 andere Dinge eingefallen, die man mit den "Unbemannten Fluggeräten" anstellen kann, so wie wahrscheinlich gerade auch euch. In Österreichs Luftraum fliegen sie ab 2014 auf gesetzlicher Grundlage, das Bundesheer hat sich schon jetzt ein paar angeschafft. In der Post-Snowden-Ära sind vermutlich einige von der Idee angepisst, dass die Regierung nach Belieben Kameras über ihre Häuser fliegen lässt.

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Philip Steel aus Colorado will etwas dagegen tun und knallt sie einfach ab.

Philip hat eine Verordnung entworfen, die es den Einwohnern seiner Stadt erlauben soll, Drohnen abzuschießen, und die sie zudem aktiv dafür belohnt. Die Verordnung wurde erstmals im August vor dem Ausschuss der Stadt diskutiert, aber die Abstimmung ergab ein unentschiedenes 3:3. Am 8. Oktober soll eine neue Abstimmung stattfinden. Seitdem dies bekannt wurde, verbreitet sich die Geschichte nicht zuletzt deshalb, weil man glaubt, dass die Verordnung bei der zweiten Abstimmung durchkommt.

Auch wenn Steels Aufrufe zum Bürgerkrieg, seine Liebe zu Killerwaffen und seine Anti-Obama-Rhetorik ihn wie einen NRA-liebenden Rechten erscheinen lassen und mich seine Ansichten normalerweise zur Weißglut bringen würden, ist die Vorstellung, dass ein paar Leute im Wilden Westen mit Schrotflinten Drohnen jagen, doch irgendwie romantisch. Ich rief Philip an, um mehr über seine Vorhaben zu erfahren.


Philip Steel

VICE: Hi Philip. Bevor wir zu den Einzelheiten der Drohnenjagd kommen, kannst du mir ein bisschen darüber erzählen, wie es zu der ganzen Sache kam?
Philip Steel: Nun, im September 2015 wird die Federal Aviation Administration (FAA) neue Richtlinien einführen, um den sogenannten „navigierbaren Luftraum“ bis zum Boden auszuweiten. Das ist ein sehr großes Problem. Denn im Grunde bedeutet das, dass die Bundesregierung die Gerichtsbarkeit über alles hat, was sich im Luftraum befindet—nicht nur über normale Flugzeuge. Wenn jemand schießen oder auch einfach nur Baseball spielen will, dann wird er nach dieser Definition Dinge durch den Luftraum befördern. Wenn du ein Gebäude errichten willst, brauchst du die Genehmigung der Bundesregierung. Diese Regelung tritt die Rechte der Bundesstaaten mit Füßen.

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Ist die Drohnenjagd-Verordnung eine Reaktion darauf?
In erster Linie beansprucht die Verordnung die völlige Souveränität und Obermacht über den Luftraum der Stadt Deer Trail, Colorado. Bei unserer Stadt handelt es sich um eine ca. 260 Hektar große Fläche mit ungefähr 500 Einwohnern. Wir erklären unsere Souveränität über den Luftraum bis zu einer Obergrenze von 300 Metern.

Inwiefern spielen Drohnen hierbei eine Rolle?
Unser Motto ist: „Wenn du nicht willst, dass deine Drohne abgeschossen wird, dann lass sie nicht über unserer Stadt fliegen.“ Wir stellen Drohnenjagd-Lizenzen aus. Wenn wir Drohnen entdecken, werden wir sie mit Schrotflinten abschießen. Das sind keine Predator-Drohnen im Wert von 25 Millionen Dollar—diese fliegen sowieso höher als 300 Meter. Es geht um die kleinen Drohnen in der Größe von Vögeln. Sie fliegen nah am Boden und dienen der Überwachung. Sie sind mit Thermaltechnologie ausgestattet und können praktisch durch Wände sehen.

Ein Werbevideo des US Air Force Research Laboratory, das zeigt, wie die Art der Drohnenüberwachung, die Philip fürchtet, allgegenwärtig werden wird.

Befürchtest du, dass sich diese Art der Überwachung ausbreiten wird? 
Hier ist das Problem: Selbst wenn wir unserer Regierung vertrauen, was wir nicht tun, können Kriminelle Drohnen losschicken, um unsere Nachbarschaft auszuspähen. Pädophile können sie verwenden, um Bilder von Kindern zu schießen. Sogar Terroristen könnten sie zum Auskundschaften oder für chemische oder biologische Angriffe benutzen. Unternehmen können und werden sie verwenden, um Kundendaten zu sammeln. Die Verordnung legt ganz spezifisch fest, welche Arten von Waffen und welche Munition verwendet werden dürfen, um diese Drohnen aufzuhalten.

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OK, das habe ich verstanden. Und wie funktioniert die Belohnung?
Wenn du Teile der Drohne mitbringst, bekommst du eine Prämie von 25 Dollar. Bei einer ganzen Drohne bekommst du 100 Dollar. In der Verordnung werden sie als „Trophäe“ bezeichnet, und die Stadt kann sie für Vermarktungszwecke verwenden.

Die Verordnung legalisiert also den Abschuss unbemannter Flugobjekte, die unter 300 Meter über Deer Trail fliegen, und bietet sogar eine finanzielle Belohnung dafür an?
Ja, und sie macht einen Sport daraus. Im Grunde genommen wird ein neues Sportevent geschaffen. Wir werden Schieß-Veranstaltungen abhalten, bei denen wir falsche Drohnen abschießen. Die Zugkraft des Ganzen ist faszinierend. Es ist in allen Zeitungen und Fernsehern des Landes. Sogar die FAA war angepisst. Sie reagierte mit einer Erklärung, dass die Strafen für den Abschuss eines unbemannten Luftfahrzeugs die gleichen sind wie bei einem bemannten: Du wirst ins Gefängnis gesteckt und so weiter.

