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Kanadas schlimmster Serienmörder hat im Gefängnis ein Buch geschrieben

Erst gestand er im Gefängnis einem Undercover-Polizisten, 49 Frauen umgebracht zu haben, und dann schrieb er in seiner Zelle das Buch, in dem weiter auf seine Unschuld pocht.

Robert Pickton, der schlimmste Serienmörder in der Geschichte Kanadas, hat aus dem Gefängnis heraus ein Taschenbuch veröffentlicht, in dem er weiter auf seine Unschuld pocht.

In Pickton: In His Own Words behauptet der frühere Schweinefarmer aus British Columbia, der Gelackmeierte in einem Justizsystem zu sein, durch das er fälschlicherweise für den Mord an sechs Frauen verurteilt wurde. Das Buch, das sogar kurz bei Amazon bestellt werden konnte, inzwischen aber wieder aus dem Sortiment genommen wurde, ist in den USA von einem pensionierten Bauarbeiter aus Kalifornien herausgebracht worden, dessen Name Michael Chilldres auch auf dem Cover zu sehen ist. Dem Fernsehsender CTV BC zufolge erhielt Chilldres von einem ehemaligen Zellenkumpanen Picktons eine Kopie des Manuskripts. Bei diesem Zellenkumpanen handelt es sich um einen Sexualstraftäter gegen Kinder, der mit dem Profit seine eigenen Prozesskosten bezahlen will.

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Durch die kurze Online-Leseprobe bekommt man direkt den Eindruck, dass das von biblischen Passagen, ausufernden Sätzen und grammatikalischen Fehlern durchzogene Buch nur schwer zu lesen ist. Rein rechtlich gesehen kann man gegen die Veröffentlichung jedoch nichts unternehmen.

In Kanada gibt es kein landesweit geltendes Gesetz, das es Häftlingen verbietet, aus der Nacherzählung ihrer Verbrechen Profit zu schlagen. In den Provinzen Ontario, Alberta, Saskatchewan sowie Nova Scotia sind entsprechende Gesetze jedoch in Kraft.

Mike Morris, British Columbias Minister für öffentliche Sicherheit, meinte gegenüber der Presse, dass sein Büro jede erdenkliche Maßnahme ergreifen würde, um sicherzustellen, dass den Familien der Opfer kein weiterer Schaden zugefügt wird und dass Robert Pickton aus diesem Buch in keinster Weise Profit schlägt.

Ari Goldkind, ein Rechtsanwalt aus Toronto, bezeichnete es als „bedauernswert", dass es in British Columbia keine derartigen Gesetze gibt, und kritisierte die dortige Regierung dafür, dass sie nicht mit den anderen Provinzen gleichzieht.

„Wir sprechen hier von einer bevölkerungsreichen Provinz, in der alle möglichen Mörder und Vergewaltiger herumlaufen, die mit ihrer Story Geld machen wollen", meinte er gegenüber VICE. „Wenn dem Minister das nicht passt, dann kann er einfach nur eine Kopie der Rechtsordnung von Ontario machen und vor die Gesetzgebung von British Columbia setzen." Der inzwischen 66-jährige Pickton wurde 2007 in sechs Fällen des Mordes mit bedingtem Vorsatz schuldig gesprochen und verbüßt nun eine lebenslange Haftstrafe. Nachdem er 2002 verhaftet worden war, meinte er gegenüber einem Undercover-Polizisten, der in Picktons Zelle eingeschleust wurde, dass er für den Tod von insgesamt 49 Frauen verantwortlich sei.

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In seinem Buch stellt Pickton CTV zufolge mehrere Behauptungen auf: So soll die Motorradgang Hells Angels hinter einigen der ihm angehängten Morde stecken und sein Fall eine einzige Verschwörung sein. Des Weiteren bezeichnet er sich selbst als „Greenhorn", das in Bezug auf Frauen und Sex nur wenige Erfahrungen gesammelt hat, weil außerehelicher Geschlechtsverkehr ja eine Sünde sei.

Aber egal wie geschmacklos seine Niederschrift auch sein mag, Pickton ist laut Goldkind vom Recht auf Redefreiheit geschützt. Der Anwalt vermutet, dass der Verbrecher sein Manuskript wohl mithilfe seines Zellenkumpanen nach draußen brachte, damit die Justizvollzugsbeamten keinen Blick in die Zeilen werfen konnten. Aber selbst wenn die Behörden Pickton auf die Schliche gekommen wären, hätten sie keine rechtliche Möglichkeit gehabt, die Veröffentlichung der Memoiren aufzuhalten.

Zwar hat die kanadische Regierung auch schon mal über einen Gesetzesentwurf diskutiert, der dem Gesetz in Ontario ähnelte, aber verabschiedet wurde das Ganze dann doch nie. Laut Goldkind basierte dieser Gesetzesentwurf auf dem 1977 in New York verabschiedeten „Son of Sam"-Gesetz, das damals eingeführt wurde, weil man dem Serienmörder Davon Berkowitz lukrative Autorenverträge anbot. Zwar veröffentlichte Berkowitz dann tatsächlich ein Buch namens Son of Hope, aber anscheinend verdiente er damit kein Geld.

Vergangenen November schrieb der berüchtigte Vergewaltiger und Mörder Paul Bernardo ein E-Book mit dem Titel A MAD World Order und veröffentlichte das Ganze bei Amazon. Aufgrund des öffentlichen Aufschreis wurde der Titel jedoch schnell wieder offline genommen.

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Picktons Buch hatte bis zu seiner Löschung eine Bewertung von 1,3 Sternen erhalten und bereits 91 Kundenrezensionen angesammelt. Darin war meistens zu lesen, wie bestürzt die Leute darüber sind, dass Amazon das Werk eines Serienmörders verkauft. Eine Fünf-Sterne-Rezension war jedoch auch zu finden: „Wir haben hier die seltene Möglichkeit, einen Blick in den Kopf eines Serienmörders zu werfen. Hitler hat doch auch ein Buch geschrieben, das nicht verboten ist. Lest einfach das verdammte Buch, ihr wollt es doch alle!!!"

Sandra Gagnon, die davon ausgeht, dass ihre Schwester von Pickton umgebracht wurde, meinte im Gespräch mit dem Fernsehsender CBC, dass sie das Buch unglaublich widerwärtig findet: „Es ist einfach nur ekelhaft, dass der schlimmste Serienmörder aller Zeiten die Frechheit besitzt, ein solches Buch zu schreiben und alte Wunden wieder aufzureißen."

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Der US-Herausgeber Chilldres sagte gegenüber CTV, dass er mit den Familien der Opfer mitfühlen würde und mit der Veröffentlichung des Buchs einfach nur einem Freund geholfen hätte. „Ich habe das Buch ja nicht geschrieben", meinte er und fügte noch hinzu, dass er sich bei Wikipedia über Pickton informiert hätte.

Goldkind ist der Meinung, dass die Öffentlichkeit eher ein Auge auf die Leute haben sollte, die sich bewusst ein Buch eines Serienmörders kaufen, anstatt sich jetzt nur über die Tatsache aufzuregen, dass Pickton ein solches Buch überhaupt geschrieben hat.

„Die Käufer wissen, dass sie da kein großartiges literarisches Werk erhalten und sich durch Rechtschreib- und Grammatikfehler kämpfen müssen. Ihnen ist bewusst, dass das Ganze ein total eigennütziges Dokument darstellt", erklärte er und betonte anschließend, dass ein volles Geständnis eine wohl viel packendere und nützlichere Lektüre wäre als ein Buch, in dem Pickton nur seine Version der Geschichte erzählt.