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Popkultur

Fragen, die Matthias Schweighöfer-Filme aufwerfen

Der neue Film von Matthias Schweighöfer heißt „Der Nanny" und ist natürlich das Letzte. Nichtsdestotrotz haben wir ihn angeschaut und uns existenzielle Fragen gestellt.
Alle Fotos via YouTube

Morgen startet die neue Komödie von Matthias Schweighöfer in unseren Kinos und allein der Name ist ein Warnhinweis für alle Cineasten. Der Schinken heißt Der Nanny und ist ungefähr so unvorhersehbar wie jeder Film, in dem Matthew McConaughey mitgespielt hat, bevor er cool und irgendwie sexy wurde (oder Titanic).

Eigentlich mag ich Matthias Schweighöfer ja sogar. Er hat diese sympathische Wikinger-Ausstrahlung und so ziemlich den besten Lacher der Welt, aber die Filme, die er uns in regelmäßigen Abständen in die Kinos legt wie digital gedrehte Hundehäufchen (sorry, Matthias) sind mittlerweile sogar schlimmer als die, die Til Schweiger mit seinen Töchtern dreht. Es ist die Art von Filmen, die eindeutig nur produziert wird, um irgendwann permanent auf Sat.1 wiederholt zu werden und damit das Übel der deutschen Filmlandschaft in kompensierter Form.

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Trotzdem habe ich mir diese Frechheit einer Komödie angetan und mir existenzielle Fragen über das Schaffen von Matthias und die Essenz seiner Filme gestellt.

Achtung, dieser Artikel enthält Spoiler!

Gibt es nur drei deutsche Schauspieler?

In allen Filmen von Schweighöfer spielen dieselben drei Typen mit. Nachdem ich mir Der Nanny angesehen habe, hatte ich das Gefühl, ich hätte mir einfach zum dritten Mal den Schlussmacher angeschaut, in dem der Eulen-äugige Milan Peschel den selben armen, aber liebenswerten und idealistischen Freak spielt, der dem abgehobenen Schweighöfer die wirklich wichtigen Dinge im Leben zeigt. Ich kann mich an eine Zeit erinnern, in der die beiden Schauspieler noch ein bisschen cool waren—es war in Das wilde Leben, wo Matthias Schweighöfer den deutschen Hippie-Häuptling und das spätere Dschungelcamp-Opfer Rainer Langhans gespielt hat und man sogar seinen nackten Penis sieht … Good Old Times. Mittlerweile sind die beiden im Duo aber so abgedroschen, dass sie mir in ihren klischeehaften Rollen als ungleiches Paar meinen Glauben an das Gute in der Welt rauben. Und um eine Welt, in der der Schlussmacher die Romy in der Kategorie „Bester Kinofilm" gewinnt, sollten wir uns wirklich ernsthafte Sorgen machen.

Neben den beiden spielt auch noch Joko Winterscheidt—den man sich, bei aller Liebe, die ich für diesen schlacksigen Lauch hege, nicht gerade als Darsteller eines skrupellosen Geschäftsmannes wünscht. Außerdem spielen die Sängerin Frida Gold und Cindy aus Marzahn, die bei den Deutschen offenbar wirklich jemand lustig findet, kleine Rollen. Angesichts dieser Tatsache ist man fast schon wieder ein bisschen froh über Milan Peschel, der zumindest ein echter Schauspieler ist.

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Haben wir mit Til Schweiger noch nicht genug gelitten?

Matthias Schweighöfer-Filme in einem Bild zusammengefasst. | Foto via YouTube

Til Schweiger hat auch ein kleines Faible dafür, die Besetzung seiner Filme nie zu ändern. Ja, wir wissen, dass ihr eure Schauspieler-, und auch Nicht-Schauspieler-Freunde in euren Filmen unterbringen wollt, damit auch sie mal ein bisschen Kohle verdienen. Drei Mal denselben, langweiligen Film mit denselben, langweiligen Schauspielern zu produzieren, ist dabei aber nichts anderes als eine dekadente Art der Beschäftigungstherapie, bei der sich ein paar mittelklassige Schauspieler und ein anspruchsloses Publikum gegenseitig bei Laune halten.

Til Schweiger ist so etwas die Ikone des deutschen Schnulzen-Genres. Von seinen Filmen, die fast ausschließlich in Sepia gehalten und mit permanenter One Republic-Musik unterlegt sind, hat sich Schweighöfer offenbar ziemlich viel abgeschaut. Ein verbissener Junggeselle, der nicht an die Liebe glaubt und für den Familie sowieso das Letzte ist, wird letztendlich von einer Frau oder im schlimmsten Fall einem Kind bekehrt und ist für immer glücklich. Warum, Matthias? Wärst du lieber bei den nackten Hippies aus der Kommune 1 geblieben, anstatt uns mit deinen Moralapostel-Filmen zu quälen, die nebenbei gesagt das schlimmste Product Placement der Welt enthalten. Wir haben verstanden, dass eine gewisse deutsche Nobel-Automarke geil und eine bestimmte Biersorte mit sehr atmosphärischer Fernsehwerbung die beste der Welt ist. Man muss es uns aber nicht mit Zahnpasta-Grinsen unter die Nase reiben.

