FYI.

This story is over 5 years old.

Wood Pushers

Warum es eine beschissene Idee ist, Southbank für Skater zu schließen

Die Verantwortlichen vom Southbank Festival Wing möchten die Skater vertreiben, um mehr Platz für überteuerte Sandwiches zu machen.

Keine Ahnung, ob ihr schon jemals in London gewesen seid, aber wenn es dieser Stadt an etwas mangelt, dann sind das Kaffee und Sandwich-Läden. Wie oft habe ich bereits Leute auf der Straße gefragt: “Hey, wisst ihr was diese Stadt braucht? Mehr Cafés.” Ganz einfach weil es wirklich bei weitem nicht genug davon gibt. Nimmt man zum Beispiel den angeblich magenfreundlichen Spitalfields Market, stellt man fest, dass es in dessen Umfeld nur vier Prets, drei EATs und zwei PODs gibt. Und was Fusion Taco Stände oder Evisu Stores betrifft, weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Ehrlich gesagt erinnert mich dieser Missstand manchmal an Russland zu Brezhnev-Zeiten.

Anzeige

Es scheint, dass die netten Leute vom Southbank Centre meine Meinung teilen. Offensichtlich möchten sie den weltberühmten, inoffiziellen Skatepark neben der Royal Festival Hall aus der Erinnerung der Bewohner Londons radieren. Sie hätten gerne, dass diese Gegend stattdessen mit Läden in Verbindung gesetzt wird, an denen man so viel für ein Sandwich bezahlen muss, wie ein Londoner durchschnittlich in einer Stunde verdient. Das Komitee, das für die Planung verantwortlich ist, hat verkündet, dass diese Gegend „generalüberholt” werden soll und dass schwer erschwingliche Geschäftsräumlichkeiten entstehen sollen, um Skater vom Spot zu vertreiben. Stattdessen sollten sie nun woanders skaten, an einem neu errichten Platz, der sich in der Nähe von der Hungerford Bridge befindet.

Eine Video aus dem Jahr 1991 am alten Southbank Skatespot und anderen nahegelegenen Plätzen

Die bauliche Neugestaltung wird voraussichtlich 135 Millionen Euro kosten. Die geplante Schließung des Southbanks erhitzt die Gemüter: Auf der Facebook-Seite Save Southbank Skate Park wird versucht den legendären Spot zu retten. Außerdem gibt es eine Petition, die sich an die Lambeth-Ratsversammlung, das Southbank Centre, den Londoner Bürgermeister Boris Johnson und den Kunstrat richtet und die Long Live Soutbank Bewegung. Klarerweise läuft die Skate Community und jeder Sturm gegen diese Pläne, der Interesse daran hat, dass sich London nicht in ein massives Einkaufszentrum verwandelt.

Anzeige

Lev Tanju, aus dem Film Skate World: London.

Da ich viel zu sehr damit beschäftigt war Cypress Hill zu hören, anstatt mich in der frühen Southbank Szene zu tummeln, dachte ich, dass es eine gute Idee wäre, mit jemandem zu sprechen, der weiß, wovon er spricht. Lev Tanju, Gründer von Palace Skateboards, ist so jemand. Er skatet seit 15 Jahren.

Ich fragte Lev nach dem erstem Mal, als er im Southbank geskatet hat und noch jung und proper shit" (seine Wörter, nicht meine). Er ließ das Bild einer verlorenen Zeit wiederaufleben und erzählte mir von den Tagen, als Southbank noch nicht aussah wie ein Richard Curtis Set.

„Damals war der Park so legendär wie sonst nie, weil das noch vor dem Umbau war. Es gab noch keine Geschäfte oder Cafés. Southbank war wie ein Niemandsland. Die einzigen Menschen, die immer dort abhingen, waren Obdachlose und Skater. Diese Skater kontrollierten den Park und ließen sich von niemanden etwas sagen. Man musste jemanden kennen, um dort skaten zu können."

Klar, im Laufe der letzten fünf Jahre oder so hat sich der Park von einem Brachland zu einer Touristen-Attraktion verwandelt. „Alles verändert sich," und natürlich war die Kommerzialisierung des Orts unvermeidlich. Dennoch war die Schließung ein Schlag ins Gesicht, auch wenn sie schon lange zu erwarten war. „Es war immer schon klar, dass dieser Ort möglichst viele Touristen anziehen soll,” sagt Lev. „Aber das Ganze geht zu weit, jetzt da die Skater den Park verlassen müssen."

Anzeige

Benny Fairfax.

Nach dem Gespräch mit Lev, traf ich zufällig Benny Fairfax, der sowohl für Palace als auch für zahlreiche andere Firmen skatet. „Das, was gerade passiert, ist eine echte Schande," sagt Benny. „Dieser Ort ist legendär und ich fände es gut, wenn er die Unterstützung bekommen würde, die ihm gebührt. Jetzt aber sieht alles entlang des Flusses so niedlich aus. Ich schätze, dass der Park als ein Schandfleck gesehen wird."

Obwohl der Anblick der Skater vor den mit Spray besprühten Wänden womöglich die Mägen der Personen, die für den Umbau verantwortlich sind, verdreht, versucht das Southbank Center natürlich sein Gesicht—so gut es noch geht—zu wahren. Ich meine, das sind doch coole, kreative Leute, oder? Sie können ja nicht einfach daherkommen und fest etablierte Institutionen der Straßenkultur niederreißen, um Platz für Carol Anne Duffy Poesie-Veranstaltungen und Cello Jams zu schaffen. Die Leute vom Southbank Centre haben versucht, eine Kompromislösung zu finden und haben sich dazu „verpflichtet" einen Alternativplatz in der Gegend zu finden—in der Nähe von der Hungerford Bridge, wie bereits erwähnt. Dahinter steckt höchstwahrscheinlich die Absicht, die Verfechter einer nationalen Kampagne gegen die Schließung des Skateparks zu besänftigen.

