FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Mein Höllentrip zu einer verlassenen Nazi-Ranch

Normalerweise bin ich nicht besonders mutig. Meine drei größten Ängste sind Impotenz, aus Versehen Schimmel zu essen und Nazis. Ich habe deshalb die Möglichkeit ergriffen, ein angebliches Nazi-Versteck zu erkunden, um wenigstens einmal etwas Verrücktes...

Fotos von Jamie Lee Curtis Taete

Meine Arbeitskollegen gehen oft an exotische Orte und machen allerlei gefährliche Dinge. Ich hingegen verlasse selten meinen Schreibtisch. Ich habe Höhenangst, schon allein der Gedanke an Wasser löst bei mir tierische Angst vor dem Ertrinken aus und wenn ich ein Auto bei schwierigen Wetterbedingungen fahren muss, fange ich an, im Schritt zu schwitzen. Meine drei größten Ängste sind Impotenz, das unbemerkte Essen von Schimmel—und Nazis. Ich habe deshalb die Möglichkeit ergriffen, ein angebliches Nazi-Versteck nahe Los Angeles zu erkunden, um wenigstens einmal etwas Verrücktes gemacht zu haben.

Anzeige

Ich wünschte, ich hätte es nicht gemacht. Die Murphy Ranch, so ihr offizieller Name, wurde 1933 von zwei amerikanischen Nazi-Sympathisanten, Winona und Norman Stephens, als autarkes Nazi-Dorf geplant. Dort wurden nach Vorbild von Hitlers Truppen militärische Übungen ausgeführt, da man dachte, dass der Krieg in Europa früher oder später auch das nordamerikanische Festland erreichen würde. Das blieb jedoch aus und die Ranch wurde aufgegeben. Es gibt dort also nichts mehr, das einem Sorgen machen könnte. Wenn ich mich aber auf eins verlassen kann, dann darauf, dass ich auf irgendwas Schlimmes stoßen werde.

Wir fuhren also zum Camp Josepho, dem Parkareal, auf dem die Ranch steht. Am Eingang verhinderte eine Absperrung, dass Autos in das Gebiet fahren. Wir machten uns von dort also zu Fuß auf den Weg. Ich habe eine Tüte mit leeren Bierflaschen als Wegweiser hinterlassen, nur für den Fall, dass wir nicht zurückfinden. Und ich war mir sicher, dass das passieren würde.

Als ob die brütende Hitze noch nicht schlimm genug war, mussten wir auch noch durch den verdammten Wald laufen, bis wir den schmalen Pfad, der zur Murphy Ranch führt, gefunden hatten. Eine gefühlt endlose, brüchige Treppe war unser einziger Zugang zum Nazi-Camp.

Es gab kein Geländer und die Stufen waren gerade mal halb so breit wie mein Fuß. In meinem Kopf spielte sich ein Szenario ab, in dem ich ausrutsche, 20 Meter tief falle, mein Kopf auf jeder einzelnen Stufe aufschlägt, ich dann per Helikopter gerettet werde und den Rest meines Lebens künstlich beatmet werden muss.

Anzeige

Zum Glück bin ich nicht gestürzt und auch nicht im Krankenhaus aufgewacht. Aber es lagen noch jede Menge andere tückische Stellen vor uns. Auf der Ranch sah ich jede Menge Schilder, die uns vor Zecken warnten. Und natürlich trug ich eine kurze Hose, damit die Viecher leicht an meine Beine rankommen konnten.

Das erste erwähnenswerte Gebäude, das wir sahen, war eine Art Elektrizitätswerk. Ich nehme an, dass es damals so etwas wie ein Altar war, wo sie jüdische Jungfrauen für ihren heidnischen Nazi-Gott geopfert haben (Ich gebe ja zu, dass keine Ahnung von Nazis habe). Ich habe gehört, dass die Besitzer die Ranch von einem Deutschen namens Herr Schmidt, der behauptete, übernatürliche Superkräfte zu besitzen, und in seiner Freizeit mit dem Jenseits kommunizierte, haben bauen lassen. Er war also mit hoher Wahrscheinlichkeit auch am Opfern von Menschen interessiert.

Die historischen Aufzeichnungen sind ziemlich schwammig, was die Opfergaben angeht, aber meine Recherche hat ergeben, dass dort keine Opferungen stattgefunden haben. Es gab hingegen in letzter Zeit viele Partys, wie die ganzen leeren Bierflaschen und Spraydosen zeigen.

Neben dem Elektrizitätswerk stand ein großer Wassertank, der aussah, als ob ihn jemand mit einer Kanone beschossen hat. Der Tank hat einen Knick in der Mitte—das musste ich mir genauer ansehen. Mit „genauer ansehen" meine ich aber, dass ich schreiend weggelaufen bin, da dort etwas Schreckliches passiert sein muss. Wir öffneten die Luke am Boden des Tanks und sahen, dass es, genau so wie das Elektrizitätswerk, voll mit leeren Bierdosen war. Das Einzige, was hier passiert sein muss, ist, dass ein Betrunkener reingekotzt hat.

Anzeige

Das letzte wichtige Gebäude, das wir sahen, war das Wohngebäude. Ich gehe davon aus, dass das ein Ort zum Wohnen war, da dort zerbrochene Waschbecken und ein Herd rumlagen. Auf seinem Höhepunkt muss das ein beeindruckender Ort gewesen sein, aber nicht in seinem jetzigen Zustand. Außer du magst es, deine Nächte neben einem verrosteten VW-Hippie-Bus zu verbringen.

Anstatt einfach umzudrehen und den Weg, auf dem wir hergekommen waren, zurückzugehen, wurde entschieden (gegen meinen Willen), dass wir weiter durch das Camp marschieren. Ich war guter Dinge, dass wir alles gesehen hatten, und befürchtete, die neue Route führe zu einem Bären, der mich frisst. Auch hatten wir leere Bierflaschen am Wegesrand liegen lassen und ich hasse es, die Umwelt zu verschmutzen. Wie du in dem oberen Foto sehen kannst, habe ich sogar eine dreckige Unterhose, die die Bastarde hier vergessen haben, aufgesammelt. Ich kann ein zugemülltes Nazi-Camp nicht einfach so hinnehmen.

Überall an meinem Körper juckte es. Ich fühlte die Krabbelviecher überall, auch wenn ich nirgends welche sehen konnte. Die Viecher waren in meinem Kopf. Ich bin sogar einen Viertelzentimeter hochgesprungen, als eine Eidechse aus einer verrotteten Autotür gekommen ist. Die Eidechse war zwar nicht größer als mein kleiner Finger, aber bestimmt voller Gift. Ich konnte es in ihren Augen sehen. Es war eine Killerechse.

Nach weiteren 20 Minuten, in denen ich andauernd stehen bleiben musste, da ich außer Atem war, kamen wir durch ein gigantisches Eisentor. Das war der eigentliche Eingang zu der Ranch. Dort gab es keine gefährlichen Treppen, sondern nur eine sanfte Straße, die uns zu dem Weg brachte, auf dem wir hergelaufen waren. Wenn wir am Anfang des Tages nicht die Treppe genommen hätten und etwas weitergelaufen wären, dann hätte ich die ganzen kleineren Panikattacken und Hitzewallungen nicht gehabt. Trotzdem denke ich, dass die Horrortreppe und das Marschieren durch das Gelände mir geholfen haben, meine Angst vor Höhe, Bären und—am wichtigsten—amerikanischen Nazi-Sympathisanten zu überwinden. Ich bin zutiefst dankbar.