Bereitet dir das gar keine Sorgen? 
Ist es denn in Ordnung, wenn eine Drohne über dein Haus fliegt und es bewacht? Das soll OK sein? Sollen wir das einfach so akzeptieren? Unsere Revolution begann mit einer winzigen Teesteuer, und hier geht es um einiges mehr.

Die Lizenz zur Drohnenjagd

Das stimmt wohl, aber es ist ein bundesstaatlicher Verstoß, Regierungseigentum zu beschädigen. Für Schäden in der Höhe von mehr als 10.000 Dollar wirst du ins Gefängnis gehen müssen. Wie willst du das umgehen?
Heutzutage kannst du für alles Mögliche ins Gefängnis kommen. Das ist das Problem: Präsident Obama hat seinem eigenen Volk den Krieg erklärt. Er hat vier seiner eigenen Bürger [bei Drohnenangriffen] ermordet, ohne ihnen den Vorteil einer Gerichtsverhandlung oder ein Habeas Corpus zu gewähren. Er hat einfach eigenmächtig entschieden, die Drohnen zu benutzen, um diese Menschen zu töten. Gut, sie waren nicht auf US-Boden, aber du wirst es nicht glauben: Die US-Konstitution gilt für alle amerikanischen Bürger, egal, ob sie sich auf US-Boden befinden oder nicht.

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Du denkst also, dass du das im Grunde auch machen kannst, wenn die Regierung gegen das Gesetz verstößt?  
Er hat uns den Krieg erklärt, also verteidigen wir uns. Er hat den ersten Schuss abgefeuert. Es gibt den 2. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, also können wir gegen eine tyrannische Regierung kämpfen. Obama ist ein Tyrann, er ist ein Feind der Freiheit, er ist der Feind freier Menschen auf der ganzen Welt. Ich sage das von einem ganz bestimmten Standpunkt aus. Vor drei Jahren wurde mein Haus zerstört. Die Regierung durchsuchte mein Haus und ich wurde nie angeklagt, aber es war komplett illegal.

Was geschah während der Razzia?
Um die 100 Vollzugsbeamte kamen in mein Haus. Sie brachten drei Scharfschützen und ein Maschinengewehr mit. Sie suchten nach etwas namens Anarchist Cookbook—was ich nicht habe und nie hatte. Sie verursachten Schäden in Höhe von 15.000 Dollar. Es gab keine Anklagepunkte oder so was, aber ich kann sie wegen des Patriot Acts nicht für die Schäden verklagen, sie können einfach machen, was sie wollen.

Wow, das ist übel. Hatte Deer Trail in der Vergangenheit ein Problem mit Drohnen oder handelt es sich um eine Maßnahme gegen ein zukünftiges Problem?
Wir beziehen Stellung. Es ist eine sehr symbolische Stellungnahme, aber was für eine! Ich habe diese Verordnung in nur vier Stunden in einer Samstagnacht geschrieben und eine Woche später hat sie sich plötzlich bis nach London ausgebreitet. Das ist stark und bedeutet, dass etwas dahinter steht. Noch gibt es keine Drohnen, aber sie werden millionenfach über das ganze Land fliegen.

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In der Erwartung, dass die Verordnung durchkommt, hat Philip bereits dronesshooters.com eingerichtet.

Gehst du davon aus, dass andere Städte die Drohnenjagd ebenfalls aufnehmen?  
Oh ja. Etwa ein Dutzend verschiedener Städte hat mich bereits darauf angesprochen. Das ist enorm und ich will versuchen, Menschen aufzuwecken. Edward Snowden hat sein Leben aufgeopfert, um jedem Menschen in der Welt zu erzählen, dass Amerika jeden Einzelnen, auch die eigenen Bürger, ausspionieren wird. Ich will nicht, dass die Regierung mich ausspioniert. Ich will nicht, das Unternehmen mich ausspionieren. Wir haben ein Recht auf unsere Privatsphäre.

Haben sich bisher nur Einwohner von Deer Trail für die Genehmigungen beworben?
Oh, Hunderte Menschen außerhalb des Staates—eigentlich eher Tausende—haben sich registriert, um die Lizenz zu bekommen. Es wird der Stadt eine Menge Geld einbringen, bei 25 Dollar pro Lizenz. Die Leute wollen sie sich einfach nur an die Wand hängen, weißt du? Es weht ein Geist der Rebellion.

Etwas zu kaufen, um es an die Wand zu hängen, ist eine Sache. Aber wenn ihr damit anfangt, Regierungseigentum vom Himmel zu schießen, wird es doch sicher Konsequenzen haben?
Sie sollen es ruhig versuchen! Nachdem sie mein Haus durchsucht haben, habe ich keine Gerichtsverhandlung bekommen. Ich werde der Regierung mit unbewegter Miene sagen, dass sie einen Bürgerkrieg begonnen hat. Wenn sie einen Bürgerkrieg beginnen wollen, von mir aus. Ich habe vor, mich auf der anderen Seite zu verteidigen.

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OK. Danke, Philip, und viel Glück mit deinem Bürgerkrieg. 

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