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Farewell, liebes De:Bug. Oder auch: Wie finanziert sich der Musikjournalismus von morgen?

Das De:Bug hört auf. Wir vergießen eine leise Träne, fragen uns aber auch, wie sich Musikjournalismus in der Zukunft finanzieren kann. Plus: Die Tipps zum Wochenende.

Vor zwei Tagen ging ein Schock durch das musik(journalistisch)-affine Internet: Das De:Bug hört auf. Die nächste Ausgabe, die Nummer 181, wird wohl die letzte sein. 16 Jahre lang hat die intellektuelle Schwester der Groove elektronische Musik in all ihren Facetten behandelt. Aber eben nicht nur das: Musik war für De:Bug nie ein Ding an sich, sondern immer eingebettet in ihren kulturellen Kontext. Etwas, das aus seiner Umgebung entsteht und sie gleichzeitig formt.

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De:Bug hat Themen angestoßen. Oft sehr früh, vielleicht sogar zu früh. In jüngerer Zeit war sie mit ihrer Titelgeschichte über die neue Bilderflut im Internet (ja, natürlich mit einer Katze auf dem Cover) vor allen anderen. Und der Schwerpunkt über Sexismus in der Clubkultur war sehr gut und dem wichtigen Thema angemessen. Wenige Publikationen schaffen es Netz(kultur) und Musik so organisch zu verbinden. Mit ihrer Berichterstattung über Produktionstechnik und Urheberrecht aus der DJ-Sicht hatte das Magazin sogar ein relatives Alleinstellungsmerkmal.

Kurzum: liebes De:Bug, wenn es wirklich aus sein sollte, werden wir dich schmerzlich vermissen. Wirklich. Dich als Medium, das wir oft großartig, manchmal ärgerlich, aber sehr selten egal fanden. Dass uns zusätzlich alle deine Redakteure leid tun, ist eine Selbstverständlichkeit.

Bild von Vera Horn, zum Artikel Printgefühle zur letzten Ausgabe im De:Bug

So. Jetzt kommt das Aber.

In einem Interview, das Sascha Kösch, einer der Herausgeber, dem Radiosender FluxFM gab, wurde das Problem aber recht deutlich: Der Verlag hatte immer genau ein Standbein, die Printanzeigen. Als diese wegbrachen, brach auch das Geschäftsmodell weg. Und man war entweder nicht gewillt oder fähig, sich auf neue einzulassen.

Das Geschäftsmodell, das ein bisschen auf Verkauf, ein bisschen auf Abos, aber vor allem auf gut bezahlten Printanzeigen basierte, ist de facto tot. Sowieso überall im Journalismus. Dass es Spezialmedien, die sich an eine hauptsächlich junge Klientel richten und —anders als z.B. Autozeitschriften— keine zahlungskräftige Industriesparte zum Thema haben, besonders hart trifft, ist keine Überraschung.

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Die Werbekunden wandern ins Internet, wo es plötzlich möglich genau zu tracken wieviel Leute eine Anzeige wirklich anschauen. Und nicht nur, wieviel Leute ein Magazin in einem Monat in die Hand nehmen. Das ist eine völlig neue Situation. Wenn wir von einer Krise des Journalismus reden, reden wir eigentlich in erster Linie mal von einer Krise der Verlage, die mit Verzögerung den Journalismus trifft. Das Medium, in dem Journalismus mittlerweile weitgehend stattfindet, hat sich verändert. Und die Verlage haben noch keine Möglichkeit gefunden, diesen so zu monetarisieren, wie sie es von den alten Medien gewohnt sind.

Wir werden dich vermissen. Foto: De:Bug

Nein, Musikjournalismus wird nicht sterben. Wir bei VICE haben mit Noisey sogar gerade erst einen neuen Kanal in Österreich gestartet. Aber wir werden uns daran gewöhnen müssen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das tun einige ja bereits recht erfolgreich: Der Verlag von The Gap bietet nebenbei Agenturleistungen an. VICE hat verstanden, dass die reine Anzeige immer schwieriger zu verkaufen ist und entwickeln täglich neue Werbeformen. Das Intro hat eine angeschlossene Booking-Agentur und veranstaltet z.B. Splash und Melt. Und man muss T-Mobile nicht mögen, um anzuerkennen, dass bei Electronic Beats gute Arbeit geleistet wird. Natürlich sollte man die öffentlich-rechtlichten Anstalten nicht vergessen, allen voran Fm4, die eine marktferne Sonderstellung haben, die aber sicher gut und wichtig ist.

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Ja, aus Sicht eines altgedienten Journalisten mag das alles falsch sein und nicht der reinen Lehre entsprechen. Aber dass all diese Verlage neue Formen der Monetarisierung nutzen heißt ja überhaupt nicht dass dort kein Journalismus mehr stattfindet. Der Kern des Musikjournalismus ist seit jeher der: Musik hören, ihre Relevanz erkennen, sie einordnen und daraus eine gute Geschichte machen. Dafür braucht eigentlich nichts anderes als gute Leute, und die kosten Geld. Woher das Geld kommt, sollte uns eigentlich wurscht sein.

Hier könnt ihr am Wochenende über Musikjournalismus diskutieren und zu dem Schluss kommen, dass uns eh niemand braucht:

FREITAG

An eurer Stelle würden wir heute zu ◄ S N A I L S ► in die Fluc Wanne schauen—und wenn ihr euch für Tickets zu gut seid, könnt ihr mit einer Mail an win@vice.at eventuell ja Gästelisteplätze abstauben (Betreff Wannenbad). Außerdem ist die Releaseparty von Der Konterfei, was nach viel Kunst und noch viel mehr Alkohol klingt.

SAMSTAG

Seit Mittwoch schon findet wieder das große Animationsfilmfestival Tricky Women statt. Ihr müsst jetzt nicht so tun, als ob ihr davon schon gehört hättet—es reicht, wenn ihr euch heute oder morgen einen der vielen ziemlich sensationellen Programmpunkte anschaut. Wir haben auch hier Karten—schreibt uns einfach eine Mail mit dem Betreff Frauenkniffe + dem Film, den ihr sehen wollt, an win@vice.com.

Nach der Hoch- bis Mittelkultur dürft ihr dann aber auch entspannt dem grundigen Pop frönen. Am besten beim Step Forward Festival im celeste. Wie letzte Woche gibt es super Programm und 2 x 2 Gästelisteplätze von uns. Einfach an win@vice.at schreiben und den Betreff Vortritt vs. Afterparty verwenden.

SONNTAG

Wer noch nicht genug Geld ausgegeben hat, kann zum Concept Store ins celeste schauen, der im Rahmen des 4 Jahre Step Forward-Festivals stattfindet.