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Drogen

Laut dieses Gerichtsbeschlusses ist der Anbau von Cannabis in Österreich legal

Die Cannabis-Züchter von Flowery Field landeten über einen ziemlich erstaunlichen Umweg vor Gericht. Aber in letzter Konsequenz wurde ihnen dann doch rechtgegeben.
Foto mit freundlicher Genehmigung von Flowery Field

Wenn ihr letztes Jahr unsere Video-Reihe „Kiffen in den Alpen" gesehen habt, dann hat sich mit ziemlicher Sicherheit das Bild von einer riesigen Halle voller Cannabis-Pflanzen mitten in der österreichischen Kleinstadtidylle in euer Gedächtnis eingebrannt. Seit kurzem steht fest, dass all diese Pflanzen, die in Brunn am Gebirge stehen, auch juristisch gesehen ganz legal vor sich hin sprießen. Der Betreiber des Unternehmens namens Flowery Field hat nun einen Rechtsstreit gewonnen, der die Frage beantwortete, ob das, was er im großen Stil tut—nämlich das Ziehen von Cannabis-Stecklingen—in Österreich denn eigentlich rechtskonform ist oder nicht.

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Dabei hatte die Geschichte am Anfang genau gar nichts mit Flowery Field zu tun. Eigentlich stand nämlich ein niederösterreichischer Zierpflanzen-Produzent vor Gericht—auch er hatte begonnen, Cannabis zu züchten. Die Justiz hatte seine viertausend Pflanzen aber nach kurzer Zeit von der Polizei beschlagnahmen lassen und ein Gerichtsverfahren gegen ihn eingeleitet. Er legte Beschwerde ein.

Das geplante Geschäftsmodell des Zierpflanzen-Produzenten war im Prinzip ziemlich genau dasselbe, wie das in Brunn am Gebirge: Stecklinge werden großgezogen, aber eben nur bis zu dem Stadium, in dem sie noch keine Blüten tragen. Dann werden sie über den Großhandel weiterverkauft. Damit bewegten sich die Betreiber in einem rechtlichen Graubereich, denn auch wenn die Pflanzen in diesem Zustand noch kein THC produzieren—also den Stoff, wegen dem ihr alle überhaupt so gerne Gras raucht—konnte ihnen immer noch vorgeworfen werden, dass sie sich einer sogenannten „Beitragstäterschaft" schuldig machten.

Foto mit freundlicher Genehmigung von Flowery Field

Jetzt fragt ihr euch vermutlich, was das alles mit Flowery Field zu tun hat. Die Niederösterreicher zogen, nachdem ihr Hanf-Bestand beschlagnahmt wurde, vor Gericht, um den Beschluss anzufechten. Als Verteidigungsmaterial zeigten sie eine Foto-Reportage, die 2014 im Standard erschienen war und zeigte, wie Flowery Field ihr Geschäft so betreiben—ganz nach dem Motto: „Wenn die das dürfen, dann dürfen wir das auch."

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Der Verteidigungsplan ging aber zunächst einmal in die Hose: Die Staatsanwaltschaft ließ sich nicht beeindrucken. Im Gegenteil, nachdem sie die Foto-Reportage gesehen hatte, zerrte sie kurzerhand auch die Betreiber von Flowery Field vor Gericht.

Klingt bis zu diesem Punkt natürlich ziemlich mies für die Pro-Cannabis-Fraktion. Aber es gibt ein Happy End: Letztendlich wendete sich das Blatt vor Gericht. Zunächst endete das erste Verfahren zugunsten des Zierpflanzen-Züchters. Ende Jänner konnte dann auch Flowery Field den Rechtsstreit für sich entscheiden. Beide Unternehmen werden also in Zukunft nicht nur weiterhin Cannabis züchten, sondern haben sogar einen rechtlichen Beleg dafür, dass das, was sie machen, den Regeln des österreichischen Rechtsstaats entspricht.

Wir haben uns vom Betreiber von Flowery Field, Alexander Kristen, erklären lassen, wie er diesen Rechtsstreit zu seinen Gunsten entscheiden konnte. Und wir haben nachgefragt, was dieses Urteil seiner Meinung nach für den weiteren Umgang mit Cannabis in Österreich bedeutet.

