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​Asylwerber sind in Relation halb so kriminell wie im Vorjahr

Man kann aber auch sagen: „Asylwerber wurden zu 38 Prozent häufiger angezeigt als im Vorjahr."

Statistiken sind tückisch: Anhand von ihnen kann man mehrere auf den ersten Blick widersprüchliche Aussagen treffen. Diese zwei Aussagen gehen aus der eben präsentierten Polizeilichen Kriminalitätsstatistik für 2015 hervor:

„Asylwerber wurden zu 38 Prozent häufiger angezeigt als im Vorjahr."

„Asylwerber sind in Relation halb so kriminell wie im Vorjahr."

Beide sind wahr. Aber wie kann das sein? Was stimmt denn nun? Liefert die Kriminalstatistik wirklich „erschreckende Zahlen" wie Oe24 glaubt?

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Foto aus der Polizeilichen Kriminalstatistik

Fakt ist: Die Kriminalität ist nicht gestiegen. 2015 gab es so wenige Anzeigen wie noch nie zuvor—und das, obwohl 2014 schon ein Rekordjahr war.

Außerdem sind Asylwerber nicht krimineller geworden. Im Gegenteil. Sorry, jetzt kommen viele Zahlen, aber es geht nicht anders: 2014 gab es 28.064 Asylanträge und 10.416 tatverdächtige Asylwerber. 2015 stellten 88.151 Personen einen Asylantrag und 14.458 Flüchtlinge wurden einer Tat beschuldigt (nicht verurteilt). Das macht also 4.000 Anzeigen mehr—bei 70.000 Flüchtlingen mehr. Im Klartext bedeutet das: 2014 waren von 1.000 Asylwerbern 371 Personen tatverdächtig, 2015 waren es weniger als die Hälfte davon, nämlich nur noch 161 Personen. In Relation hat sich die Kriminalitätsrate von Asylwerbern halbiert.

Grundsätzlich werden Asylwerber kaum in den ersten Monaten kriminell, erklärt Bundeskriminalamt-Chef Franz Lang im Ö1-Morgenjournal: „Es beginnt [eher] bei Leuten, die sich länger in Österreich aufhalten und deren Perspektive hier nicht wächst. Diese Leute erwarten sich natürlich Arbeit, einen Verdienst und zum Teil haben sie auch Verpflichtungen in Richtung ihrer Herkunftsländer, wo sie Kredite zurückzahlen müssen." Integration sei somit ein wichtiger Präventions-Faktor. Der rapide Anstieg der Anzeigen gegen Asylwerber „ist für den Kriminologen nicht beunruhigend", weil man die Zahlen relativ betrachten müsse.

Das Problem an Medienberichten über die Kriminalitätsstatistik ist, dass Medien meist nur einen Aspekt herausgreifen. Wie NZZ.at und Der Standard näher beschreiben, kann man auch mit Zahlen lügen. Und das ziemlich glaubwürdig.