Aber Lev und viele andere Skater sind von diesen Plänen nicht überzeugt. „Southbank ist kein Skatepark," erklärt Lev. „Southbank wurde nicht fürs Skaten errichtet, ist aber dennoch perfekt dafür. Der Versuch, etwas so Unverzichtbares und Wichtiges in der Skateboard-Szene zum Umzug zu zwingen, würde nicht funktionieren. Es hat keinen Sinn so zu tun, als ob es das Gleiche wäre und ich bin der Meinung, dass dieser Umbau nur die Szene in dieser Gegend killen würde. "

Anzeige

Natürlich gibt es außerhalb des Zentrums Skateparks mit viel besseren Möglichkeiten—und sogar vereinzelte Streetspots, die mehr zu bieten haben als das relativ spärliche Angebot anCurbs im Southbank Skatepark—aber ihnen fehlt etwas, das man heute in London nur noch selten finden kann: eine Szene mit einer echten Geschichte und ihrer eigenen ausgeprägten Kultur. Immerhin gibt es den Spot seit 1973 und er ist damit weltweit der älteste, noch bestehende Skatespot. Und nun, da die Zukunft der Szene am seidenen Faden hängt, wird das sicher für mehr als nur diesen konkreten Fußgängerweg neben der Themse, Folgen haben.

Footage von der Long live Southbank-Bewegung.

Das Thema Gentrifikation ist immer eine kontroverse Angelegenheit, egal ob es sich dabei um The Hacienda, einem Nachtclub in Manchester handelt, der nun in Wohnungen umgebaut werden soll oder ob es um den Kampf gegen Hipster geht, der sich gerade in Berlin abspielt. Southbank ist ein Beispiel von Gentrifikation in ihrer reinsten Form: Man wechselt etwas, das einzigartig und legendär ist, mit Kunstinitiativen aus, die vom Rat genehmigt werden, nicht den Randstein zerstören oder das Geräusch der Straßenzauberer übertönen. Warum soll man sich auch fürs Skaten begeistern, wenn man doch damit seine Zeit verbringen kann, eine Leidenschaft für pantomimische Darstellung zu entwickeln oder sich einer „street dance" Crew anschließen kann, die es möglicherweise eines Tages in die Sendung Britain's Got Talent schafft? Oder wieso sucht ihr euch nicht einen Job? Ihr könntet dazu beitragen, dass die Arbeitslosenrate, die gerade 25 % beträgt, sinkt, indem ihr eine Karriere bei Pret einschlägt. Diese Fast-Food Kette wird nämlich mit Sicherheit bald das Southbank verdrängen versucht nur nicht, eine Gewerschaft zu gründen.

Anzeige

Gentrifikation ist aber vor allem ein Kampf gegen Spontanität. Ich verstehe ja, dass für diesen Prozess Geld aufgebracht werden muss und dass Bauunternehmen Alternativpläne in der gleichen Gegend suchen, aber—so wie Lev sagt—die Vitalität des Parks ist auf dessen völlig natürliche, grenzwertig illegale Entstehung zurückzuführen. Die Erschließung war ein Geniestreich. Mit der Zeit entwickelte sich der Park relativ ungestört von Personen außerhalb der Subkultur, die ihn hervorgebrachte.

Es gab ein stillschweigendes Einverständnis, dass der Spot unberührt bleiben würde, egal wie vorteilhaft oder lukrativ zusätzliche Geschäfte oder sogar Museen wären. Southbanks ist einer der wenigen Plätze in London, der in der kollektiven Vorstellungskraft groß aufscheint. Es ist ein Ort, zu dem Menschen in Scharen strömen (Tim, ein Tourist aus Neu Seeland, mit dem ich sprach, sagte, einer der Hauptgründe warum er nach London geflogen war, sei der Spot gewesen).

Bei einem Treffen zwischen Soutbank Aktivisten und dem Southbanks Forum im September sollten die Ideen der Long Live Soutbank-Bewegung gehört werden. Nach zwei Tagen Diskussion schienen das Forum die Idee zur Erhaltung des Spots langsam in Erwegung zu ziehen, um dann mit ihrem Lösungsvorschlag ihr wahres Gesicht zu zeigen: Die Skater sollten 17 Millionen Pfund innerhalb von 6 Monaten sammeln, um einen Spot zu retten, den sie sich bereits vor 40 Jahren angeeignet hatten. Was für ein realistischer Vorschlag.

Jeder Politiker seit Tony Blair schien England in ein gigantisches Disneyland verwandeln zu wollen. London ist bekannt für solche Plätze wie Southbanks, die es verhindern, dass sich London, wie Paris oder Prag, in einen komplett antiquierten, Mitte 30er Friedhof verwandelt. London ist nicht berühmt für seine Kaffeekultur and sollte auch nicht versuchen es zu sein—niemand will Gruppen 30-jähriger Philosophen sehen, die sich außerhalb von einfachen Restaurants im Bezirk Lewisham versammeln und affektiert Camus lesen.

Klicke hier, um eine Petition gegen den Standortwechsel des Southbank Skateparks zu unterschreiben.