Foto von VICE Media

VICE: Alexander, rechnet man bei einem Geschäftsmodell wie eurem eigentlich permanent damit, dass man vor Gericht landen könnte?
Alexander Kristen: Seit Beginn der unternehmerischen Tätigkeit im Jahr 2004 war der Geschäftsgegenstand der Flowery Field GmbH bereits viermal gerichtsanhängig—und zwar 2004, 2005, 2012 und 2015. Alle Verfahren wurden letztlich von den zuständigen Staatsanwaltschaften eingestellt. Das Problem der ersten drei Verfahrenseinstellungen bestand aber darin, dass die Staatsanwaltschaften mangels gesetzlicher Verpflichtung keinen Grund für die Einstellungen anführen mussten. Bei der jetzigen Verfahrenseinstellung wurde endlich ein Einstellungsgrund, nämlich der Beschluss des Obersten Landesgerichts Wien, angeführt. Dieser Beschluss qualifiziert die Tätigkeit der Flowery Field GmbH als rechtskonform.

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Hattet ihr davor die Befürchtung, dass—wie bei dem anderen Unternehmen auch—eure Pflanzen beschlagnahmt werden könnten?
Grundsätzlich war die Gefahr einer Beschlagnahme nicht ausgeschlossen. Sie konnte jedoch verhindert werden—vor allem, weil wir bei Flowery Field ein sehr transparentes Geschäftsmodell haben.

Was war eigentlich der genaue Vorwurf an euch?
Die Anklagebehörde hat behauptet, dass unsere Zierpflanzen vorsätzlich mit einer Suchtmittelgewinnungsabsicht veräußert werden. Die Staatsanwaltschaft stützte sich dabei aber auf die nicht mehr zeitgemäße Judikatur des Obersten Gerichtshofes—den sogenannten „Eventualvoratz", nachdem bei 1.000 verkauften Hanfpflanzen zumindest einer der Käufer Suchtgift aus den erworbenen Pflanzen gewinnt und der Verkäufer sich dessen bewusst ist, sich aber damit abfindet.

Foto mit freundlicher Genehmigung von Flowery Field

Wie habt ihr letztendlich die Vorwürfe entkräftet, dass ihr euch mit dem Verkauf der Pflanzen einer Beitragstäterschaft schuldig macht?
Wir haben angeführt, dass wir uns bei Flowery Field aufgrund des Aushanges entsprechender AGBs nicht mit der Suchtmittelgewinnungsabsicht der Kunden abfinden—in unseren AGBs machen wird darauf aufmerksam, dass wir ausschließlich Pflanzen zu Zierzwecken verkaufen. Deshalb wird von unserer Seite auch die Wollenskomponente des Eventualvorsatzes nicht erfüllt.
Außerdem weisen wir unsere Verkäufer auch klar darauf hin, dass sie verpflichtet sind, keine Pflanzen an Kunden zu verkaufen, deren Absicht es ist, unsere Zierpflanzen zu gesetzwidrigen Zwecken zu verwenden. Abschließend verpflichtet sich der Käufer mit Abschluss des Kaufvertrages auch noch dazu, die in unserem Geschäft erworbenen Zierpflanzen zu keinem gesetzwidrigen Zweck zu verwenden.

Ist der Beschluss, der nun gefällt wurde, eine Art Präzedenzfall?
Als Präzedenzfall kann er noch nicht bezeichnet werden, da diese Rechtsansicht dafür noch vom Obersten Gerichtshof bestätigt werden müsste.

Du hast den Beschluss gegenüber dem Standard als „richtungsweisenden Etappensieg" bezeichnet. Was sind denn deiner Meinung nach die nächste Etappen?
Wie gesagt, die nächste Etappe wäre der Oberste Gerichtshof. Die Flowery Field GmbH hat den Weg vorgezeichnet, jetzt müsste eventuell ein anderes Unternehmen, das ebenfalls Hanfpflanzen verkauft und deshalb angeklagt wird, diese Rechtsansicht vor Gericht anführen und bei einem entsprechenden Instanzenzug bis zum OGH hoffen, dass dieser diese Rechtsansicht übernimmt.

Tori auf Twitter: @TorisNest