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Fischen mit Piraten in Somalia

Von ein paar bewaffneten kenianischen Gangstern ausgenommen zu werden, kann recht inspirierend sein.

Letztes Jahr flog ich mit meinem Partner John Hibey von Washington DC nach Kenia, um einen Kurzfilm darüber zu machen, warum man als Somalier Pirat wird. Es war zu gefährlich in Somalia zu filmen, weshalb wir in Mombasa, Kenia, 60 Meilen südlich der somalischen Grenze im Indischen Ozean arbeiteten. Eines Nachts wurden wir von Brutalos in kenianischen Militäruniformen überfallen. Sie stiegen aus den Schatten der dunklen Bucht mit ihren Sturmgewehren im Anschlag. Wir wussten aber nicht, dass es ein Haufen Schläger waren. Wir dachten es wäre die Polizei. Das war die schrecklichste Nacht meines Lebens. Dennoch zeigte sich, dass mir diese Nacht tiefe Einblicke für meinen Film Fishing Without Nets bringen sollte. Am 24. Januar wurde unser 17-minütiger Film mit dem 2012 Kritiker Preis für Kurzfilme auf dem Sundance Film Festival ausgezeichnet. Als wir im Herbst 2010 in Ostafrika überfallen, betrogen, schikaniert und ins Gefängnis gesteckt wurden, war es das letzte mit dem wir gerechnet hatten. Aber wir mussten dort hin. Wir mussten das Land sehen, das Essen schmecken und den Rhythmus des Alltags erleben, bevor wir ein Drehbuch schreiben konnten. Ich nahm, auf gut Glück, all das Geld das ich als Filmemacher durch meinen Road-Trip mit U2 gemacht hatte und ging auf die Reise, um etwas von der Welt zu sehen. Es sollte mich weitaus mehr von meinem eigenen Geld kosten. Als College-Abbrecher, sollte ich mehr über Korruption und Bürokratie erfahren, als ich jemals von einem Auslandssemester hätte lernen können. Seit ich 2008 zum ersten mal in der Zeitung einen Artikel über somalische Piraten gelesen hatte, war ich besessen von dem Thema. Ich las alles darüber, was ich in die Hände bekommen konnte. Anfangs wirken die Piraten sehr romantisch auf mich: Somalis die behaupteten Gerechtigkeit dafür zu schaffen, dass Ausländer ihren Müll bei ihnen abladen und die Gewässer überfischen. Ich musste mir aber eingestehen, dass sie nicht Robin Hood sind. Es ist weitaus komplizierter, aber niemand kümmerte sich um ihr Geschichte—eine Geschichte von globalem Ausmaß, über Piraten die eine stark menschliche, einfühlsame Seite haben. Es war kein leichter Job. Als wir in Kenia ankamen, war unser größtes Problem die Regierung dazu zu überreden uns Sturmgewehre und Panzerabwehrraketen benutzten zu lassen, damit unser Film authentisch wirken würde. Logischerweise kann man keinen Film über somalische Piraten machen, wenn man nicht bis unter die Zähne bewaffnet ist. Schwierig war es auch mit Somaliern ohne Schauspielerfahrung zu arbeiten. Unsere Darsteller waren alle aus einem Flüchtlingslager in Kenia. Sie verlangten, dass wir für sie täglich khat (ein beliebtes pflanzliches Aufputschmittel) zur Verfügung stellen. Meine Anweisungen an die Schauspieler gab ich an unseren ortskundigen Führer weiter, der sie in Swahili übersetzte, was wiederum von einem anderen Typen in Somali übersetzt wurde. Wahrscheinlich wird stille Post in der Hölle so gespielt. Wenn ich zurückblicke, hätten wir auch einen Film mit dem folgenden Titel machen können: Ein paar Weiße gehen nach Kenia und überzeugen die Bullen ihnen Gewehre zu geben. Eines Nachts wurden wir überfallen. Wir waren bereits für zwei Wochen in Kenia. Zum Schreiben, die Gegend nach Drehorten