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It's still real to me, damn it!

It's still real to me, damn it! Die VICE Wrestling-Kolumne

Wrestling brennt. Diesmal echt. Mit Zugrettungen, Fans-Verprügeln, MMA und Hühner-Werfen.

Die Wrestling-Welt brennt! Zwar nicht im Unibesetzungssinn des Wortes (die Fans verstecken ihren gepflegten Gusto nach Gammeln nicht hinter Politik und schlafen meistens auch nicht im Stadion), aber verhältnismäßig geht es gerade trotzdem ziemlich feurig zu, in dem Universum, wo "Parts Unknown", "The Bottomless Pit" und "The Other Side of the Tracks" ganz normale Ortsnamen sind. Man könnte vielleicht sagen: Es brennt mehr so, wie der eigene Arsch brennt, nachdem man indisches Essen verdaut hat – und weniger so wie einer, dessen Härchen man zugunsten eines wahnsinnig guten YouTube-Videos mit einem Bic-Feuerzeug versengt. Was immer noch schlimm genug ist, wenn ihr mich fragt. Jedenfalls ist es ziemlich echt und darum geht es heute ja schließlich. Wenn ihr also Fan seid und euch gegen Trollvorwürfe à la "FAAAAAAAKE!!!" bisher nur mit einem ausgelutschten "Ja … aber … Stone Cold und Owen Hart!" zu helfen wusstet, bekommt ihr hier definitiv neues Futter, mit dem ihr den Lästerern ganz schön die Grinse-Visage stopfen könnt. Diese vier Beispiele sollten für die nächsten zehn Jahre reichen:

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WRESTLER WÜRGT IDIOTEN, RETTET GANZEN ZUG

Als iranischstämmiger Amerikaner, dem man seine Herkunft auch ansieht, hat Dara Daivari jedes Scheißklischee gegenüber Arabern, Persern, Terroristen und Hulk Hogan-Hassern schon einmal im Ring runterspielen müssen – und nicht selten alle diese Klisches auf einmal (dass Persisch schon allein sprachlich nicht dasselbe wie Arabisch ist, war in der heißen Krieg-gegen-den-Terror-Phase in den ersten fünf Jahren nach 9/11 auch jedem eher egal). Für jeden, der noch nicht ganz im 21. Jahrhundert angekommen ist und der sich noch schwertut, Gimmick und Person auseinanderzuhalten, dürfte Daivari aber spätestens letzte Woche zum waschechten Helden avanciert sein, als er an Bord eines Zuges einen Wahnsinnigen, der damit drohte, alle Passagiere umzubringen, mit einem Rear-Naked Choke Hold niederstreckte (TMZ berichtete, duh). Wie war das? Wrestling-Moves sind was für Spaziergeher? Wohl nur, wenn sie von lächelnden Asiatinnen angesetzt werden:

Ansonsten sind sie aber eher was für harte kleine Männer aus Minnesota, die in ihrer Kindheit Fan von Mick Foley, Bret Hart und Shawn Michaels waren und heute in Zügen auf idiotische, soziopathische Opfer lauern. Nur damit ihr euch nicht einbildet, Zugfahren wäre sowas wie ein Freifahrtsschein für eure Amokgelüste. Der Mann, den Daivari bewusstlos gewürgt hat, hat sich übrigens laut Augenzeugenberichten auch ein bisschen in die Hose gelullt.

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WRESTLER HAUT IDIOTEN, RETTET DIE SMARTS

Apropos Typen die den Unterschied zwischen Gimmick und Person (oder Charakter und Wrestler) nicht begreifen: So einer war letzte Woche auch bei Monday Night Raw im Publikum, als WWE-Champion CM Punk am Ende (und als Teil) der Show durchs Publikum flüchten wollte, um von WWE-Boss Vince McMahon gestoppt und vor ein Ultimatum gestellt zu werden. Worum es bei dem Ulitmatum ging, ist jetzt egal – entweder wisst ihr es ohnehin schon oder ihr wollt es gar nicht wissen –, aber was abseits der Kamera im Publikum passierte, sollte euch Marks da draußen eine Lehre sein:

Gut, auf den ersten Blick sieht es vielleicht so aus, als könne man CM Punk schon zum Zuhauen bringen, indem man ihn um ein Autogramm auf nichtrecycletes Papier bittet, aber ein bisschen sollte wohl schon auch zählen, dass der dumme Bub ihn vorher dreimal geschubst hat, zumindest wenn man Phil Brooks alias CM Punk glauben darf, und dass der dumme Bub außerdem hinter Punks Rücken davon geredet haben soll, den Wrestler zu verprügeln. Wobei das schon auch jemand anders gesagt haben könnte, weil man das hinter dem Rücken ja nur schwer sieht. Und selbst wenn, hätte es natürlich genauso ernst gemeint sein können, wie wenn Punk einem seiner Gegner verspricht, dass er ihn für immer verkrüppelt zurücklassen wird. Aber um diese Details geht es jetzt auch gar nicht. Der Punkt ist, leg dich nicht mit einem Wrestler an, der den Bösen spielt, wenn du ihm damit das Gefühl geben könntest, du würdest nicht verstehen, dass er nur den Bösen spielt oder er würde nicht verstehen, dass du sehr wohl verstehst, dass er den Bösen spielt. Leg dich einfach gar nicht mit Wrestlern an, okay? Das wissen wir doch wirklich aller-, aller-, allerspätestens, seitdem Chris Jericho bereits einem naherückenden Fan das Gesicht entrückt hat. Schade nur, dass das genau jetzt passieren muss, wo die WWE gerade wieder ein bisschen auf "Attitude" setzt. Action im Publikum werden wir wohl so schnell nicht wieder bekommen. Wem das nicht passt, der kann ja CM Punk schubsen gehen.