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Hat Matthias Schweighöfer ernste Probleme?

Als ich aus der Vorstellung gekommen bin, hat mich die nette Dame vom Kino mitleidig angeschaut und gesagt: „Ich glaub, der Schweighöfer hat echte persönliche Probleme. Der behandelt nicht umsonst immer die gleichen Themen." Diese weise Frau hat das Problem mit den Problemen von Matthias Schweighöfer offensichtlich verstanden.

Matthias Schweighöfers Filme drehen sich fast immer um einen jungen Geschäftsmann, der nur für den Job lebt und dabei entweder sein Liebesleben oder seine Familie völlig vernachlässigt. Plötzlich taucht dann ein Verrückter auf, der ihn zur Vernunft bringt und am Ende merkt er, dass Liebe doch nicht so unwichtig ist und sie fahren alle gemeinsam in einem deutschen Luxusauto (nein, wir übernehmen das Product Placement hier nicht) davon.

Im Abspann von Der Nanny steht „Für Greta und Mitty"—seine beiden Kinder. Matthias, was willst du uns damit sagen? Sind alle deine Filme nur Entschuldigungen an Menschen aus deinem näheren Umfeld? Lieb von dir, dass du ihnen eine völlig unnötige Filmproduktion um neun Millionen Euro widmest. Wenn du aber ernsthaft mehr Zeit mit ihnen verbringen willst und ihnen mit diesem Film sagen wolltest, dass es dir leid tut, dass du so viel arbeitest, mach das besser, indem du etwas mit ihnen unternimmst. Kostet weniger Geld und ist meistens auch effizienter. Und falls du doch keine Probleme hast, dann lass uns doch bitte nicht so bedeutungsschwanger mit Widmungen und Lebensweisheiten aus dem Bauernkalender in der Luft hängen, sondern dreh zumindest ein Mal alle drei Jahre einen Film mit genügend Tiefgang, dass man nicht mindestens 30 Minuten davon verschlafen muss, um sich intellektuell herausgefordert zu fühlen.

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Warum werden in diesen Filmen immer mehrere Autos geschrottet?

Ein Ferrari stürzt in den Koi-Teich oder: Die Essenz einer jeden Familien-Komödie. | Foto via YouTube

Genau wie in allen Til Schweiger-Filmen dieser traurigen Welt geht es auch in Schweighöfer-Streifen immer um Liebe. Trotzdem wird in diesen Filmen gerne mal mit einem neuen Deutschauto durch eine Wand gefahren oder ein Italoschlitten eine Böschung hinunter in einen Koi-Teich gestürzt. Ich bin mir nicht sicher, ob Matthias Schweighöfer vertraglich dazu verpflichtet ist, in jedem seiner Filme drei Mal zu demonstrieren, dass ein Luxusauto mit getönten Scheiben auch dann noch fährt, wenn man damit über eine Brücke gestürzt ist, oder ob er, weil er nur Freunde in seinen Filmen mitspielen lässt, und dadurch vermutlich ziemlich viel Geld spart, einfach Unmengen an Budget übrig hat und jedem dieser Freunde versprochen hat, dass sie mindestens einmal ein Auto kaputt fahren dürfen, das mehr wert ist, als ihr Leben.

Vielleicht sollen durch die Unfall- und/oder Drifting-Geräusche auch einfach die Kinobesucher wieder aufgeweckt werden, nachdem sie von der lahmsten Story der Welt zu Tode gelangweilt wurden, die eine bloße Aneinanderreihung ausgelutschter Groschenroman-Klischees ist.

Warum ist man am Schluss dann doch immer gerührt?

Obwohl ich diese Filme und mittlerweile auch Matthias Schweighöfer, in den ich irgendwann sogar ein bisschen verliebt war, ziemlich hasse, bin ich am Schluss doch immer sehr gerührt. Nach eineinhalb Stunden des Ärgerns stehen mir die Tränen in den Augen, während Matthias Schweighöfer mit seinen beiden Film-Kindern, seiner neuen Freundin (Frida Gold, duh) und der männlichen abgefuckten, aber lieben Nanny auf einem Hausboot in den Urlaub fährt und sie alle lachen und sich gegenseitig in der Luft herum wirbeln, während „Hold Back The River" von James Bay läuft. Die Enden solcher Filme sind so übersteigert pathetisch, und obwohl sie durch den ganzen Film hinweg völlig vorhersehbar sind, sind sie leider genau das, was man sich für den Protagonisten wünscht. Und vielleicht auch ein bisschen für sich selbst—aber das würde man schließlich niemals zugeben.

Erzählt Verena auf Twitter, warum ihr deutsche Liebeskomödien hasst: @verenabgnr