erkunden und beim Auswählen der Schauspieler. In dieser Nacht kam unser Produzent aus Kalifornien zu uns. Anstatt Raphael mit den dreckigen Schattenseiten von Mombasa bekannt zu machen, in denen wir uns so herumtrieben, fuhren wir zu einem zwei Stunden entfernten Urlaubsort. Die Musik war laut, die Drinks gestreckt und die Bar voller Rauch und europäischer Touristen. Da mussten wir raus. Also gingen wir drei, mit einem anderen Amerikaner den wir getroffen hatten zum Strand. Fünf Männer tauchten aus der Dunkelheit auf. Die Gewehre im Anschlag. „Ihr seid in echten Schwierigkeiten“, sagte der eine. „CNN-Zwischenfall.“ Die Männer umzingelten uns, fesselten uns und führten uns zum Meer. Sie stritten die ganze Zeit. Deuteten mit Fingern und Waffen aufeinander. Es war schwer zu sagen wer hier der Boss war. Ich wusste bloß, dass ich hier nichts zu sagen hatte. Ich war der Gefangene. Laute Musik aus der Ferne, aber es war zwecklos um Hilfe zu rufen. Ich war bis zur Hüfte im Wasser als mir durch den Kopf schoss: „Scheiße, wir gehen ins Gefängnis bevor wir überhaupt die erste Szene gedreht haben.“ Mein nächstes Gedanke: „Vielleicht bringen uns diese Irren einfach um.“ John schrie die Männer an. Raphael begann seine Fähigkeiten als Agent und Manager einzusetzen und fing an zu verhandeln. Millionen von Gedanken rasten durch meinen Kopf, aber sie alle führten zum selben Ergebnis: „Das ist mal echt ein beschissener Grund keinen Film zu machen.“ Einer nach dem anderen begannen wir zu begreifen, dass die Männer gar keine Polizisten, sondern eine Bande Schläger waren. Es würde nicht ins Gefängnis gehen. Erfreulich war, Raphael trank trotz Handschellen immer noch von seinem Bier. In diesem Moment bekam ich es wirklich mit der Angst zu tun. Die Männer sprachen kaum ein Wort Englisch. Wir kein Swahili. Es fühlte sich so an wie der Beginn eines schlechten Fernsehfilms, eine Situation die auf Grund von Gewehren, Adrenalin und massiver Sprachbarriere nur schief gehen konnte. „Bitte, wir wollen bezahlen“, flehte ich. Sie verstanden mich nicht. Ich griff nach meinem Geldbeutel. „Ah bezahlen. Ja, gib Geld“, sagte einer. John schrie immer noch und brachte uns dabei alle in Gefahr. Ich sah schon die Schlagzeile vor Augen: „Vier Amerikaner Tod bei Überfall.“ Wie banal. „Halt's Maul, John!“ rief ich mehrmals, während ich meinen Geldbeutel leerte und den Männern 120 Euro aushändigte. Die anderen machten es mir nach. John musste gewusst haben, dass es keine Polizisten waren. Entweder das oder er ist verrückt. Was wahrscheinlich Bedingung dafür ist, einen Film in Ostafrika zu drehen. Ein paar Mal hörte ich noch: „CNN-Zwischenfall“, aber am Ende ließen sie uns frei. Auf dem Weg zurück nach Mombasa sprachen wir, total aufgedreht, darüber was gerade passiert war. Plötzlich ging uns das metaphorische Licht auf: „So muss es sich anfühlen wenn man von somalischen Piraten ausgeraubt wird!“ Der Terror den wir erlebt hatten, musste sich an Bord eines Frachtschiffes ähnlich anfühlen, wenn man erlebt wie ein Mob Somali-Piraten an Deck klettert. Ich hatte soeben 120 Euro für unbezahlbaren Recherchearbeit ausgegeben. Wenig später verließen wir Kenia mit einem Kurzfilm. Diesen Sommer werden wir zurückkehren um einen Spielfilm zu drehen. Bewaffnet mit Details, die das Ganze noch realistischer machen werden. Ich hoffe bloß, dass es kein weiterer „CNN-Zwischenfall“ wird.

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