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WRESTLER GEWINNT IM KÄFIG, RETTET SPORTLICHKEIT

Wrestling hat ja viele Traditionen. Eine davon besteht darin, fette, unsportliche Typen völlig unwahrscheinliche Kämpfe gewinnen zu lassen und dem Publikum die Frage in die Synapsen zu zaubern, wer das bitteschön noch glauben soll. Eine andere Spielart derselben reichen Tradition sieht vor, dass viel zu kleine, schmächtige und teilweise sogar kleinwüchsige oder weibliche Athleten genauso unwahrscheinlich als Sieger aus einem Kampf gegen eben diese fetten, unsportlichen Typen hervorgehen. Beides wird von Leuten wie mir geduldet, weil wir erstens ein Herz für Entertainment haben, zweitens am Ende des Abends trotzdem immer auf unsere Kosten kommen und drittens sowieso absolut nichts dagegen ausrichten können, aber leider viel zu angefixt sind, um die Zwergenscheiße einfach nicht mehr anzusehen. Trotzdem tut es manchmal gut, wenn auch mal wieder ein Wrestler einen echten MMA-Kampf gewinnt. Auch wenn der Wrestler Batista ist und der MMA-Kampf in der hinterletzten Drecksliga stattfindet:

Als braven Fans fällt euch an dieser Stelle natürlich Brock Lesnar ein, der sowieso die härteste Sau ist, die jemals von einer Farm in einen Wrestlingring gekrochen ist und sich nicht nur das Genick während eines Fake-Matches gebrochen, sondern auch noch den World Heavyweight Title in einem MMA-Fight gewonnen hat. Aber Brock Lesnar zählt schon deshalb nicht, weil er in Wahrheit kein Mensch, sondern ein saugewordener Trizeps mit der Stimme eines Melodram-Darstellers ist. Batista hingegen hat Steroide genommen und ist mit Rey Mysterio befreundet. Das verschafft ihm an beiden Ufern Verbündete.

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WRESTLER WIRFT MIT HÜHNCHEN, RETTET DEN ABEND

FOTO (C): ERNST MIESGANG

Dieses Bild ist also von Ernst Miesgang, der mich zum Rock'n'Roll Wrestling Bash: Trash-O-Calypse 2012 in die Wiener Arena begleitet und dort zum allerersten Mal die Magie von fliegenden Hühnerteilen und vorgekautem Faschierten im Rahmen einer Wrestling-Veranstaltung erlebt hat. Auf seine ganz eigene Art war dieser Abend mit seinen ziemlich unprofessionellen Moves das Echteste, bei dem ich jemals live dabei war. Ich meine, der Typ, den ihr hier seht, hatte immerhin ganze zwei angeblutete Hühnchen dabei, die er als Festival-affiner Feingeist prompt dem Publikum überantwortete, das die Tierreste wie Luftballons zwischen den Reihen hin und her schoss. Außerdem war das Wrestling, das einem hier geboten wurde, eindeutig kein Fake, der echt tut, sondern echter Fake. Und weil ich noch nicht genau weiß, ob das etwas Gutes oder etwas Schlechtes ist, denke ich einfach bis nächste Woche drüber nach und melde mich dann mit einer sensationellen Fotostrecke vom Arena-Event bei euch wieder. Mahalo!


MACHO-MUGSHOTS UND MEHR REUDIGES RASSLING:

Trash-O-Calypse macht mich gespannt wie ein Spandex-Höschen

Es geht an, äh, um die Wurst. Relive the excitement mit den besten Wrestling-Musikvideo-Crossover-Produktionen. Ich sage nur BAD STREET, USA!

Wie man mit Wrestling die Welt besser macht

Letzte Woche waren wir auch schon um euer Seelenheil besorgt und haben euch gezeigt, warum man unbedingt versuchen sollte, mit Wrestling (und Metal) die gesamte Welt (oder Wien) in einen besseren, aufgeklärteren Ort und euch in Kant'sche kategorische Imperative zu verwandeln (whatever that means).

Mugshots Matches, Teil 4: Big Daddy Cool Diesel

Aka Big Sexy aka Vinnie Vegas aka The Grand Wizard of Oz aka Kevin Nash. Dieser Mann ist der einzig wahre Bodyguard des Wrestling und der Grund, warum man ab 50 nur noch wie ein Bauarbeiter reden und dabei stets ein Weinglas schwenken sollte.