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GAMES

Videospiele als Terror-Werkzeug

Wir sehen uns an, wie extremistische Organisationen durch den Einsatz von Videospielen versuchen, Sympathisanten anzulocken.

Screenshot aus auf

Special Force 2

Youtube

Nach der Drohung an Amerika durch ein peinliches Video der IS wurde letzte Woche ein weiteres Video der Terrormiliz im Internet veröffentlicht, bei dem das populäre Videospiel GTA V eingesetzt wird, um durch Montagen von Mord und Zerstörung Kinder und Teenager für den Krieg zu gewinnen.

Dabei bedient sich die Terrororganisation eines der populärsten und gleichzeitig westlichsten Games unserer Zeit, bei dem das Erfolgsrezept das Einnehmen von Charakteren ist, die Leute töten, Verbrechen im Sekundentakt begehen und jede Menge Zeug in die Luft sprengen. Das „gespielte Böse" hat hier einen großen Reiz auf Gamer, mit dem die IS, die man ohne großes Risiko als das „reale Böse" bezeichnen kann, hier spielt. „Alles was du in diesem Spiel machen kannst, machen wir im Schlachtfeld", so die Einleitung des Videos.

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Man kann die Wahl von GTA V als Überbringer der IS-Botschaft auch als Anspielung auf die Verlogenheit der westlichen Welt verstehen: In Videospielen Leute zu töten und Dinge in die Luft zu sprengen, ist in Ordnung und macht sogar Spaß—außer natürlich, es handelt sich bei den Protagonisten um IS-Kämpfer. Bei der Qualität des Videos, das mich an von jugendlichen Fans gemachten Counter Strike-Videos aus den frühen 2000er Jahren erinnert, lässt sich dies allerdings bezweifeln und auch die Frage, ob es sich hier lediglich um eine Montage oder ein fertig entwickeltes, eigenständiges Videospiel handelt, lässt sich für mich nur mit Nein beantworten.

Die Facebook-App „Whack the Hamas"

Shahid Butt, ein verurteilter Terrorist, dessen Interview mit Sky News auch im Forbes-Artikel vom 20. September erwähnt wird, meint, dass Videospiele Menschen dehumanisieren und Kindern einen leichten Zugang zum Krieg bieten. Es gibt zahlreiche Spiele mit denen extremistische Organisationen versuchen, Sympathisanten für ihren Zweck zu gewinnen. Bei dem von der Hisbollah selbst entwickelten First Person Shooter Special Force (von dem es mittlerweile ein Sequel gibt) schlüpft man in die Rolle eines Hisbollah-Kämpfers, der sich gegen die Besatzung durch den Feind Israel erhebt. Selbsterklärtes Ziel von Special Force ist es, ein mentales und persönliches Training zum Widerstand gegen Israel zu bieten. Bei diesem von zwei Dschihadisten entwickelten Space Invaders-Klon schießt man auf französische Kampfflugzeuge, weil der al-Qaida die echten Mittel fehlen, um sich gegen die französische Militärkampagne im westafrikanischen Mali zur Wehr zu setzen.

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Screenshot aus Ethnic Cleansing auf Youtube

Bei dem von einem Neonazi-Musiklabel entwickelten Ethnic Cleansing lautet das Ziel, als Skinhead oder Klan-Mitglied zuerst Latinos und Schwarze zu töten, bevor man schließlich über die U-Bahn-Tunnels in das „Jewish Control Center" vordringt, um Ariel Sharon zu töten. Aber auch auf den ersten Blick weniger extremistische Spiele wie die Facebook-App „Whack the Hamas" oder das vom US-Militär entwickelte America's Army, das vor allem für seinen Einsatz in US-Klassenzimmern kritisiert wird, tragen das selbe Problem in sich: Sie simplifizieren komplexe Themen und reduzieren teilweise jahrzehntelange soziale und historische Machtgefälle und Konflikte auf ein simples Gut und Böse.

Trotz der Aufforderung von US-Präsident Barack Obama, mehr Studien zu Gewalt in Videospielen durchzuführen, sollte klar sein, dass niemand allein wegen einem Youtube-Video oder einem gewalttätigen Videospiel in den Krieg zieht oder Leute umbringen will. Videospiele haben jedoch die Macht, zu lenken und zu manipulieren und die dargestellte Realität zugunsten der Ideale und Wertvorstellungen des Entwicklers im Hintergrund zu verzerren. Also genau so wie jedes andere Medium auch. Wichtiger als den Kanal zu verdammen, über den Botschaften gesendet werden, ist es deshalb, die Botschaften und ihre Absender selbst zu hinterfragen. Und passenderweise helfen dieselben Medien, die IS-Botschaften und Killer-Games transportieren, uns auch dabei, diese kritisch zu beleuchten.

Hinterfragt alles—mit Adrian auf Twitter: @doktorSanchez