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Diese Firmen werben mit Sexismus und sind fast noch stolz drauf

Der Deutsche Werberat sprach sechs Firmen eine stille Mahnung wegen ihrer sexistischen Werbung aus—ihnen war das scheißegal. Nun wurden sie offiziell gelistet.

Eine junge Frau wie eine Tüte Chips auf den Tisch gelegt, nackt, neben ihr abgestellt zwei Flaschen Rum, Whisky oder was auch immer harte Typen so trinken. Eine Flasche davon derart geschickt platziert, dass sie die Arschritze verdeckt. Um die arrangierte Komposition mehrere Kerle mit edgy Tattoos und ein Pappbecher. Der Anführer genehmigt sich noch einen Schluck aus der Pulle, während er schon mal das nackte Fleisch befühlt. Dann noch als Slogan die Ansage „Fuck your face" und fertig ist das perfekte Cover für ein Gangbang-Porno, wie es sie zu Tausenden gibt.

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Wer hätte gedacht, dass hier stattdessen K-Swiss-Sneaker und Fashion der Marken Adidas, Boxfresh oder Ragwear beworben werden sollen. „Wir haben die Marken[,] die du brauchst!" Die Logos sind geschickt unter dem nackten Blickfang aufgereiht, der Modeladen mit Sitzt im Rathaus-Center Dessau sowie dem Allee-Center Magdeburg heißt—bitte festhalten—„delikat".

Foto:Deutscher Werberat

Delikat ist eins von insgesamt sechs Unternehmen, denen der Deutsche Werberat jüngst eine Rüge wegen sexistischer und gewaltbagatellisierender Werbung ausgesprochen hat. Das besondere dabei: Zunächst wurden die Unternehmen gebeten, ihre Werbemotive zu überdenken und abzuändern. Erst nachdem klar wurde, dass die Kritik auf überwiegend taube Ohren stieß, wurde eine offizielle Rüge veröffentlicht.

„Die Selbstkontrolleinrichtung der deutschen Werbewirtschaft hat sechs uneinsichtige Firmen wegen ihrer Werbung gerügt, nachdem sie trotz Beanstandung des Deutschen Werberats ihre Werbung nicht absetzen oder korrigieren wollten."
BERLIN, 16. Februar 2016 (dwr)

An der Art wie die Unternehmen auf die Kritik reagierten bzw. es nicht taten, zeigt sich, wie aussichtslos der Kampf gegen Sexismus in der Werbung sein kann. Dass uns Titten, Arsch und Beine von jedem dritten Werbebanner nicht nur entgegen glänzen, sondern sich für uns trotz ihres aufpolierten Looks kaum noch von der grau-alltäglichen Melange aus Straßenbahnen, Parkuhren und Straßenbänken abheben können, ist das Eine—wir als Konsumenten sind übersättigt, sind blind geworden. Das Andere aber ist, dass die Werbebetreiber selbst die Einschläge nicht mehr raffen, sogar wenn eine große Institution wie der Deutsche Werberat sie auf ihr Treiben hinweist.

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Man nehme etwa den Zweiten auf der Liste, die Firma MessKing aus dem bayerischen Schonungen. Beworben wird ein Konturmessmaschine. Ein echter Schnapper für nur 13.750 Euro.

Foto: Deutscher Werberat

Gültig ist das Sonderangebot aber nur bis 31.03.2016, schnell kaufen, oben drüber ist der Weihnachtsmann, nur mit Brüsten und mit pinken Haaren und geöffneten Mantel und in Dessous. Werbeslogan: „Noch Budget? Dann zugreifen…" Hierzu das Urteil der Deutschen Werberats: „Der Position des Unternehmens, es handele sich zwar um eine provozierende, nicht aber sexistische Werbung, konnte sich der Werberat nicht anschließen." Was zur Hölle hat eine nackte Weihnachtsfrau mit pinken Extensions vier Monate nach Weihnachten mit einer 13.750 Euro teuren Konturmessmaschine gemein? Und was anderes kann daran sonst noch provokant sein, als dass hier das ästhetische Stoppschild der modischen Farbenlehre überfahren wurde, indem man Rot mit Pink kombinierte?

Auch sehr geil ist die Reaktion der Autowerkstatt Schöpp auf die ihnen erteilte Rüge. Die Truppe aus dem niedersächsischen Emstek warb mit folgendem Plakat für ihre mechanischen Dienste:

Klassisches Schraubenoutfit. Auf Platz eins noch vor dem Blaumann. In der Szene auch gerne „Mechanikerdekoltee" genannt. Fast schon wahnhaft fiel die Reaktion der Gerügten aus. Zitat des Werberats: „Den Einwand des werbenden Unternehmens, hier würde eine Fahrzeugreparatur dargestellt, ließ der Deutsche Werberat nicht gelten". Natürlich wurde dort eine Fahrzeugreparatur dargestellt—genauso wie der österreichische Fernsehender Steirer-TV auf Plakaten einfach nur vor dem überhasteten Verzerr von Bananen warnen wollte.

Foto: Imago | Ralph Peters

Nicht schlingen! Erst anlecken, dann beißen. Die Österreicher werden nicht auf der Rügenliste geführt, wer sich die restlichen drei Kandidaten zu Gemüte führen will, der kann dies direkt auf der Seite des Deutschen Werberats tun.

Das alles lüde regelrecht zum Lachen ein, wenn es uns nicht im Hals steckenbliebe, angesichts der Tatsache, dass sich mittlerweile nicht einmal kleine Unternehmen wie die Schraubenwerkstatt in der niedersächsischen Prärie vor bundesdeutschen Institutionen davon abbringen lassen, ihrer altbewehrten Vorstellung von einer effektiven Werbephilosophie nachzugehen: Quote und Blickfang durch Arsch und Titte. Business as usual.

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